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In sämtlichen Wirtschaftsbereichen stehen Unternehmen vor massiven Problemen, weil es an Menschen fehlt, die sich leidenschaftlich mit ihrer Arbeit identifizieren und engagiert mit ihren Kolleginnen und Kollegen Erfolge erzielen. Aus dem, was immer noch „Mangel“ heißt, ist längst eine Fachkräftekrise geworden, die nicht nur Unternehmen, sondern den gesamten Wohlstand bedroht. Doch ist es allein mit der Diagnose nicht getan: Innovative und wirksame Lösungen sind gesucht.

Wenn die Zahl der Beschäftigten durch Fluktuation oder Ruhestand sinkt oder Wachstum eine gesteigerte Personalnachfrage auslöst, beginnt in den meisten Unternehmen die notwendige Rekrutierung erst, wenn die Situation kritisch zu werden droht oder schon ist. Die Konsequenzen daraus sind überstürzte Recruiting-Aktionen nach dem Hauruckverfahren und hohe Ausgaben, die nicht neben der Anwerbung auch das Ausbügeln der häufigen Fehlbesetzungen betreffen, die in der Hektik des personellen Löcherstopfens kaum ausbleiben.

Viel klüger, als erst loszulaufen, wenn die unbesetzten Stellen problematisch werden, ist es, zu ihren Profilen passende Menschen aus einem Pool von bereits interessierten Bewerbern bereitzustellen. Ein Beispiel für diesen innovativen Ansatz ist die Herangehensweise von professionellen Sportvereinen, die frühzeitig Beziehungen zu jungen Talenten oder etablierten Athleten aufbauen, die zu einem späteren Zeitpunkt engagiert werden könnten. Solche Kontakte werden unverbindlich, aber persönlich betreut, bis eine konkrete Anfrage entsteht. Manchmal initiiert der Verein den Kontakt, ein anderes Mal äußert der Sportler den Wunsch nach einem Zugang und Einstellungsgespräche beginnen.

Externe Bewerber-Pools für schnelle, sichere Personalbeschaffung

Fortschrittlich denkende und handelnde Unternehmen verfügen neben einem externen ebenso über einen internen Pool entwicklungsfähiger Angestellter. Dieser bietet den zusätzlichen Vorteil, dass die Leistungsperspektiven der Mitglieder bereits bewertet wurden. Die Vorzüge des externen Pools sind spürbare Zeit- und Kosteneinsparungen bei der Personalgewinnung, ein erleichterter Zugriff auf passive Bewerber im Arbeitsmarkt und die gezielte Kontaktpflege mit vielversprechenden Talenten, die aus verschiedenen Gründen noch nicht Teil der Unternehmensmannschaft geworden sind.

Außerdem wird die Außenwirkung des Betriebs im Vergleich zu bekannten Konkurrenten verstärkt und sein Ansehen bei den ins Auge gefassten Kräften steigt. In dieser aktiven Herangehensweise beginnt der Talent-Relationship-Prozess nicht jedes Mal erneut, sobald Personalbedarf aufkommt, da es genügend vorab ausgewählte Bewerber gibt, die zur Sondierung einer Zusammenarbeit bereit sind.

Positiv festzuhalten sei dabei, dass die erläuterten Verfahren nicht ausschließlich auf große Firmen, sondern auf jede Betriebsgröße zugeschnitten werden können. Kleinbetriebe und mittlere, die eher lokal und regional tätig sind, passen ihre Reichweite entsprechend an, während größere Unternehmen ihre Aktivitäten auf nationaler und gegebenenfalls internationaler Ebene ausdehnen.

Interne und externe Pools in Kombination

Der Nutzen interner Personalreserven liegt in der kosteneffizienten und schnellen Besetzung offener Stellen durch vorhandene Mitarbeiter. Die Talente dieser Personen sind schon vertraut und die kulturelle Übereinstimmung, der sogenannte „Culture-Fit“, ist garantiert. Ferner ist die Akzeptanz der „Neuen“ aus der Perspektive der Teamdynamik größer.

Interne Versetzungen allein genügen aus offensichtlichen Gründen allerdings nicht, wenn der personelle Bestand starkem Wandel unterworfen ist. Jede Verschiebung innerhalb des Unternehmens schließt eine Lücke, erzeugt jedoch gleichzeitig eine neue an der vorherigen Stelle. Ebenso wäre es zu kurz gedacht, intern ausschließlich in Kategorien von Beförderungen zu denken. Haben Mitarbeiter die passenden Qualifikationen, löst auch eine Umbesetzung auf der gleichen Hierarchiestufe oftmals einen schnellen und deutlichen Produktivitätssprung aus.

