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Denken Sie den Entscheidungsprozess der Kunden im B2B-Vertrieb vorausFür den B2B-Vertrieb gilt: Die Kontaktpersonen der Verkäufer sind meist nicht die alleinigen Entscheider. Sie sind Teil eines komplexen Beziehungsgeflechts. Dieses zu erkunden, ist für den Vertriebserfolg wichtig. Denn nur dann können Verkäufer eine überzeugende Verkaufsargumentation aufbauen und den Kunden den „Mehrwert“ ihres Angebots aufzeigen.

Wie tickt mein Kunde? Welche Bedürfnisse beziehungsweise Kaufmotive hat er? Dies zu ermitteln, fällt vielen Verkäufern im B2C-Bereich bereits schwer. Noch komplexer ist es im B2B-Bereich, die zentralen Kaufmotive der Kunden zu ermitteln, um die richtige Kundenansprache zu wählen. Denn für den B2B-Vertrieb gilt: Die Kontaktpersonen der Verkäufer sind meist nicht die alleinigen Entscheider.

Sie sind vielmehr Teil eines sogenannten Buying-Centers, das aus einer Vielzahl von Personen besteht, die an der Kaufentscheidung mehr oder minder stark beteiligt sind. Und ist die Kontaktperson doch einmal der alleinige Entscheider? Dann berücksichtigt sie bei ihrer Entscheidung zumeist die Bedürfnisse anderer Personen und Bereiche. Zum Beispiel die ihres Chefs, der über ihr berufliches Fortkommen entscheidet. Oder die der Abteilung, die nach der Einkaufsentscheidung mit dem Lieferanten kooperieren muss.

Dies haben viele Verkäufer nicht ausreichend verinnerlicht. Das zeigt sich zum Beispiel, wenn man mit ihnen über die Einkäufer in den Unternehmen spricht. Dann vernimmt man oft Klagen wie: „Die Einkäufer haben fachlich keine Ahnung“. Und: „Letztlich interessiert sie nur der Preis.“ Beide Aussagen sind heute nur noch bedingt richtig.

Ziel: möglichst „preiswert“ einkaufen

Den klassischen Einkäufer, der nur Angebote einholt und vergleicht, gibt es heute in den meisten Industrieunternehmen nicht mehr. Ihre (Fach-)Einkäufer sind in der Regel Experten, die aufgrund ihrer Ausbildung und Erfahrung technische Abläufe und Prozesse sehr wohl verstehen. Dasselbe gilt für betriebswirtschaftliche Zusammenhänge. Denn meist sind sie nicht nur für die Bestellungen zuständig. Sie müssen vielmehr ein gezieltes Beschaffungsmanagement im Auftrag ihrer „Kunden“ in der Organisation betreiben.

In entsprechend viele bereichs- und firmenübergreifende Projekte sind sie involviert, in denen es unter anderem um Fragen geht wie:

  • Wie können wir für unsere Kunden noch attraktivere Partner werden?
  • Wie können wir unsere Logistik und Lagerhaltung optimieren?
  • Wie können wir die Innovationskraft unserer Organisation erhöhen?
  • Wie stellen wir den nötigen Cash-Flow sicher?

Deshalb ist für die Einkäufer bei ihren Einkaufsentscheidungen nur selten ausschließlich der Preis relevant – zumindest bei Produkten und Dienstleistungen, die für die Leistungsfähigkeit ihrer Unternehmen eine gewisse Bedeutung haben (auch weil ihre eigene Leistung nicht nur an den Einsparungen gemessen wird). Und ihr Bestreben ist nicht, möglichst billig, sondern möglichst preis-wert einzukaufen. Das heißt, der Preis ist für sie eine relative Größe. Ob er als hoch, niedrig oder angemessen empfunden wird, hängt vom Nutzen ab, den das Produkt oder die Dienstleistung dem Unternehmen bietet.

