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Überall trifft man aktuell auf Marie Kondo. Sogar auf Netflix. Auch wenn du ihr Buch nicht gelesen hast und ihre Show nicht gesehen hast, stehen die Chancen gut, dass du vieles über ihre Methoden weißt: Alle werden wie verrückt Dinge los und reden darüber Dinge zu nutzen anstatt zu besitzen.

„Das ist nur eine weitere Modeerscheinung, das wird vorbeigehen“, denken sicherlich viele. Aber dem ist nicht so. Es ist mehr als ein Trend, es ist schon fast eine Massenbewegung, die man auch als „Das Ende des Besitzes“ bezeichnen kann. Und die Tatsache, dass Marie Kondo einen so breiten Anklang findet, spricht dafür, dass es sich um einen globalen und generationenübergreifenden Wandel handelt.

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Im Jahr 2019 sind die Menschen einfach nicht mehr so sehr daran interessiert, ihr Leben mit Besitz zu füllen. Früher haben wir Erfolg mit Materialismus gleichgesetzt – ein ausgefallenes Auto, ein großes Haus, schöne Kleidung. Heute suchen alle stattdessen nach Erfahrungen. Das zeigt schon der Erfolg von Instagram.

Nutzen statt besitzen

Aber jetzt kommt das wirklich Interessante: Obwohl das Interesse an Besitz rückläufig ist, steigt das Konzept der Nutzung stark an. Aber was bedeutet das? Derzeit geschieht etwas wirklich Faszinierendes in der Weltwirtschaft:

Eine Branche nach der anderen erlebt zwar rückläufige Verkaufszahlen, aber steigenden Konsum. Trotzdem sind diese Branchen gesund und wachsen auch noch.

Betrachten wir nur mal die Musikindustrie: Der Verkauf von CDs und Songdownloads sinkt kontinuierlich, aber die Musikindustrie ist dennoch auf Erfolgskurs. Die Branche verzeichnet seit fünf Jahren in Folge stetes Wachstum. Musik-Abonnements machen mittlerweile 62% der gesamten Musikumsätze aus und überschreiten damit erstmals die 10-Milliarden-Dollar-Marke.

Wie ist es in der Automobilbranche? Die weltweiten Verkäufe sanken gegenüber 2017 um 2,8%. Und Millennials neigen zu 29% weniger dazu ein Auto zu kaufen als die Generation X. Und nach zwanzig Jahren boomender Verkäufe in China ging der Einzelverkauf von Autos im vergangenen Jahr sogar zurück. Dennoch steigen die gefahrenen Kilometer laut dem US-Energieministeriums weiter an. Anbietern wie Uber und Lyft scheint es also ganz gut zu gehen.

Und die Liste lässt sich weiter fortsetzen. Es werden bei weitem nicht mehr so viele Zeitungen verkauft – letztes Jahr waren es in den USA nur rund 30 Millionen Exemplare was etwa auf dem Niveau der 1940er Jahre liegt – aber der digitale Nachrichtenkonsum stieg um 20% gegenüber dem Vorjahr. Der Verkauf von Filmen ist rückläufig, aber das Video-Streaming nimmt zu. Laut MPAA erreichte die Zahl der Abonnements von Online-Video-Diensten wie Netflix im vergangenen Jahr 613 Millionen – eine jährliche Steigerung von 27%. Und es werden offensichtlich weniger Videospiele auf Datenträgern verkauft, jedoch ging der Umsatz mit Plattformen wie Fortnite (das letztes Jahr 3 Milliarden Dollar einbrachte!) durch die Decke .

Subscriptions nehmen zu

Die Harris Group, ein Unternehmen, das für seine Erkenntnisse über die Konsumentenstimmung bekannt istein Marktforschungsinstitut, hat Anfang des Jahres mehr als 13.000 Erwachsene in 12 Ländern auf der ganzen Welt befragt. Sie konnten einige spannende Trends beobachten:

  • Fast drei Viertel der Erwachsenen glauben, dass die Menschen in Zukunft mehr Services abonnieren dafür aber weniger Produkte besitzen werden.
  • Mehr als 70% der Erwachsenen nutzen heute Dienste im Abonnement. Vor fünf Jahren war es nur etwa die Hälfte der Bevölkerung (53%).
  • Insgesamt glaubt ein Drittel der Erwachsenen (34%), dass sie in zwei Jahren noch mehr Abonnementdienste nutzen werden.

Der Produktbesitz gehört zunehmend der Vergangenheit an.

  • Über 70% der Erwachsenen glauben, dass der Status einer Person nicht mehr durch Besitz definiert wird. Ebenso viele sind sich einig, dass Abonnements von Produkten und Dienstleistungen die Menschen von der Last des Eigentums befreit (z.B. Wartung, Unordnung, Wertverlust).
  • Und mehr als die Hälfte der Befragten wünschen sich, sie könnten weniger unnütze Sachen besitzen.


Und das macht auch Sinn. Wenn man nicht an Pflege und Wartung interessiert ist, macht ein Abo-Zugang mehr Sinn als Eigentum. Im Großen und Ganzen geht das dominierende Wirtschaftsmodell der letzten 150 Jahre seinem Ende zu.

