Wie Rückholangebote entwickelt werden
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Comeback-Ködern, die eingesetzt werden können, um KundInnen versöhnlich zu stimmen:
- emotionale (Entschuldigung, Erklärungen, verständnisvolle Gespräche, Aufmerksamkeit, Wertschätzung, Akzeptanz, Anerkennung der Wichtigkeit des Falls bzw. der KundInnen etc.)
- materielle (Behebung des Schadens, Nachbesserung, Wiedergutmachung etc.)
- finanzielle (Rückkehrprämien, Preisnachlässe, Gutschriften, Bonuspunkte, Willkommensgeschenke etc.)
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft
Diese können miteinander kombiniert werden. Denke bei der Ausstattung des Rückgewinnungsangebots nicht nur an den Sofort-Erfolg sondern vor allem an eine dauerhafte Reloyalisierung.
Biete also nicht nur ein Comeback-Bonbon für das Zurückkommen, sondern insbesondere auch dafür an, dass die Kundin oder der Kunde auf Dauer bleibt. So könnte es für die zweite, fünfte oder zehnte Bestellung weitere kleine Belohnungen geben.
Teste beispielsweise auch einmal, ob sich KundInnen durch kleine Geschenke kurz vor Ablauf der Vertragslaufzeit moralisch von einer Kündigung abhalten lassen. Das Prinzip des Ausgleichs von Geben und Nehmen steckt zutiefst im Menschen drin. Wir fühlen uns gut, wenn wir „quitt“, also niemandem etwas schuldig sind.
Emotionale „Köder“ haben Vorfahrt
„Das am tiefsten verwurzelte Prinzip in der Natur des Menschen ist das Verlangen nach Anerkennung„, sagte schon 1884 der US-amerikanische Psychologe William James. Die moderne Gehirnforschung gibt ihm Recht. „Die Motivationssysteme schalten ab, wenn keine Chance auf soziale Zuwendung besteht und sie springen an, wenn das Gegenteil der Fall ist, wenn also Anerkennung und Liebe im Spiel sind“, so der Psychoneuroimmunologe Joachim Bauer. In den Händen derer, die uns diese geben, sind wir weich wie Wachs.
Emotionale Türöffner
Überlege also einmal, welche emotionalen Türöffner bei der jeweiligen Kundin bzw. beim jeweiligen Kunden hilfreich sind. Es ergeben sich die unterschiedlichsten Ansatzpunkte:
- Gib den abgewanderten oder abwanderungswilligen KundInnen das Gefühl, jemand ganz Besonderes zu sein.
- Sage ihnen, wie wichtig dir die weitere Zusammenarbeit ist.
- Erinnere sie an die lange und gute Zeit des Miteinanders oder an ein besonders positives Ereignis.
- Erinnere sie an einen Fall, wo sie dich ganz besonders gebraucht haben und wie du dich da für sie ins Zeug gelegt hast.
- Sichere ihnen eine Sonderbehandlung zu.
EXTRA: Beziehungspflege: Liebst du deine Kunden?
Materielle und finanzielle Anreize
Die Form der möglichen materiellen und finanziellen Rückgewinnungsangebote ist branchenspezifisch. Reine Preisnachlässe sind dabei nicht immer die attraktivste Komponente. Anstatt nur Geld zu verschenken, lassen sich Comeback-Köder auch so gestalten, dass sie schließlich der KundInnenloyalisierung dienen. Je aggressiver KundInnen über den Preis zurückgeholt werden, desto kürzer ist meist ihre ‚zweite‘ Loyalität.
„Bei der KundInnenrückgewinnung muss es überhaupt nicht um einen Preisnachlass gehen. Sehr oft ist die Kundin oder der Kunde gewillt, einen höheren Betrag für zukünftig bessere Leistungen zu zahlen, wenn man sie bzw. ihn vom hohen Nutzen der Sache überzeugen kann und eine echte Problemlösung bietet“, sagt Jeanette Rober, eine Meisterin der KundInnenrückgewinnung im Anzeigenverkauf.
Individuelle Rückgewinnung
Das Rückgewinnungsangebot muss in jedem Fall fair sein – und zwar aus Sicht der KundInnen. Standardisierte Rückhol-Angebote haben dabei weniger Aussicht auf Erfolg als individuell mit den KundInnen abgestimmte Offerten. Also: Schnitze nichts zusammen, was du für angemessen hältst, so nach dem Motto: „Das sollte reichen!“, sondern frage die KundInnen. Ihnen muss es zusagen.
Das schnelle Timing
Egal, ob das Abwandern still und leise erfolgt oder mit einer lautstarken Kündigung verbunden ist: Auf Warnhinweise reagiert man am besten sofort. Die Dortmunder Beratungsgesellschaft Materna hat beispielsweise herausgefunden, dass bei einer prompten Antwort auf eine Beschwerde die Abwanderungsquote der KundInnen von 39 Prozent auf 15 Prozent sank.
Also: Jeder Tag zählt. Je eher die mit der Aktion betrauten MitarbeiterInnen loslegen, desto besser.
Dann ist das Adressmaterial noch aktuell und die Erinnerungen sind frisch. Und: Nicht immer haben sich die Abtrünnigen bereits für neue AnbieterInnen entschieden, wenn sie den alten verlassen. Zwar ist eine Trennung meist mit einem emotionalen Aufgewühltsein verbunden: Wut, Trauer, Ärger, Enttäuschung, Rache – je nachdem. Dennoch hatte man sich früher ja auch einmal gut vertragen. Daran lässt sich anknüpfen. Eine Restloyalität und damit auch Gesprächsbereitschaft ist oft noch vorhanden. Und: Viele Menschen vergessen schnell und verzeihen gern.
Sind jedoch die emotionalen Verbindungslinien endgültig gekappt, wird das Zurückgewinnen schwieriger. Man hat sich nun einer neuen Partnerin oder einem neuen Partner zugewandt, hofft auf das Beste und rückt die positiven Seiten der neuen Beziehung in den Vordergrund. All das ist subjektiv eingefärbt – wird aber rational präsentiert. Über die kleinen Streiche, die unser Hirn uns dabei spielt, ist in Come back! eine Menge zu lesen.
Nach meiner Erfahrung kann es echte Aha-Effekte erzeugen, wenn man sich mal die Mühe macht, Kunden zu segmentieren und die Bedeutung einzelner Segmente auf Umsatz und Ergebnis zu betrachten. Nur bei einer differenzierten Betrachtung werden Chancen/ Risiken wirklich sichtbar und können sinnvolle Handlungen abgeleitet werden.