Aufgabe: das nötige Wertbewusstsein erzeugen

Also ist es eine zentrale Aufgabe des Verkäufers, dem Einkäufer das nötige Wertbewusstsein zu vermitteln. Das heißt, er muss in der Lage sein, dem Einkäufer glaubhaft darzulegen, welchen Mehrwert das Produkt oder die Dienstleistung seinen internen Kunden bietet. Oder anders formuliert: Er muss dem Einkäufer plastisch vor Augen führen können, warum es für ihn und sein Unternehmen vorteilhafter ist, sein „Produkt“ zu kaufen, obwohl dessen Anschaffungspreis höher ist als beim Wettbewerb – zum Beispiel,

  • weil bei ihm die Rüst- und somit Stillstandzeiten deutlich niedriger sind oder
  • weil das Unternehmen mit ihm gewisse Qualitätsmängel vermeiden kann oder
  • weil es mit dieser Lösung einen technischen Vorsprung vor seinen Mitbewerbern erzielt.

Dies dem Kunden zu vermitteln, gelingt dem Verkäufer nur, wenn er das Geschäft und den Markt des Kunden kennt und versteht. Er muss außerdem wissen, vor welchen Herausforderungen der Kunde steht. Dies gilt es also vor den eigentlichen Verkaufsgesprächen gezielt zu erkunden – zum Beispiel

  • via Internet-Recherche,
  • durch Gespräche mit Personen, die in regelmäßigem Kontakt mit dem Zielunternehmen stehen, und
  • im Gespräch mit den Kontaktpersonen in der Kundenorganisation.

Ansonsten ist die Gefahr groß, dass letztlich der Zufall über den Verlauf der Verkaufsgespräche und deren Ergebnisse entscheidet.

Das Buying-Center erkunden

Zwei weitere Punkte gilt es im Vorfeld zu ermitteln: Wer ist an der Kaufentscheidung beteiligt? Und: Nach welchen Kriterien sowie wann und wie wird entschieden? Dies können Verkäufer, indem sie ihre Kontaktpersonen – sei es in der Einkaufs- oder Fachabteilung – zum Beispiel fragen: „Wer ist bei Ihnen, wenn so etwas beschafft wird, in den Entscheidungsprozess involviert?“ Des Weiteren: „Angenommen unsere Problemlösung würde Ihnen zusagen, wie wäre dann das weitere Vorgehen in Ihrer Organisation?“

Aus den Antworten können die Verkäufer ableiten, wer an der Kaufentscheidung außer ihren Kontaktpersonen noch beteiligt ist – direkt und indirekt. Zum Beispiel die Geschäftsführung und die IT-Abteilung, die die Schnittstellen programmieren muss; außerdem die Logistikabteilung. Hieran kann der Verkäufer die Folgefrage anknüpfen: „Was ist Herrn Werner, dem Leiter Ihrer Logistikabteilung, beim Anschaffen der Maschine und bei der Zusammenarbeit mit deren Lieferanten wichtig?“ Oder: „Welche Probleme traten aus Sicht Ihrer Geschäftsleitung in den letzten Jahren beim Erstellen der Bilanzen auf?“

So erhält der Verkäufer detaillierte Informationen, von welchen Faktoren sich die an der Einkaufsentscheidung beteiligten Personen bei ihrer Entscheidung leiten lassen und welchen Nutzen sie sich von der Investition versprechen. Ein guter Verkäufer nimmt also im Vorfeld seines Angebotes präzise Maß, um dann den gewünschten „Maßanzug“ anzufertigen. Und seine Angebotspräsentation? Ihr Inhalt und Aufbau wird nicht vom Produkt, sondern von den Bedürfnissen des Unternehmens beziehungsweise der Mitglieder des Buying-Centers bestimmt.

Im zweiten Teil des Artikels erfahren Sie u.a., wie Sie die Kaufmotive und Entscheidungskriterien der potentiellen Kunden ermitteln und wie Sie eine kundenspezifische Verkaufsargumentation aufbauen.

(Bild: © imageteam – Fotolia.com)

Klaus Kissel

Klaus Kissel ist einer der beiden Geschäftsführer des ifsm Institut für Salesmanagement, Urbar (Tel.: 0261/962 3641; info@ifsm-online.com), das auch berufsbegleitende Weiterbildungen zum Sales-Coach durchführt.

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