Objective Key Results (OKRs) sind der neue Hype im Management und das sicher auch zu Recht. Sie machen Strategien und Projekte zielgerichteter, reduzieren die Komplexität und sogen jederzeit für ehrliche Transparenz zum Stand der Dinge, der hinter Projektampeln oft überschätzt oder sogar beschönigt wird. Beliebig skalierbar sind sie im Mittelstand ebenso einsetzbar wie in größeren Unternehmen.
Anleitungen zur Anwendung von OKRs findet man mittlerweile in vielen Publikation und Berater konkurrieren darum, diese „Wunderdinger“ bei ihren KundInnen zu etablieren. Damit sie funktionieren, genügt aber technisches Wissen nicht allein. Es kommt auch auf das Verständnis an, wie OKRs unter der Motorhaube Menschen emotional ansprechen, sie zu besonderen Leistungen motivieren und auf die gewünschten Zielzustände einschwören und ausrichten.
Kurzer Überblick: Das OKR
OKRs bestehen aus einem Objective – einem Zielzustand der Zukunft – und passenden Key Results – Schlüsselergebnissen, die nach und nach in der Kombination das Objective realisieren. Ein solches Objective kann etwa lauten:
„Mit unserer neuen Fernwartung führen wir 80 % unseres Wartungsgeschäfts vollständig virtuell durch und verkürzen die Lösungszeiten im Schnitt um zwei Tage. Weil Reisetage, entfallen reduzieren wir zudem unsere Reisekosten um die Hälfte.“
Als Key Results dazu taugen:
- Die Kundenzufriedenheit beim Service steigt von 70 auf 85 von 100 Punkten
- Die sofortige Bearbeitungsquote erhöht sich von 60 auf 75 Prozent
- Durchschnittliche Bearbeitungszeit sinkt von 20 auf 16 Minuten
Auf den ersten Blick sieht dies sauber definiert aus, und im Kern ist es das auch. Der Zielzustand ist klar beschrieben, die Key Results sind messbare Ergebnisse und genügen, um die Wunschzukunft wahrwerden zu lassen. Allerdings fragt sich, ob die am Prozess beteiligten Mitarbeitenden diese Zukunft emotional attraktiv finden und bereit sind, über längere Zeit und jegliche Hürden hinweg, alles für ihre Realisierung zu geben.
EXTRA: OKR-Methode: Definition, Beispiele und Video (Teil I)
Wie Emotionen wirken
Erfahrungsgemäß haben es Emotionen im Management nicht leicht. Obwohl die richtigen unter ihnen enorme Motivatoren sind, setzen viele Führungskräfte im eher aufs Rationale, um Menschen auf ein Ziel einzuschwören. Der Verstand soll es richten, weil das Herz im leistungsorientierten Business wenig zu suchen hat, glauben sie.
Bedauerlicherweise versagt die pure Logik sehr zuverlässig dabei, um ambitionierten Vorhaben und Maßnahmen so viel Vorschub zu verleihen, dass alle, die mitmachen sollen, mit Freude, Optimismus und Siegeswillen nicht nur an den Start gehen, sondern auch bis zum Ziel durchhalten.
Damit eingesetzte Emotionen ihre „Motivationszauberkraft“ entfalten, kommt es darauf an, treibende (Booster) Gefühle zu stimulieren bremsende (Bremser) zu eliminieren. Folgende Abbildung fasst dies zusammen:
Vertrauen, Leidenschaft und Neid stellen Top-Emotionen dar, die vollen Vortrieb ohne Bremswirkung erzeugen. Stolz, Angst und Zufriedenheit lassen auch nach vorne gehen, bremsen aber zugleich. Die Spitzenbremser sind Verzweiflung, Schuld und Scham. Glück und Freude boostern zwar, verpuffen aber auch schnell, wenn sie nicht dauernd angeheizt werden.
EXTRA: OKR-Methode: So hältst du deine Ziele im Fokus (Teil II)
Gute Objectives sind Emotions-Booster
OKRs, die diese Kraft besitzen, erfüllen zwei Prämissen: Sie sind lebendig vorgestellte Zukunftsbilder und aktivieren emotional wirksame Emotions-Booster. So könnte das Objective im vorgenannten Beispiel lauten:
„Wir sind stolz darauf, 80 Prozent unserer Wartungen ab jetzt vollständig virtuell über unseren neu eingeführten Fernwartungsservice durchführen zu können. Die KundInnen geben begeistertes Feedback, weil wir im Schnitt zwei Tage schneller sind, ohne dass sie auf unsere Anreise warten müssen. Die Geschäftsleitung staunt, weil wir gleichzeitig unsere Reisekosten um die Hälfte reduzieren konnten.
