Skip to main content

Für viele Verkäufer gilt: Wenn die Abschlussphase in Verkaufsgesprächen naht, verändert sich oft schlagartig ihr Verhalten: Plötzlich, fast wie auf Knopfdruck wird ihr (Gesprächs-)Verhalten unverbindlich. Ein Konjunktiv jagt den anderen, ihre Aussagen und Fragen werden schwammig. Und der Blickkontakt und ihre Körpersprache? Sie werden ausweichend.

Warum tun sich sogar gestandene Verkäufer-Persönlichkeiten mit der Abschlussphase oft so schwer? Woran liegt es, dass sie so ungern auf den Punkt kommen, obwohl gerade nun Klarheit, Eindeutigkeit und Verbindlichkeit nötig wären? Ganz einfach, die Verkäufer wissen:

Nun ist das (Vor-)Spiel vorbei, jetzt wird es ernst.

Ähnlich wie im Sport. Auch dort gibt es Trainingsweltmeister, die immer Bestleistungen bringen, so lange es um nichts geht. Doch im Wettkampf vor Publikum, wenn die Kampfrichter an der Seite sitzen? Dann schöpfen sie ihr Potenzial nicht aus.

Die Ursache hierfür ist die lähmende Angst vorm Versagen. Oder im Verkaufsgespräch die Angst vorm „Nein“ des Kunden. Um dieses zu vermeiden, reden viele Verkäufer lieber endlos um den heißen Brei statt Flagge zu zeigen und die Kaufentscheidung aktiv herbeizuführen.

Dabei wäre es sinnvoller, auch mal ein klares „Nein“ in Kauf zu nehmen – allein schon um die entscheidungs- und kaufbereiten Kunden von den Zeitdieben und den Gesprächspartnern, die sich bereits anders festgelegt haben, zu unterscheiden. Denn bei Letzteren trägt jede weitere Mühe sowieso keine Früchte.

EXTRA: Verkaufen ohne Einwände des Kunden: So funktioniert’s

Nein-Sagen gehört zum Leben

Beim Verkaufen ist es wie beim Werben um einen Partner: Oft regiert die Angst vor einem „Korb“ – geradeso als hinge vom „Ja“ oder „Nein“ des Gegenübers unser Leben ab. Das ist nicht der Fall. Selbstverständlich erhält niemand gern einen Korb. Trotzdem ist es für unser berufliches und privates Selbstwertgefühl von entscheidender Bedeutung, dass wir ein „Nein“ als möglich erachten und zulassen – ohne verletzt zu sein. Manchmal passen die Menschen oder Dinge einfach nicht zueinander. Sei froh über jeden, der dir das offen sagt, statt dir deine Zeit zu stehlen oder Scheineinwände vorzuschieben.

Selbstverständlich gilt auch hier: Der Ton macht die Musik. Achte deshalb wenn du selbst ein „Nein“ artikulierst darauf, dass du deinem Gegenüber die nicht so angenehme Botschaft ein wenig versüßt – zum Beispiel durch die freundliche Art, wie du es sagst.

Und wenn zu dir selbst jemand „Nein“ sagt? Dann solltest du hierauf spielerisch und mit Leichtigkeit und Gelassenheit reagieren. Denn oft ist das Nein des Kunden ein wertvoller Anfang.

EXTRA: Die Macht der Worte: Beispiele für schlechte Kommunikation

Beim „Nein“ beginnt das wahre Verkaufen

Das Nein gehört zum Leben. Also trifft es jeden einmal – das ist normal und häufig sogar kalkulierbar. Durch unser Vorgehen können wir das „Nein“ zwar zu einer seltenen Ausnahme machen, doch irgendwann passiert es. Spitzenverkäufer wissen das. Trotzdem versuchen sie in Verkaufsgesprächen ab einem selbst definierten Zeitpunkt – nachdem sie den Kunden überzeugt und emotional an sich gebunden haben – den Abschluss aktiv herbeizuführen. Denn ihnen ist klar: Wenn ich selbst unentschlossen bin, kann ich auch von meinem Gegenüber keine Entscheidungsfreude erwarten.

