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Berater geraten bei keinem anderen Thema so ins Schwitzen wie beim Kalkulieren und Verkaufen ihrer Preise – vor allem, weil sie in der Regel keine handfesten Kaufargumente haben und ihre Preise nicht begründen können.

„Gäbe es für meine Leistungen doch so eine Gebührenordnung wie für Rechtsanwälte, Architekten und Steuerberater. Dann hätte ich für meine Preisgestaltung wenigstens eine Orientierung.“

Diesen Wunsch hegen viele selbstständige IT- und Unternehmensberater, Coaches und Managementtrainer* insgeheim, wenn sie mal wieder ein Angebot formulieren. Denn für ihre Leistungen gilt: Sie werden im Markt zu völlig verschiedenen Preisen angeboten. Entsprechend unsicher sind viele Berater, wenn es um das Fixieren ihrer Preise geht. Zumal sie im Kollegenkreis oft registrieren: Während Berater Müller volle Auftragsbücher hat, obwohl er 1.600 Euro/Tag verlangt, findet Berater Mayer, obwohl er die (scheinbar) selbe Leistung für den halben Preis anbietet, keine Kunden.

* Die Angehörigen vorgenannter Berufe werden im Folgenden zumeist allgemein als Berater bezeichnet.

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Ein weiterer Grund, warum viele Berater bei der Preisgestaltung unsicher sind

Viele Berater haben ihre Preise nie betriebswirtschaftlich kalkuliert, sondern nach der Maxime „Mal schauen, was der Markt hergibt“ fixiert. Würden sie ihre Preise nüchtern kalkulieren, kämen sie rasch zum Ergebnis:

  • Mein Tageshonorar muss mindestens 800 Euro betragen.

Wieso dein Tageshonorar mindestens 800 Euro betragen muss

Das sei an einem Rechenbeispiel illustriert: Angenommen du möchtest als „Einzelkämpfer“ pro Monat ein zu versteuerndes Einkommen von 4.000 Euro erzielen. Dann sollte dein monatlicher Umsatz circa 8.000 Euro betragen.

Denn du musst auch ein Büro mieten und dein Auto finanzieren – außerdem als Selbstständiger allein für deine Alterssicherung und Krankenversicherung sorgen. Auch das Marketing kostet Geld – zum Beispiel das Pflegen deiner Internetpräsenz, das Drucken von Prospekten, das Versenden von Werbebriefen. Und als echter Profi willst du zumindest zwei, drei Mal pro Jahr auch ein Fachseminar besuchen, damit deine Kompetenz nicht austrocknet. Schnell kommst du so auf einen Betrag von 8.000 Euro, den du pro Monat erzielen musst.

Tagessatz von mindestens 800 Euro

Ein Monat hat im Schnitt aber nur 18 Arbeitstage. Und hiervon gehen nochmals circa acht für administrative Tätigkeiten, für die Produktentwicklung sowie Marketing- und Akquiseaufgaben drauf. Also verbleiben zehn Tage, an denen du als Berater arbeitest und den monatlichen Gesamtumsatz von 8.000 Euro einfahren kannst. Folglich sollte dein Tageshonorar mindestens 800 Euro betragen.

Dass du als Selbstständiger so kalkulieren musst, ist vielen (Mitarbeitern deiner) Kunden nicht bewusst. Als Angestellte rechnen sie schlicht hoch:

„Der verlangt 800 Euro pro Tag, und der Monat hat 22 Arbeitstage. Also verdient er im Monat über 17.000 Euro.“

Und selbstverständlich setzen sie den Umsatz mit dem Netto-Einkommen gleich. Dass dem nicht so ist, solltest du erst gar nicht versuchen, ihnen zu erklären: Sie glauben es dir ohnehin nicht. Außerdem begibst du dich dann freiwillig in die Defensive. Arbeite lieber daran, deinen Kunden zu vermitteln, dass du ihr Honorar wert bist.

Was „teuer“ ist, ist relativ

Generell gilt: Was „hochpreisig“ ist, ist relativ. Denn für die verschiedenen Trainings- und Beratungsthemen sind auch verschiedene Preise üblich. So zahlen Unternehmen für Seminare, in denen es um das Vermitteln von Arbeitstechniken geht, in der Regel weniger als für Führungsseminare. Auch von Branche zu Branche sind die Preisniveaus verschieden. So sind im Einzelhandel niedrigere Tagessätze als in der Industrie und bei Dienstleistern wie Banken üblich. Und für das Schulen ihrer Produktionsmitarbeiter nehmen Unternehmen meist weniger Geld in die Hand als für das Weiterbilden ihrer Verkäufer.

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Worauf Berater bei der Kalkulation achten sollten

Deshalb lassen sich keine allgemein gültigen Aussagen darüber machen, welche Preise ein Trainer oder Berater verlangen und am Markt durchsetzen kann. Mit Vorsicht zu genießen sind jedoch Aussagen, wie sie ein Beraterverband vor einiger Zeit traf: Ab einem Tagessatz von 1.500 Euro sei es schwer, das gewünschte Honorar durchzusetzen. Denn für manche Marktsegmente gilt: Schon ein Tageshonorar von 800 Euro erfordert eine sehr überzeugende Verkaufsargumentation.

Für andere Marktsegmente hingegen gilt

Wenn du dort „nur“ einen Tagessatz von 1.500 Euro forderst, nehmen deine Zielkunden dich nicht ernst. So zum Bespiel, wenn du die oberen Führungskräfte von Konzernen coachen möchtest. Oder wenn deine Zielkunden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind, die selbst hohe Tagessätze haben.

Du kannst jeden Preis verlangen, wenn…

Obige Ausführungen zeigen: Der Preis, den du für deine Leistungen verlangst, ist aus Kundensicht stets eine relative Größe. Oder anders formuliert:

Du kannst jeden Preis verlangen – solange für deine Leistung die erforderliche Nachfrage besteht und du den Preis argumentativ verkaufen kannst.

Hierfür eine Beispiel-Kalkulation

Ein Präsentationstrainer aus Baden-Württemberg fordert für seine Präsentationsseminare ein Tageshonorar von 3.200 Euro – und erhält es. Doch nicht nur das: Seine Kunden vergüten ihm zudem bei jedem Seminar die Vor- und Nachbereitung mit einem halben Tagessatz, also 1.600 Euro. Und das, obwohl Seminare zum Thema Präsentieren tendenziell eher schlecht bezahlt werden.

Das Argument für dieses Tageshonorar

Der Trainer ist von Haus aus Elektroingenieur und hat sich auf die Mitarbeiter von Forschungs- und Entwicklungsabteilungen spezialisiert, die häufig neue technische Lösungen fachfremden Kollegen oder gar dem Vorstand präsentieren müssen. Eine weitere Zielgruppe von ihm sind die Vertriebsingenieure von Herstellern komplexer technischer Investitionsgüter. Ihnen vermittelt er, wie sie Kunden die Problemlösungen ihres Unternehmens bildhaft und leicht verständlich erläutern (und verkaufen).

Noch eine Beispiel-Kalkulation

Ein anderer Anbieter berät Zulieferer von Industrieunternehmen, wie sie höhere Preise bei ihren Industriekunden durchsetzen. Er verlangt für einen Beratungstag 5.200 Euro. Zudem lässt er sich das Vorbereiten der Beratungen pauschal mit 2.600 Euro vergüten. Und dieses Honorar bekommt er.

Das Argument für dieses Tageshonorar

Viele Industrieunternehmen haben die Preise ihrer Zulieferer so stark gedrückt, dass letztere aufgrund der gestiegenen Rohstoffpreise ihre Preise, wenn sie noch profitabel arbeiten möchten, schlicht erhöhen müssen. Der Berater hat also bei seinen Zielkunden einen brennenden Punkt erwischt. Deshalb ist es ihnen fast egal, was der Berater kostet. Hauptsache, er löst ihr Problem.

Entwickle Kaufargumente für deine Kunden

Welche Preise du erzielen kannst, hängt also auch davon ab, inwieweit du bei deinen Zielkunden das Gefühl erzeugen kannst:

„Genau diesen Berater will/muss ich haben.“

Und dies ist wiederum abhängig von deiner Kompetenz und davon, inwieweit sich diese in deinen Selbstaussagen und deiner Selbstvermarktung widerspiegelt. Und hier fängt das Problem an. Für kompetent hält sich jeder Berater. Viele können ihre Kompetenz ihren potenziellen Kunden aber nicht überzeugend darlegen – denn sie haben aus ihrer Biografie keine nachprüfbaren Argumente abgeleitet, warum Unternehmen gerade sie und keinen Mitbewerber engagieren sollten.

EXTRA: Marketing für Berater: So wird aus der Anfrage ein Auftrag

So sieht die Preisargumentation eines Beraters aus

Anders ist dies bei einem auf die Finanzbranche spezialisierten Management-Trainer und -Berater aus München. Er schreibt auf seiner Website unter der Überschrift „8 Gründe, warum Sie mich kontaktieren sollten“:

„Es gibt viele Managementtrainer und -berater. Deshalb nenne ich Ihnen einige Gründe, warum Sie mich kontaktieren sollten:

  1. Als ausgebildeter Bankkaufmann und studierter Betriebswirt weiß ich, dass sich alles rechnen muss – auch Training und Beratung.
  2. Als langjähriger Mitarbeiter einer renommierten Privatbank habe ich erlebt, wie viel Kompetenz, Leidenschaft und Liebe zum Detail nötig ist, um anspruchsvolle Kunden zu begeistern.
  3. Aufgrund meiner 12-jährigen Führungserfahrung kenne ich die Feinstrukturen von Geldinstituten und weiß, wo es in ihrem Führungsalltag oft klemmt.
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  8. Ich arbeite nur für Banken, Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften. Entsprechend groß ist meine Branchenkompetenz.
    Wollen Sie weitere Gründe erfahren? Dann rufen Sie mich an.“

Der Berater nennt seinen (Noch-nicht-)Kunden also ganz klare, aus seiner Biografie abgeleitete und somit nachprüfbare Gründe, warum sie ihn engagieren sollten. Und mit ihnen begründet er auch seinen Preis – 2.500 Euro pro Trainings- und 3.000 Euro pro Beratungs- oder Coachingtag.