Ein solch lebendiges Bild der Zukunft macht vor dem inneren Auge nicht nur erlebbar, wie das Morgen aussieht, sondern ebenso, wie es sich anfühlt. Dass es immer im Präsens formuliert wird, so als sei der Tag schon da, löst im Gehirn ähnliche Emotionen aus, als sei das Bild schon wahrgeworden. Der Stolz wird schon gefühlt und löst die Lust aus, die Dinge tatkräftig anzupacken. Wenn dieser Wille, diese Neugier und dieser Feuereifer erst einmal entzündet sind, gehen Teams über alle Hürden hinweg unaufhaltsam zum Ziel.
EXTRA: Welche Vorteile bietet die OKR-Methode? (Teil III)
Mehr verlangen als gedacht
Damit der Effekt der Objectives und Key Results maximal wirkt, sollten Zielbilder außerordentliche Anstrengungen erfordern. Sind sie zu leicht oder vor der Zeit realisierbar, besteht die Gefahr, dass nach dem Erreichen die Leistung stagniert. Lieber überziehen und nicht alles von etwas zu viel umsetzen, als zu wenig zu verlangen.
Damit dies nicht gleichzeitig zu Mutlosigkeit und Frustration vor dem Start führt, müssen Werte wie Vertrauen, Leidenschaft, Fehler- und Lernkultur zur Firmen-DNA gehören und aktiv gelebt werden. Weil das OKR-Prinzip nicht nach Perfektion strebt, die ohnehin kaum möglich ist, sondern Fortschritt fokussiert und belohnt, werden alle alles tun, um dem Zielbild so nah wie möglich zu kommen. Dabei werden sie mehr erreichen, als wenn die Vorgaben bequem gewählt sind.
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Vollendete Objectives alle sechs Monate
Auch langfristig angesetzte Projekte und Strategieumsetzungen, die auf viele Monate oder zwei, drei Jahre Laufzeit kommen, besitzen ein in diesem Fall übergeordnetes, umfassendes und plastisch vorstellbares Zielbild. Bei dieser Dauer ist allerdings damit zu rechnen, dass die Motivation der Beteiligten mit der Zeit abnimmt. Um die Lust auf Stolz und Erfolg zur Dauerinspiration werden zu lassen, braucht es immer wieder neue solcher Impulse auf dem Weg. Deshalb werden langlaufende Vorhaben in Objectives von sechs Monaten zergliedert, die als nachweisbar erreichte Zwischenstationen immer wieder Erfolgserlebnisse und den Hunger auf mehr davon auslösen. Das schenkt Antrieb, Ausdauer und Widerstandkraft gegen Rückschläge, die nicht mehr entmutigen, sondern ein Jetzt-erst-recht-Gefühl auslösen.
OKRs aus Sicht der Wirkungslogik
Erfolgreiche Objectives bestehen im Sinne der Wirkungslogik immer aus einem Outcome oder Impact als erreichtes Ergebnis mit einer betriebswirtschaftlich greifbaren Wirkung. Sie sind niemals nur Erkenntnisse oder Analyseresultate. Key Results bestehen immer entweder aus einem Output oder Outcome.
Das folgende Beispiel zeigt, wie das zu verstehen ist:
- INPUT = Key Actions: VertriebstrainerInnen werden gebucht und führen Workshops durch
- OUTPUT = Key Result: Die VerkäuferInnen sind besser in Abschluss und Einwandbehandlung
- OUTCOME = Objective/Key Result: Die Zahl der Kaufabschlüsse relativ zur Menge der Besuche (Hit-Rate) bei KundInnen steigt spürbar an.
- IMPACT = Objective: Die gesteigerte Hit-Rate wirkt sich deutlich auf den Umsatz aus
Im Zusammenhang mit den Emotionen sind nur Outcome oder Impact die Ursachen von Leidenschaft und Stolz sowie Vertrauen in das eigene Team und die Führung von Abteilung, Bereich und Unternehmen. Input und Output liefern zwar auch einen kurzen Schub, erzeugen wegen ihrer Vorläufigkeit aber keine große emotionale Verbindung.
Pull statt Push und mehr Erfolg als he zuvor
Zusammenfassend: Die Grundvoraussetzung für die emotionale OKR-Power sind ihr Fokus auf ein lebendiges, bildhaftes Zielbild, ihre Orientierung am Fortschritt (weil Key Results messbar sind) statt an einem alten Plan, sowie die strukturierte und dennoch flexible Organisation der Prozesse. Wer diese Energie in den Menschen erschließt, lässt in Ihnen ungeahnte Arbeitsfreude und Produktivität entstehen. Sie gehen aus freien Stücken energisch voran, wodurch ein Pull-Management und damit ein Momentum entstehen, die das Unternehmen in eine starke Zukunft führen.
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Ganz ohne Kapital klappt es nicht, aber bootstrappen bringt auch viele Vorteile. Ich bin froh kein Fremdkapital aufgenommen zu haben.…