Die meisten Kunden wollen geführt werden.

Sie erwarten dies geradezu. Denn für die meisten Menschen gilt: Sie sind tendenziell entscheidungsschwach. Sie benötigen einen kleinen Anstoß von außen, um endgültig „Ja“ zu sagen. Deshalb verunsichert sie eine mangelnde Verbindlichkeit und Entschlossenheit des Verkäufers, und zuweilen veranlasst sie ein solches Verkäuferverhalten sogar dazu, eine bereits getroffene Kaufentscheidung zu überdenken.

„Nein“ bedeutet meist „So nicht“ oder „Jetzt nicht“

Viele Menschen sind rat- und mutlos, wenn sie ein Nein hören – unter anderem, weil sie das „Nein“ meist als ein absolutes, endgültiges, unabänderliches bewerten. Zuweilen ist dies so – allerdings nicht immer! Meist bedeutet ein „Nein“ des Kunden tatsächlich etwas anderes. Es kann zum Beispiel bedeuten „so nicht“, also „in der vorgeschlagenen Form nicht“, oder „jetzt nicht“.

Überlege einmal: Wie oft steht dein eigenes „Nein“ auf kippeligen Füßen? Und: Wie schnell würdest du bei einem etwas anderen, angenehmeren Verhalten des Gegenübers oder der kleinsten Änderung der Inhalte oder Bedingungen oft „umfallen“?

Dasselbe gilt für andere Menschen. Auch ihr „Nein“ ist meist nicht unumstößlich. Ist es nicht toll, das (nicht nur) als Verkäufer zu wissen? Eröffnet dir das nicht die Chance, das „Nein“ eines Kunden ganz neu zu bewerten und anders damit umzugehen? Und merkst du, wie viel leichter du ein „Nein“ annehmen kannst, wenn du ihm den genannten Bedeutungsspielraum zuordnest?

Sich für das Nein bedanken

Und nun stell dir einmal vor, du gehörtest zu den „Überzeugungstätern“ unter den Verkäufern, die ein „Nein“ des Kunden als persönliche Herausforderung betrachten und gerade dann zur Höchstform auflaufen, weil sie wissen: Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen; jetzt kann ich zeigen, dass ich ein Spitzenverkäufer bin.

Was tun Spitzenverkäufer, wenn ein Kunde zu ihnen „nein“ sagt? Viele bedanken sich bei ihm für das Nein. Zum Beispiel, indem sie sagen:„Herr Mayer …“ oder „Frau Müller, herzlichen Dank für Ihr offenes Wort.“

Ja, du hast richtig gelesen: Der unüblichste, aufmerksamkeitssteigerndste und die Situation entspannendste Weg, auf ein Nein zu reagieren, ist, sich hierfür zu bedanken: spontan, ausdrücklich und in aller Form. Denn Menschen rechnen nicht damit. Sie erwarten eher, dass sie sich für ihr Nein rechtfertigen müssen und der Verkäufer „gekränkt“ ist. Doch, dass er sich für ihre ablehnende Aussage bedankt? Das erwarten sie nicht. Das fällt auf und hebt den Verkäufer sofort positiv von den meisten seiner Berufskollegen ab.

Doch nicht nur das! Hierdurch wird auch das gestärkt, was gerade in der Abschlussphase so wichtig ist: das Vertrauen. Denn durch seine Reaktion auf das Nein sammelt der Verkäufer in den Augen der Kunden Pluspunkte. Also öffnen sie sich wieder, weil sie ein so unübliches Verhalten als angenehm und sympathisch empfinden.

Unüblich sein macht einzigartig!

Sammle also fortan in Verkaufsgesprächen wertvolle Pluspunkte, indem du dich für das Nein von Kunden bedankst:

  • sofort und mit namentlicher Anrede
  • voller Wertschätzung und echtem Verständnis
  • mit Blickkontakt und einem Lächeln

Das ist die Champions-League der professionellen Reaktion!