Das ist kennzeichnend für Berater, die eine klare Kauf- & Preisargumentation haben

Sie haben ihre Stärken analysiert und ihre Zielgruppen klar definiert. So gibt es zum Beispiel in fast jeder Branche Trainer- und Beratergurus, die außerhalb der Branche „kein Mensch kennt“. Auch unter ihren Berufskollegen sind sie weitgehend unbekannt, da sie sich zum Beispiel in den Branchenblättern nicht präsentieren. Hieran haben diese Anbieter, die in der Regel sehr profitabel arbeiten, auch kein Interesse. Denn ihre Zielgruppe sind nicht ihre Berufskollegen, sondern zum Beispiel Logistikunternehmen, Druckereien, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Ingenieurbüros.

Darum solltest du dir den Ruf als „Experte für …“ aufbauen

Ab einem gewissen Preisniveau sind Honorare nicht mehr rational begründbar. Sie sind nur noch ein Ausdruck dessen, dass der betreffende Berater in den Augen seiner Zielgruppe für ein Thema „der Experte“ ist, weshalb viele Kunden für sich entscheiden: „Wenn wir schon einen Berater ins Haus holen, dann diesen.“

„Der anerkannte Experte für …“ zu werden, das sollte ein Ziel deiner Selbstvermarktung sein. Du musst ja nicht gleich zum weltweit anerkannten „Guru“ avancieren. In jeder Stadt gibt es einen Bäcker, der anerkanntermaßen die besten Brote oder Kuchen backt. Also könnte dein Ziel auch lauten:

„Ich will der anerkannt beste Berater für kleine und mittlere Unternehmen in Buxtehude und Umgebung werden.“

Und wäre es nicht erstrebenswert, dir in deiner Zielgruppe einen solchen Namen aufzubauen, dass du statt 160 Beratungstage pro Jahr für 800 Euro eventuell 80 Beratungstage für 1.600 Euro verkaufen kannst? Dann ist zwar dein Umsatz und vermutlich auch Gewinn unterm Strich weitgehend derselbe. Aber du gewinnst mehr Zeit.

EXTRA: Berater & Co.: 7 Arten von Fragen, die dich weiterbringen!

Die Vorteile dieser Selbstvermarktungsstrategie

Je weniger Zeit du in Trainings oder Beratungen verbringst, umso mehr Zeit bleibt dir für:

  • deine Weiterbildung
  • das Weiterentwickeln deiner „Produkte“
  • die Pflege der Beziehung zu deinen Kunden

Du hast auch mehr Zeit, um Artikel oder Bücher zu schreiben und Vorträge zu halten, die deinen Ruf festigen. Du kannst also deinen Kompetenzvorsprung vor deinen Mitbewerbern immer weiter ausbauen. Außerdem kannst du darauf hinarbeiten, dass ein Thema immer stärker mit dir assoziiert wird. Das hat den Vorteil, dass potenzielle Kunden häufiger aus eigener Initiative bei dir anrufen. Zudem hast du, wenn du selbst bei (Noch-nicht-)Kunden vorsprichst, ein anderes Entree als ein „No-name“.

Wichtig: In schlechten Zeiten trotzdem gefragt sein

Wenn dein Markt einmal partiell einbricht, kannst du deine Preise immer noch leicht senken und Kollegen, die im niedrigeren Preissegment arbeiten, aus dem Markt drängen. Dagegen können sich diese nur schwer wehren. Denn sie verfügen nicht über deine Kompetenz. Und da sie bereits im „Niedriglohn-Sektor“ arbeiten, können sie ihre Preise nicht noch weiter senken.

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Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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2 Comments

  • thomas voigt sagt:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    zu Ihrem Artikel habe ich eine ergänzende Frage:

    Dürfen Berater eigentlich auf Ihre Stunden-Kalkulation Rabatte geben? Also z.B.

    10 Stunden zu 200 Euro die Stunde
    Zwischensumme 2.000 Euro
    Abzuegl. 50% Rabatt – 1.000 Euro

    netto 1.000 Euro
    Plus Mwst 19% 190 Euro

    Rechnungsbetrag 1.190 Euro

    Gibt es dazu Rechtsvorschriften zu beachten?

    Vielen Dank für Ihre Hilfe

    Beste Grüße

    Ihr Thomas Voigt

  • Interessierter sagt:

    Vielen Dank für diesen interessanten Artikel! Mich würde noch folgendes interessieren. Gerade im IT-Schulungsbereich ist es ja üblich, einen bestimmten Betrag pro Person zu berechnen. Wenn Sie also von Tagessätzen sprechen, meinen Sie dann ebenfalls den jeweiligen Tagessatz pro Person?
    Ich wäre Ihnen für eine Antwort sehr dankbar!

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