Skip to main content

Wenn man den Begriff „Thought LeaderIn“ unvorsichtig gebraucht, kann er entweder hoffnungslos selbstherrlichend oder leicht orwellsch daherkommen. Aber er beschreibt eine Praxis, die im modernen Marketing immer wichtiger wird. Beim Begriff des Thought Leaderships geht es um Wissenstransfer, das Fachwissen einer Person herauszustellen, mit dem Ziel, eine vertrauenswürdige Autorität in einem Themenbereich zu werden.

In der Definition von „Thought Leadership“ ist von „Autorität in einem Fachgebiet“ die Rede. Dies ist eine wichtige Unterscheidung. Es ist der Unterschied zwischen einem/einer Thought LeaderIn und einem/einer BesserwisserIn. Wir alle haben schon Beispiele gesehen, in denen hoch angesehene, online-affine Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zum Gegenstand des Spottes wurden, wenn sie sich zu weit von ihrem Fachgebiet entfernten.

Thought LeaderInnen sind Katalysatoren für eine fundierte Debatte und nicht einfach die lauteste Stimme im Raum.

EXTRA: Thought Leadership mit deinem LinkedIn-Profil: 4 Ziele, die dein Profil erreichen sollte

Thought Leadership ist kein Influencer-Marketing

Um ein besseres Verständnis von Thought Leadership zu erlangen, musst du erkennen, wie es sich von anderen, oberflächlich betrachtet ähnlichen Praktiken wie dem Influencer Marketing unterscheidet. Ein/e InfluencerIn ist eine Person mit einem gewissen Grad an öffentlichem Profil – sei es ein/e Mikro-InfluencerIn mit einer Nischenfollowerschaft oder ein Megastar mit Millionen von FollowerInnen.

Moderne InfluencerInnen sind Online-Individuen, echte Menschen, die sich in der Regel direkt selbst vertreten. Das Gleiche gilt zwar oft auch für Thought LeaderInnen, aber das ist die einzige wirkliche Ähnlichkeit zwischen den beiden. Ein/e InfluencerIn quantifiziert die Größe seines/ihres Publikums und die Häufigkeit des Engagements, zu dem sein/ihr Publikum neigt, und legt einen Preis für jede Sekunde Video, jedes Pixel Bildschirmfläche, jeden Textabsatz oder jeden geteilten Beitrag in sozialen Netzwerken fest, den er/sie an dieses Publikum weitergibt.

Im Gegensatz dazu nutzen Thought LeaderInnen dieselbe Palette von Medien, um sich an Gesprächen zu beteiligen, seine/ihre Meinung zu äußern und zuverlässige Informationen zu einem Thema zu liefern und so ihre Glaubwürdigkeit und ihren Ruf zu stärken, ohne dabei ein Produkt zu unterstützen.

Abgrenzung zu Content Marketing

Thought Leadership sollte auch nicht mit Content Marketing verwechselt werden. Ein/e BörsenmaklerIn, der/die ein Online-Glossar zur Handelsterminologie unterhält, und ein Buchladen, der Rezensionen zu den neuesten Veröffentlichungen herausgibt, betreiben beide Content Marketing. Ein/e Thought LeaderIn kann ähnliche Arten von Inhalten produzieren, aber es gibt einen wichtigen zusätzlichen Aspekt, der dem Content Marketing fehlt:

Thought Leadership erfordert eine agnostische Stimme, im Gegensatz zum reinen Content Marketing, das immer in irgendeiner Weise produktbezogen ist.

EXTRA: Wirkungsvolle Thought Leadership-Inhalte für Social Media

Das Paradoxon der VordenkerInnenrolle

Bei Thought Leadership geht es darum, als vertrauenswürdige Stimme bekannt zu werden. Vertrauenswürdigkeit und der Ruf der Objektivität werden wahrscheinlich zu Geschäftsmöglichkeiten führen: KundInnen werden eine/n Thought LeaderIn aufsuchen, anstatt dass der/die Thought LeaderIn potenziellen KundInnen seine/ihre Ideen vorschlagen muss.

Dies führt jedoch zum zweiten Paradoxon des Thought Leaderships: Obwohl es wünschenswert ist, ein/e Thought LeaderIn zu werden, kann es kontraproduktiv sein, sich als solche/r zu profilieren, denn Thought LeaderInnen sind neutrale Stimmen, die keine produktbezogene Botschaft vermitteln – wie es beim Content Marketing der Fall ist – und ihre Voreingenommenheit oder Zugehörigkeit nicht verbergen – ein Problem, das das Influencer Marketing geplagt hat. Der Titel „Thought LeaderIn“ wird auf viel organischere Weise durch den Erwerb und die Zurschaustellung von echtem Fachwissen erlangt.

Thought Leadership hat sich entwickelt, weil die Online-Medien mehr Stimmen als je zuvor in die Lage versetzt haben, mit ihren Marketingbotschaften eine größere Reichweite zu erzielen und es für die VerbraucherInnen zur größten Herausforderung geworden ist, zu erkennen, welche Stimmen es wert sind, gehört zu werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Thought Leadership anerkennt, dass Vertrauenswürdigkeit die wertvollste Online-Währung ist, etwas, das nicht gefälscht werden kann – zumindest nicht für lange – und das in dem Moment verloren geht, in dem es unverantwortlich eingesetzt wird. So gesehen scheint Thought Leadership gar nicht so kompliziert zu sein.

Es ist einfach eine rationale Antwort auf das zentrale Dilemma des Online-Lebens: Thought LeaderInnen sind diejenigen, die den Spagat zwischen der Gewinnung von Einfluss und dessen verantwortungsvollem Einsatz am besten beherrschen.

Martina Hoffard

Martina Hoffard ist Head of Marketing bei Spectrum Markets, dem paneuropäischen Handelsplatz für verbriefte Derivate mit Sitz in Frankfurt. Mit ihrer umfassenden Erfahrung im Bereich Corporate und Strategic Marketing / Business Development ist sie für die Positionierung und Weiterentwicklung der Marke in allen neun Ländern verantwortlich.  Martina Hoffard verfügt über einen Marketing MBA der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Im Anschluss folgten verschiedene Managementpositionen bei den Unternehmen Motorola Ltd., Qualcomm QIS, Research in Motion (BlackBerry) und Visa. Vor ihrem Eintritt bei Spectrum Markets im Februar 2019 war sie rund fünf Jahre als Head of Marketing bei der Deutschen Börse tätig. 

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply