Aus meiner Erfahrung heraus interessieren sich die meisten Unternehmer speziell für die 102 Glaubwürdigkeits- und Warnindikatoren des Marco-Löw-Befragungssystems, so wie die enthaltenen Frage-und Gesprächstaktiken. Da es mir in dieser Artikelserie aber darum geht, die Thematik und Vorgehensweise der forensischen Interviewtechnik in Kürze, aber möglichst umfassend darzustellen, bitte ich den geneigten Leser und die geneigte Leserin um etwas Geduld und Verständnis, dass ich zunächst einmal ganz am Anfang beginne:
Schritt 1: Taktische Gesprächsvorbereitung
Die taktische Gesprächsvorbereitung besteht aus mehreren Komponenten. Jede dieser Komponenten bildet einen Teil des Ganzen. Man kann sowohl die taktische Gesprächsvorbereitung, als auch das gesamte System der forensischen Interviewtechnik mit einem Uhrwerk vergleichen. Präzision wird dadurch erlangt, dass viele kleine, aber wichtige Rädchen ineinandergreifen und durch ihr homogenes Zusammenspiel eine einwandfreie Funktionsweise ermöglichen.
Bei der taktischen Gesprächsvorbereitung und der forensischen Befragungstaktik geht es daher um mehrere UND-Faktoren. Je mehr dieser UND-Faktoren zusammenkommen, umso mehr potenzieren diese ihre Wirkung. Zwei wichtige Faktoren bei der taktischen Gesprächsvorbereitung sind daher Vorermittlungsrecherchen (z.B. Internet, Personalakte, Befragungen von Auskunftspersonen etc.) UND Beweismittelerhebungen.
Ein weiterer UND-Faktor ist die Charaktermerkmaleinschätzung. Vorausgesetzt, dass diese fundiert zustande kommt, lassen sich wahrscheinliche Verhaltens- und Argumentationsweisen während der Befragung im Voraus einschätzen und bei der Gesprächsvorbereitung berücksichtigen.
Zunächst einmal ist bei der Gesprächsvorbereitung zu differenzieren, um welche Art von Gespräch es sich handelt, wer der Gesprächspartner ist und welche Ziele erreicht werden sollen. Naturgemäß läuft die Vorbereitung einer schwierigen Verhandlung anders ab, als die Vorbereitung auf ein Bewerbergespräch.
Vorermittlungsrecherchen anstellen
Trotzdem sind die Prinzipien immer die gleichen, nur die Methoden zur Umsetzung der Prinzipien differieren einzelfallbezogen. So stellen zum Beispiel Vorermittlungsrecherchen über den Gesprächspartner in nahezu allen Gesprächssituationen wertvolle Hilfen dar, egal ob es sich um Bewerbergespräche, schwierige Verhandlungen, Fraudgespräche oder Konfliktgespräche handelt.
Gesprächsleitfaden erstellen
Ein wichtiger weiterer Punkt ist die Erstellung eines einzelfallbezogenen Gesprächsleitfadens. Gerade erfahrene Interviewer und Befrager machen oft den Fehler, diesen als entbehrlich zu erachten. Der Gesprächsleitfaden verfolgt jedoch viele wichtige Aufgaben. Eine dieser Aufgaben ist natürlich, nichts wichtiges zu vergessen und eine andere, stets den roten Faden beizubehalten und das Gespräch so besser führen, steuern und dominieren zu können.
Persönliche Wahrnehmung
Doch es gibt noch einige weitere wichtige Punkte und ein ganz wesentlicher betrifft die persönliche Wahrnehmung. Jedes Mal wenn Sie nachdenken müssen, welche Fragen Sie dem Gesprächspartner als nächstes stellen oder welche Antworten Sie dem Gesprächspartner auf dessen Fragen entgegnen, sind Sie mit sich selbst beschäftigt und Ihr Wahrnehmungsfokus schwankt unvermeidlich von Ihrem Gesprächspartner weg auf Sie selbst.
So verlieren Sie nicht nur wichtige Erkenntnisse über Ihren Gesprächspartner aufgrund ausbleibender Wahrnehmung von verbalen und nonverbalen Hinweisen, sondern auch ihren roten Faden und bei einem starken Gesprächspartner auch schnell die Gesprächsführung. Fakt ist, dass viele Fragen und Antworten Ihres Gesprächspartners bei sorgfältiger Gesprächsvorbereitung und taktischer Gesprächssteuerung zumindest im Groben voraussehbar sind und dadurch im Vorhinein berücksichtigt werden können.
Dies ist nicht nur für die Beibehaltung der Gesprächsführung und optimalen Wahrnehmung des Gesprächspartners ein wichtiger Punkt, sondern auch für die Widerlegung von Argumenten, der Auslegung von taktischen rhetorischen Fallen und der Verifizierung der Glaubwürdigkeit Ihres Gegenübers.
Zeit und Örtlichkeit des Gesprächs
Weitere wichtige Punkte sind die Wahl der richtigen Zeit und der richtigen Örtlichkeit des Gespräches, sofern Sie darauf Einfluss haben. Hierzu werde ich beim Punkt der Gesprächsdurchführung näher eingehen. Es gäbe natürlich noch sehr viel mehr zum Thema der taktischen Gesprächsvorbereitung zu sagen. Daher spielt neben dem Wissenstransfer in dieser Artikelserie auch die Sensibilisierung für die einzelnen wichtigen Punkte eine große Rolle.
Weitere Artikel dieser Serie:
Forensisches Interview: Kriminalistische Gesprächskompetenz für Unternehmer! (I)
Forensisches Interview: Kriminalistische Gesprächskompetenz für Unternehmer! (II)
Forensisches Interview: Kriminalistische Gesprächskompetenz für Unternehmer! (IV)
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Forensisches Interview: Kriminalistische Gesprächskompetenz für Unternehmer! (X)
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(Bild: © M.Rosenwirth – Fotolia.com)
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