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Für eine geordnete Übergabe sorgen

Zuweilen werden MitarbeiterInnen nach der Kündigung bis zum Ende der Beschäftigung freigestellt. Der Vorteil ist: Den „Survivors“, also den MitarbeiterInnen, die bleiben, und den Gekündigten wird ein regelmäßiges weiteres Zusammentreffen erspart und im Unternehmen kehrt schneller wieder Ruhe ein. Ob ein Freistellen möglich ist, obliegt aber meist nicht der freien Entscheidung der Führungskräfte, welche die Kündigungs- und Trennungsgespräche führen – gerade wenn viele MitarbeiterInnen entlassen werden.

Ein sofortiges Freistellen ist oft auch nicht sinnvoll. Denn dann kann keine geordnete Übergabe der Aufgaben an die verbleibenden KollegInnen erfolgen. Wie die Übergabe erfolgt, sollte ein zentrales Thema im Trennungsgespräch sein. In ihm begehen Führungskräfte oft den Fehler, dass sie den gekündigten MitarbeiterInnen sozusagen freie Hand geben, wie sie die noch verbleibenden Arbeitstage gestalten – meist weil sie (unbegründet) ein schlechtes Gewissen plagt. Dies solltest du nicht tun. Überlege dir vor dem Gespräch, was du noch von dem Mitarbeiter oder Mitarbeiterin erwartest – schließlich bezieht er/sie weiterhin Gehalt. Im Gegenzug kannst du ihm/ihr anbieten, ihn oder sie bei der Suche nach einem neuen Job, soweit möglich, zu unterstützen.

Die „Survivors“ im Blick behalten

Den „Survivors“ wird bei einem Personalabbau meist die wenigste Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei will das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern. Die „Survivors“ durchleben im Personalabbauprozess ein Wechselbad der Gefühle. Zunächst plagt sie selbst die Angst: Was wird aus mir? Danach bedauern sie die Betroffenen, mit denen sie teils jahrelange (Arbeits-)Beziehungen verbinden, und würden gerne etwas für sie tun. Auf der anderen Seite wollen sie aber gegenüber dem Unternehmen loyal bleiben, und oft haben sie nach einiger Zeit auch ein gewisses Verständnis für die Personalabbauentscheidung, während die Betroffenen weiterhin auf die Firma und dessen Management schimpfen.

Dieses Hin- und hergerissen sein führt bei den „Survivors“ zu Verhaltensänderungen. Denn solange der Personalabbau nicht vollzogen ist, ist ihr Kopf nicht frei. Deshalb ist auch ihre Arbeitsmotivation und -leistung geringer als normal.

Wie stark die Verhaltensänderung ist, hängt stark davon ab,

  • ob die „Survivors“ das Gestalten des Personalabbauprozesses als fair empfinden,
  • wie sie die Auswirkungen des Personalabbaus auf ihre eigene Arbeitssituation einschätzen und
  • wie stark du als Führungskraft ihnen in dieser Leidensphase Orientierung und Halt bietest.

Deshalb solltest du, wenn feststeht, wer das Unternehmen verlässt, gezielt das Gespräch mit den „Survivors“ suchen – nicht nur, um sie über den Stand der Dinge zu informieren.

Mindestens ebenso wichtig ist es, dass du

  • dich gezielt nach ihrem Befinden erkundigst,
  • ihnen Verständnis dafür signalisierst, dass sie ein Wellenbad der Gefühle durchleben, und
  • ihnen, soweit möglich, ihre weiteren Perspektiven im Unternehmen aufzeigst.

Das heißt, gerade in der Zeit, in der die Gekündigten noch im Unternehmen sind, musst du als Führungskraft eine hohe Präsenz zeigen. Denn so lange hält auch die innere Zerrissenheit der „Survivors“ an.

Die neue gemeinsame Zukunft planen

Doch dann kommt jedoch endlich der ersehnte Tag, an dem alle Gekündigten das Unternehmen verlassen haben. Dann kann man meist bei allen Verbliebenen ein tiefes Durchatmen spüren: Endlich ist die emotional belastende Zeit vorbei. Diese Situation solltest du nutzen.

Setze dich nochmals mit den „Survivors“ zusammen und sprich mit ihnen über die zurückliegende Zeit. Verleihe zunächst noch einmal deinem Bedauern über den Personalabbau Ausdruck, um dann zum Resultat zu gelangen, wie froh du bist, dass nun endlich diese für alle Beteiligten wenig erquickliche Phase endgültig vorüber ist. Danach solltest du den Blick in Richtung Zukunft richten. Das heißt, du solltest den MitarbeiterInnen nun nochmals aufzeigen, welche Chancen sich aufgrund des vollzogenen Personalabbaus für das Unternehmen ergeben, bevor du schließlich mit ihnen festlegst, wie ihr nun gemeinsam die Zukunft gestaltet.

Und noch ein Tipp: Einen Bereich oder eine Abteilung in einer Phase des Personalabbaus zu führen, ist eine der schwierigsten Führungsaufgaben – vor allem emotional. Achte deshalb in dieser Zeit auf dein körperliches und psychisches Wohlbefinden und sorge für einen emotionalen Ausgleich.

EXTRA: Entgeltfortzahlung und Kündigung bei Suchterkrankung: Was ist erlaubt?

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Julia Voss

Julia Voss ist Geschäftsführerin des Trainings- und Beratungsunternehmens Voss+Partner, das offene und firmeninterne Trainerausbildungen durchführt. Die Trainer-Ausbildung von Voss+Partner wurde von der Stiftung Warentest aufgrund ihrer hohen Qualität ausgezeichnet. (infovoss@voss-training.de; Tel.: 040/7900767-0).

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