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Jede Veränderung – und damit auch jede Innovation – ist mit Unsicherheit und Angst verbunden. „Hilfe, hoffentlich nicht“, hört man oft von Bewahrern, wenn darüber gesprochen wird, was die durchdigitalisierte Zukunft uns bringt. Denn, ja, wir können den Wandel ignorieren oder bekämpfen. Besser ist es jedoch, ihn zu umarmen. Den Fortschritt aufhalten wollen? Alles ist ständig im Fluss. Altes stirbt, Neues entsteht. So ist das immer gewesen. Und so wird es immer sein. Wer seine Verweigerungshaltung vor Neuem nicht aufgibt, wird früher oder später vom Marktgeschehen verschwinden.

Denn genügend Menschen sind neugierig und wollen auf jede technologische Entwicklung aufspringen. Das sind die Early Adopter, Vorreiter und Pioniere, die auf Basis ihrer gesammelten Erfahrungen irgendwann neue Anforderungen an alle Player im Markt stellen. So wird das Neue sukzessive zum Standard.

Ausprägungen von Ängste in Unternehmen

Der Fortschritt lässt sich nicht am Fortschreiten hindern. Bei allem Neuen ist Vorsprung das Ziel. Somit wird die Angst, bei etwas nicht dabei zu sein und den Anschluss zu verpassen (FOMO, engl.: fear of missing out), zur maßgeblichen Triebfeder der Nachzügler, die die digitale Vorhut schnellstmöglich aufholen wollen.

Doch Angst herrscht in vielen Büroetagen. Zum Beispiel dann, wenn man sich zu einer Entscheidung durchringen muss, deren Risiken man nicht wirklich abschätzen kann. Im beruflichen Alltag kann eine falsche Entscheidung die Karriere kosten.

Doch wer selbst keinen Mut zur Veränderung zeigt, kann anderen die Angst vor Neuem nicht nehmen.

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In Unternehmen kommen Ängste in vielerlei Ausprägungen vor:

  • Zukunftsängste
  • Versagensängste
  • Angst vor Ablehnung
  • Angst vor Ausgrenzung
  • Angst vor dem Jobverlust
  • Angst vor Vertrauensmissbrauch
  • Angst vor Fehlern
  • Angst vor dem Chef

Besonders kritisch sind Ängste, die sich aus Hierarchiegefügen ergeben.

Ängste blockieren den Fortschritt

Alles in allem ist es zuvorderst die Angst, die aus den Unternehmen gebannt werden muss. Dass Menschen unter Dauerdruck geistige Großtaten vollbringen, ist einfach nicht wahr. Das Gegenteil ist nämlich der Fall. Angst setzt zerebrale Mechanismen in Gang, die rationales Denken nahezu unmöglich machen. Zudem häufen sich Fehler.

Wo Angst und Bedrohung regieren, hat Kreativität keine Chance.

Kreativität, der Schlüssel für Innovationen, ist wie eine launische Diva, die uns nur unter bestimmten Voraussetzungen wohlgesonnen ist. Heiterkeit und Entspannung gehören beispielsweise dazu. Kollegialität statt Konkurrenzdenken sorgt für Vertrauen, offenen Austausch und eine entspannte Atmosphäre.

Deshalb wird in erfolgreichen New-Economy-Firmen auch so viel Wert auf das sogenannte „Wohlfühlklima“ gelegt. Sie haben ganz einfach verstanden: Arbeit muss Spaß machen, um gut zu werden. Verängstigte Mitarbeiter hingegen haben die unangenehme Eigenschaft, allenfalls mittelmäßige Arbeit abzuliefern.

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Ein kleiner Blick ins Gehirn: Wie und warum Angst entsteht

Längst sind Erkenntnisse aus der Gehirnforschung unerlässlich, um zu verstehen, wie Menschen ticken. Die wohl wesentlichste Erkenntnis ist die, dass es unserem Oberstübchen immer um einen überlebenswichtigen Grundsatzentscheid geht: Vermeide Negatives, suche Positives! „Gut für mich“ (= Freund) wird mit einem angenehmen, „Schlecht für mich“ (= Feind) mit einem unangenehmen Gefühl belohnt.

Haben wir Angst, dann ist im Gehirn die Amygdala in Aktion. Sie spürt Bedrohungen kommen und schaltet in einem solchen Fall im Bruchteil einer Sekunde auf ein Notfallprogramm um: Flucht, Angriff oder Erstarren. Da dies unglaublich schnell gehen muss, werden automatisch Denk-Synapsen blockiert.

All das wird im Unterbewusstsein mithilfe von Stresshormonen erledigt. Wir spüren lediglich das Ergebnis, das sich je nach Fall und Veranlagung in Angst, Zorn oder Zögern ausdrückt. Eine wahre Erlösung ist es hingegen, wenn die Amygdala uns entwarnend vermittelt: Du musst nicht kämpfen. Du musst auch nicht fliehen. Du bist hier in Sicherheit. Frei sein von Angst ist ein richtig gutes Gefühl.

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Die Menschen im Unternehmen brauchen Emotionskompetenz

Jeder Mensch reagiert auf eine gegebene Stresssituation, Stressor genannt, individuell. Der eine regt sich ungemein schnell auf – und dann gleich wieder ab. Bei anderen kann beides dauern. Man darf also niemals von sich auf andere schließen. Angst ist sehr subjektiv. Was dem einen als willkommene Herausforderung gilt, kann auf jemand anderen wie eine unkontrollierbare Bedrohung wirken.

Dennoch führt alles Positive zu einem Hinwenden und „Ja“, alles Negative dagegen zu einem Abwenden und „Nein“. Was uns in Hochstimmung versetzt, wollen wir unbedingt haben. Was uns unwohle Gefühle beschert, meiden wir wie die Pest. Zudem ist unser Gehirn auf ständige Belohnungen aus. Im Wesentlichen sind es neuronale Schaltkreise und biochemische Prozesse, die solches Verhalten bewirken.

Handelnde in Unternehmen brauchen deshalb nicht nur Fachexpertise und Kommunikationsfertigkeit, sondern auch Emotionskompetenz: Gespür für die Wünsche, die oft unausgesprochenen Bedürfnisse, Gefühle, Sorgen, Ängste, Nöte, Sehnsüchte, Hoffnungen und Träume der Menschen.

Wer versteht, wie Menschen wirklich ticken, wird sehr viel erfolgreicher sein.

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Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

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