Dein Gesprächspartner wird darüber vielleicht kurz verdutzt sein – anschließend jedoch völlig entspannt, hoch erfreut und manchmal sogar begeistert. Auf jeden Fall ist er jedoch wieder offen für dich! Denn er erwartete als Reaktion auf seine Ablehnung entweder einen Konflikt oder dass er sich rechtfertigen muss.

EXTRA: Verkaufsgespräche: 12 Tipps, mit denen du Kunden überzeugst

Die Hintergründe des „Neins“ erkunden

Die Situation ist also wieder entspannt und für deinen Gesprächspartner angenehm. Das bewirkt bei Kunden oft ein spontanes, wohlwollendes Überprüfen des eigenen Neins. Denn wer sagt einem sympathischen Gegenüber schon gerne „nein“? Das ist die ideale Basis, um zum Kunden beispielsweise zu sagen: „Ich verstehe Sie natürlich, Sie haben für Ihr ‚Nein“ sicher gute Gründe. Eine Bitte: Sagen Sie mir: Woran liegt es?“ oder „… Darf ich Sie fragen, welche Gründe es sind?“

Wenn du so vorgehst, wirst du im Kundenkontakt merken: Aufgrund der mit deinem Danke für das Nein geleisteten Vertrauensarbeit beantworten dir die meisten Kunden diese Frage gern. Sie nennen dir also die wahren Hintergründe ihres Neins – wie zum Beispiel:

  • „So können wir das nicht machen, weil …“ oder
  • „In diesem Jahr ist es unmöglich, weil …. “

Manchmal wiederholen Kunden natürlich auch ihr klares Nein. Akzeptiere dieses dann bitte und lass es gut sein.

Handelt es sich allerdings um eine der „So nicht-“ oder „Jetzt nicht-“Situationen, dann sind erneut deine Spontanität, Flexibilität sowie dein Tatendrang gefragt. Hörst du eine der genannten oder ähnliche Antworten, dann hinterfrage diese bitte präzise. Zum Beispiel mit den Worten:

  • „Wie meinen Sie das?“
  • „Wie darf ich das verstehen?“
  • „Was müsste passieren, damit es doch geht?“
  • „Wann wird sich das wohl ändern?“
  • „Schade, haben Sie nicht auch große Lust auf eine Zusammenarbeit?“

Spätestens wenn du so nachfragst, erhältst du sehr konkrete Infos über die Hintergründe der Ablehnung. Höre also genau hin und zu. Denn hiermit gibt der Kunde dir sozusagen eine zweite Chance, doch noch einen Abschluss zu erzielen – durch ein Verändern deiner Argumentation oder durch ein Modifizieren deines Angebots oder der Konditionen.

Ein klares „Nein“ spart viel Zeit

Ist das Nein ein tatsächliches Nein, dann ist das zu akzeptieren – vorläufig jedenfalls. Dann gilt es, das Gespräch auf eine angenehme Art zu beenden und keine Zeit mehr zu investieren. Tu aber noch eine Sache: Lass bei der Verabschiedung, scheinbar nebenbei, noch eine Inspiration oder ungeklärte Frage zurück, die den Kunden garantiert interessiert und im Nachhinein beschäftigt. Dann hast du gute Karten, dass nach einiger Zeit das Telefon klingelt und …

Unser Tipp: ePaper „Verkaufen“

Schnapp dir mehr Know-how und konkrete Praxistipps:

Artikel in dieser Ausgabe:

✓ 10 unmögliche Verkaufsfloskeln, die potenzielle Käufer verschrecken
✓ Brauchen wir in Unternehmen eine Fehlerkultur?
✓ Konflikte im Team: So verbesserst du die Zusammenarbeit

ePaper kostenlos lesen

Ingo Vogel

Ingo Vogel, Esslingen, ist Rhetorik- und Verkaufstrainer. Er gilt als der Experte für emotionales Verkaufen. Im September erschien im Gabal Verlag sein neuestes Buch Top Emotional Selling: Die 7 Geheimnisse der Spitzenverkäufer.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply