Ein Unternehmen aus der Insolvenz heraus zu übernehmen, kann für dich als strategische Investorin oder Investor eine sinnvolle Option sein. Neben Vorteilen wie dem Zuwachs von Produktionskapazitäten, der Vertiefung der Lieferkette oder dem Ausbau der Produktpalette spielt hierbei zunehmend auch das Sichern von Fachkräften eine Rolle.
Denn: Im Jahr 2022 erreichte der Fachkräftemangel in Deutschland ein Rekordniveau. Laut einer Studie des IW Köln konnten im vergangenen Jahr mehr als 630.000 Stellen aufgrund fehlender qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber nicht besetzt werden. Engpässe zeigen sich dabei besonders im Bereich Gesundheit und Soziales, im Bau sowie auch in der IT-Branche. Prognosen zufolge soll es allein im Gesundheitswesen bis 2035 an etwa 500.000 Pflegekräften mangeln.
Insolventes Unternehmen kaufen; Fachkräfte sichern – wann lohnt die Strategie?
Während Transaktionsprozesse bei gesunden Unternehmen oft viele Monate dauern, stehen in der Insolvenz häufig nur wenige Wochen zur Verfügung. Für deinen Betrieb kann sich so kurzfristig die Gelegenheit ergeben, durch eine Übernahme die eigene Position am Markt zu stärken und auszubauen. Die in der Regel geringeren Kaufpreise können für potenzielle ÜbernehmerInnen interessant sein – da es bei Firmen mit einem operativ gesunden Kern jedoch häufig mehrere BieterInnen gibt, kommen reine „Schnäppchenjäger“ eher selten zum Zug.
Als KäuferIn kannst du nicht selten entscheiden, ob du durch einen Share Deal den gesamten Betrieb übernimmst oder mit einem Asset Deal lediglich ausgewählte Unternehmensgüter erwirbst.
Damit das ersehnte Fachpersonal auch tatsächlich mit übernommen werden kann, müssen die Verträge entsprechend ausgestaltet werden. Es muss zu einem sogenannten Betriebsübergang kommen, bei dem die Rechte und Pflichten bezüglich der Belegschaft vom Verkäufer auf den Käufer übergehen.
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Der Kauf aus der Insolvenz – eine Herausforderung
Trotz der verlockenden Aussicht, schnell qualifizierte Fachkräfte zu übernehmen, stehst du als Interessent bei solchen Deals vor einigen Herausforderungen. Beim Kauf eines insolventen Unternehmens gehen schließlich auch die mit der Fortführung verbundenen Risiken auf den neuen Eigentümer über. Es muss daher geprüft werden, ob dein eigenes Unternehmen wirtschaftlich in der Lage ist, Sanierungsmaßnahmen umzusetzen, den erworbenen Betrieb nachhaltig aus der Talsohle zu holen und ein funktionierendes Arbeitsklima für die neue Belegschaft aufzubauen.
Je länger der Verkaufsprozess selbst dauert, desto größer ist zudem die Gefahr, dass essenzielle Lieferanten, Kunden und die erhofften Fachkräfte abspringen.
Genau prüfen und die richtige Vertragsform wählen
Zu Anfang solltest du dir als KäuferIn also einen möglichst genauen Einblick in das Unternehmen, die Krisenursachen und die Potenziale verschaffen – auch wenn diese sogenannte Due-Diligence-Prüfung aufgrund des Zeitdrucks oft knapper ausfällt.
Der Kauf über einen Asset Deal mag zwar etwas kleinteiliger sein, ermöglicht hier aber die Wahl der Objekte, die in das eigene Sanierungskonzept passen. Außerdem werden dabei Schulden, Pensionsverpflichtungen, steuerliche Haftungsansprüche oder auch Schadensersatzleistungen nicht auf KäuferInnen übertragen. Beim Erwerb aus der Insolvenz profitieren Kaufende zudem von Besonderheiten wie einem vereinfachten Kündigungsrecht und anpassbaren Mietverträgen.
Kommt es zur Übernahme, muss die Belegschaft rechtzeitig informiert werden. Im besten Falle sichert dir eine gezielte Change Communication die Loyalität der neuen Angestellten. Wird der Übergang intern nicht ausreichend kommuniziert, kann eine spätere Abwanderung des erhofften Schlüsselpersonals die Folge sein.
Tipps zum Unternehmenskauf
- Zu Beginn sollten durch intensiven Austausch beider Parteien eine Vertrauensbasis geschaffen und die Möglichkeiten einer übertragenden Sanierung ausgelotet werden.
- Mögliche Dealbreaker wie zu unterschiedliche Preisvorstellungen oder unvollständige Unterlagen sollten besprochen und ausgeschlossen werden.
- Das Hinzuziehen von ExpertInnen, beispielsweise Anwaltskanzleien mit einer Spezialisierung auf Firmen- und Insolvenzrecht oder BeraterInnen mit Erfahrungen im Krisenverkauf, ist für ein Gelingen unbedingt ratsam.
- Aufgrund des hohen Zeitdrucks sollte der Prozess strukturiert, proaktiv und zügig angegangen werden – so sinkt die Gefahr, dass Schlüsselpersonal vorzeitig abwandert.
Fazit: Vorbereitung ist das A und O
Wie so oft sind eine gründliche Vorbereitung sowie korrekte Herangehensweise von großer Relevanz – das gilt besonders für die Unternehmensübernahme. Im Vorhinein solltest du möglichst detailliert klären, welche Ansprüche oder Ziele du als ÜbernehmerIn verfolgst und welche Risiken die Übernahme birgt: „Wiegt die langfristige Sicherung von Personal tatsächlich mögliche Gefahren durch einen unglücklich verlaufenen Unternehmenskauf auf?“ Kannst du solche Fragen nicht im Alleingang klären, ist externe Expertise hilfreich, um für eine nüchterne Bewertung zu sorgen. Zudem können dich ExpertInnen bei der Durchführung deines Kaufvorhabens unterstützen und eventuelle Stolpersteine im Prozess beseitigen.
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