Seit dem Beginn der industriellen Produktion verfahren wir nach dem geradlinigen Verkaufsprinzip. Unternehmen produzieren Produkte und verkaufen diese. Das grundlegende Ziel war und ist es, ein Erfolgsprodukt zu schaffen. Sobald dies erreicht ist, kann ein Unternehmen seine Fixkosten auf möglichst viele Einheiten verteilen, um über die Marge wettbewerbsfähig zu sein. Natürlich war dieses gesamte System auf einer geplanten Obsoleszenz aufgebaut.

4 Vorteile von Subscriptions

Stattdessen gibt es vier gute Gründe, warum wir uns auf eine Welt freuen können, die auf dem Modell der Nutzung basiert:

1. Direkter Zugriff

Zum ersten profitieren Verbraucher von der vom Besitz losgelösten Nutzung, weil sie direkt auf die Dienste zugreifen können, die in Wirklichkeit hinter den Produkten stehen und die wir alltäglich nutzen: Musik hören anstatt Schallplatten besitzen, mobil sein statt ein Auto zu besitzen, Softwarefunktionen von Servern nutzen statt Programme zu kaufen.

Willst du wirklich deinen Kühlschrank, deine Waschmaschine oder deinen Rasenmäher pflegen und warten? Wenn ja, toll. Aber die meisten von uns wollen in Wirklichkeit doch vor allem frisches Essen, saubere Kleidung und einen schönen Garten.

2. Nachhaltigkeit

Zweitens fördert das Nutzungsmodell die Nachhaltigkeit. In diesem neuen Konzept verschiebt sich nämlich der Margenanreiz von „Stückzahlen“ auf „Auslastung“. Wenn die Hersteller nicht sicherstellen, dass ihre Produkte so lange wie möglich halten und dass die für die Fertigung der Produkte verwendeten Materialien nicht recycelt oder effektiv wiederverwendet werden können, verlieren sie gegenüber ihren Wettbewerbern. So einfach ist das. So hat Ikea beispielsweise gerade ein neues Möbelabonnement auf Basis dieser Überlegungen eingeführt.

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3. Effizienz

Drittens macht die Nutzung von Subscriptions Unternehmen effizienter. Du musst dich nie mehr mit Anrufen beim Kundendienst oder einem lächerlichen fünfstündigen „Servicefenster“ herumschlagen, damit jemand kommt um dein Netflix zu „reparieren“.

Wenn Einnahmen an Nutzung gebunden sind, kann man sich keine Ausfallzeiten leisten.

4. Wachstum

Das führt uns zu dem vierten und letzten Punkt – Services bringen Wachstum. Und nicht nur einfaches Wachstum, sondern nachhaltiges Wachstum. Unternehmen, die Subscriptions anbieten, sind in den letzten sieben Jahren um sage und schreibe mehr als 300% gewachsen. Damit wachsen ihre Umsätze etwa fünfmal schneller als die der S&P-500-Unternehmen und des US-Einzelhandels.

Umdenken?

Was bedeutet das aber für dein Unternehmen? Nun, es bedeutet, dass du jetzt im Dienstleistungsbereich bist. Heute sind alle Unternehmen Dienstleister (selbst wenn einige es noch nicht erkennen). Du sollte also Nutzung und Konsum über Verkaufszahlen stellen.

Studien belegen, dass Unternehmen der Subscription Economy, die nutzungsbasierte Geschäftsmodelle einsetzen, 1,5-mal schneller wachsen als Unternehmen, die sich nur auf einfache, wiederkehrende Zahlungen verlassen.

Stellen wir uns nur mal vor, die heutigen Automobilunternehmen würden ihre Umsatzmodelle auf die zurückgelegten Wegstrecken ausrichten und nicht auf die Anzahl der verkauften Autos. Denken wir an all die Wegstrecken und damit den Umsatz, der derzeit bei Car-Sharing- und Ride-Sharing-Unternehmen stattfindet. Die Einnahmen würden steigen und nicht sinken.

Aber um diesen Wandel zu vollziehen, bedarf es einer grundlegenden Transformation. Du musst deine Denkweise ändern. Du musst agil werden. Dieses neue Wirtschaftsmodell rund um Services breitet sich wie ein Flächenbrand in jeder Branche der Welt aus, wegen einfachem Zugang, größerer Nachhaltigkeit, neuen Entdeckungen und größerem Wachstum. Weg vom Besitz und hin zur gemeinschaftlichen Nutzung oder im Abo-Nutzung ist ein grundlegender kommerzieller Wandel. Und er findet jetzt statt.

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Tien Tzuo

Tien Tzuo ist Mitgründer und CEO von Zuora, einer Abonnementmanagement-Plattform mit mehr als 100 Kunden weltweit. Bereits Anfang 2007 propagierte Tzuo den Wechsel zu Abonnement-basierten Geschäftsmodellen und prägte den Begriff der “Subscription Economy”. Tzuo ist Autor des USA Today-, LA Times- und Amazon-Bestsellers "Das Abo-Zeitalter – Warum das Abo Modell die Zukunft Ihres Unternehmens ist – und was Sie dafür tun müssen".

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