Die Begrüßung wird bezüglich der Bedeutung ihrer Wahrnehmung oft unterschätzt. Fühlt sich ein Gesprächspartner bei der Begrüßung (noch) sehr selbstsicher, so kann man dies an vielen Einzelheiten erkennen. So kann man aus der Art des Händedrucks und der Art des Stehens einige wertvolle Rückschlüsse ziehen.
Wenn Menschen sich wohl fühlen, senden sie dementsprechende nonverbale Hinweise aus. Man spricht hier von den sogenannten Wohlfühlgesten. Diese Hinweise sind sowohl im Stehen als auch im Sitzen gut wahrnehmbar. Falls solche Wohlfühlgesten bei Gesprächsbeginn noch nicht vorhanden sein sollten, so kommt es für Sie darauf an, im Rahmen des Vorgespräches einen solchen Zustand bestmöglich herbeizuführen. Sodann kann man im weiteren Gesprächsverlauf beobachten, ob sich die Wohlfühlgesten bei den entscheidenden Fragen in Unwohlfühlgesten bzw. nonverbale Warnsignale verwandeln. Ist dies der Fall, dann wird sofort mit kriminalistischen Befragungstechniken in gewohnter Weise möglichst elegant und unauffällig nachgesetzt.
Verbale Warn- und Glaubwürdigkeitssignale
Das Marco-Löw-Befragungssystem enthält insgesamt 102 Warn- und Glaubwürdigkeitsindikatoren bezüglich der Aussageinhalte von Gesprächspartnern. Diese gehen dabei weit über das hinaus, was Komponenten wie Abweichungen in der Tonlage oder Sprechgeschwindigkeit betrifft. Ein Lügner steht generell vor dem Problem, sich all seine Lügen merken zu müssen. Dabei wird schnell der Grad einer kognitiven Überforderung erreicht. Ein Lügner wird daher nicht ohne Not falsche Sachverhalte sprunghaft darstellen oder sehr komplex und detailreich erklären. Zu groß wäre hier die Gefahr, sich zu widersprechen oder widerlegt zu werden. Sprunghafte, detailreiche und komplexe Erzählweisen sind daher den verbalen Glaubwürdigkeitsindikatoren zuzuordnen.
Der wesentlichste Unterschied zwischen Lüge und Wahrheit ist der, dass die Wahrheit lediglich aus dem Gedächtnis abgerufen werden braucht, während die Lüge konstruiert werden muss. Eine Lüge muss glaubhaft in allen drei Zeiten sein, also der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft. Der Lügner muss also, um sich nicht zu widersprechen, die Lüge sowohl auf bisher Gesagtes als auch auf zu erwartende Folgefragen stimmig konstruieren. Das benötigt Zeit, wesentlich mehr Zeit als die schnell abzurufende Wahrheit.
Das sogenannte Antwortzeitverhalten ist daher einer der effizientesten Indikatoren zur Glaubhaftigkeitseinschätzung. Braucht der Befragte wesentlich länger bei der Fragebeantwortung als im Normalzustand des Vorgespräches, dann kann man durch weitere kriminalistische Fragetaktiken dem Gesprächspartner sehr schnell und sehr effizient auf den Zahn fühlen. Das Antwortzeitverhalten kann somit sowohl ein Glaubwürdigkeitsindikator als auch ein Warnindikator sein.
Damit das Antwortzeitverhalten ein effektiver Prüfindikator ist, kommt es entscheidend auf die richtige Art der Fragestellung und der einzelfallbezogenen Umstände an. So müssen die Fragen beispielsweise so gestellt werden, dass sie von einem wahrheitsgemäß aussagenden Gesprächspartner in kurzer Zeit zu beantworten sind. Außerdem ist beispielsweise auch zu berücksichtigen, wie komplex die Fragestellung an sich ist, oder wie weit der zur Diskussion stehende Sachverhalt in der Vergangenheit liegt.
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(Bild: © nurbs & splines – Fotolia.com)
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