Während des Pooling-Verfahrens ist es von hoher Bedeutung, intern und extern einheitliche Bewertungsverfahren anzuwenden. Die Bewertungsmethoden, die bei der Einstellung neuer Mitarbeiter verwendet werden, gelten uneingeschränkt auch bei bestehenden Mitarbeitenden und gewährleisten die Vergleichbarkeit der Fähigkeiten. Indem man neue Mitarbeiter rasch in kompetenzbasierte interne Pools einsortiert, können die menschlichen und fachlichen Fähigkeiten gezielt und strategisch geplant, gefördert und ausgebaut werden.

Deutliche Zielsetzungen als Grundlage

Damit Talentpools ihren vollen Nutzen entfalten können, stützen sie sich auf alle verfügbaren Informationen zur Position. Beachten Sie hier besonders spezifische Leistungs- und  Unternehmensziele. Die Beantwortung der folgenden Fragen ist dabei eine große Hilfe:

  • Welche Unternehmensprioritäten werden durch geeignete Talente verfolgt?
  • Welche Stellenarten, Funktionen oder Rollen profitieren von einer zügigen Besetzung aus dem Pool?
  • Wo bestehen Kompetenzdefizite (sogenannte Skill Gaps) bei den aktuellen Mitarbeitern?
  • Welche Zertifizierungen, Lizenzen oder Bildungsabschlüsse sind auf den unterschiedlichen Organisationsebenen erforderlich?
  • In welche zentralen Fähigkeiten gilt es, innerhalb der kommenden fünf Jahre zu investieren?
  • Welche Fertigkeiten oder Einstellungen unterscheiden die aktuellen Leistungsträger von schwächeren Mitarbeitern?
  • Wo in der Organisation können mehr Erfahrung, größeres Wissen und kreative Freiräume kompetenter Mitarbeiter direkt und gewinnbringend eingesetzt werden?

Talente für den Pool finden und in der Pipeline gewinnen

Die ermittelten Antworten oben legen die Kriterien für die Kandidaten fest, die in den Talentpool aufgenommen werden sollen. Um diese zu identifizieren und Beziehungen zu ihnen aufzubauen, stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:

  • Die Zweit- und Drittplatzierten früherer Einstellungsrunden
  • Social Media
  • Interne Empfehlungen
  • Netzwerke ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  • Karrieremessen / Job-Events
  • Externe Vorschläge
  • Diversity-Initiativen

Eine Diversity-Initiative konzentriert sich auf Personengruppen, die im Talentmanagement gern vernachlässigt werden. Soziale Medien bieten ein reiches Angebot an Fachkräften, in dem regelmäßig und sorgfältig nach interessanten Köpfen gescoutet wird.

Diese anspruchsvolle und zeitintensive Aufgabe kann externen Anbietern anvertraut werden, falls keine internen Ressourcen dafür bereitstehen.

In einer an den Pool angedockten Talent-Pipeline werden die Mitglieder des Pools auf konkrete Jobangebote angesprochen und ihre Qualifikationen durch ein wissenschaftlich basiertes Profiling ermittelt. Die Grundlage liefert ein zuvor erstelltes Dossier, das alle Informationen darüber enthält, was die Person für eine Einstellung fachlich und menschlich qualifiziert. Anschließend wird der Kontakt zu geeigneten Kandidaten vertieft und das einstellende Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber präsentiert. Dabei bewirbt es sich explizit bei den Bewerbern und verkauft sich in eigener Sache.

Effektiv, dynamisch und topvorbereitet gegen die Fachkräftekrise

Mit Pools und Pipelines gelingt es hervorragend, Personalengpässe schnell zu beheben oder gar nicht erst aufkommen zu lassen. Beide Instrumente zusammen begründen ein strategisches und zukunftsweisendes System des Beziehungsmanagements, mit dem die richtigen Menschen am für sie und das Unternehmen richtigen Ort nicht rar werden. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit blieben verwaiste Positionen in Deutschland im Jahr 2021 durchschnittlich 119 Tage, fast vier Monate, ohne Ersatz. Das vorgestellte Konzept reduziert diese Leerstände deutlich, lässt hektische Fehleinstellungen Geschichte sein und sichert die kontinuierliche Produktivität des Unternehmens heute und morgen.

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Nilgün Aygen

Geboren in Istanbul, besitzt Nilgün Aygen einen amerikanischen Bildungshintergrund. Die Gründerin mehrerer internationaler HR-Unternehmen ist die Geschäftsführerin (DACH) von Profiles International, einem Spezialisten für Online-Assessments und von ValYouBel, einem Unternehmen für Talent-Relationship-Management mit eigener digitaler Serviceplattform.

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