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Videostreaming ist in aller Munde und so fiel mir neulich eine Schlagzeile auf: „Eddie Hearn von Matchroom meint: DAZN soll den Preis für sein Abonnement verdoppeln.“ Zur Erklärung für alle, die es noch nicht kennen: DAZN ist einer der größten Streaming-Dienstleister der Welt. Im vergangenen Jahr streamte das Unternehmen über 507 Millionen Stunden Sportbeiträge in insgesamt neun Ländern aus. DAZN ist das Netflix für den globalen Live-Sport, größer als ESPN

Sollte also einer der führenden Streaming-Dienste tatsächlich seine Preise verdoppeln? Zugegeben, das weiß ich selbst nicht. (Und der Transparenz wegen lege ich noch offen: DAZN ist ein Kunde von uns). In dieser Kolumne geht es aber nicht darum, was DAZN am besten mit seinen Preisen tun oder lassen sollte. Auch nicht ob das gesamte Feld des Video-Streaming im Grunde unterbewertet wird, weil InvestorInnen noch nicht erkannt haben, welche Potentiale der Preisgestaltung in diesen Unternehmen stecken.

Neu geschaffene Werte in Rechnung stellen? 

Vermutlich waren jedoch schon viele von euch, die ein Subscription Business leiten, wiederholt mit der Frage konfrontiert: Soll ich meine Preise erhöhen? Schließlich ist nichts an Preisen auszusetzen, die mit der Zeit steigen! Sie zeugen von einem gesunden Business, das seinen KundInnen kontinuierlich Mehrwert bietet. Wenn du einen erfolgreichen Subscription-Dienst betreibst, hast du in den letzten paar Jahren wahrscheinlich viel Zeit und Ressourcen in besseren Content, schnellere Reaktionszeiten, coolere Funktionen und vieles mehr investiert. Ist es nicht dein gutes Recht all die neu geschaffenen Werte in Rechnung zu stellen?

Die andere Seite: Abonnenten und die Preisgestaltung

Aus der eigenen Perspektive als AbonnentInnen wissen wir allerdings alle, wie es sich anfühlt, auf der Seite zu stehen, die eine scheinbar willkürliche Preiserhöhung einstecken muss. Wie die Autorin Robbie Kellman Baxter anmerkt: lesen VerbraucherInnen eine solche Mail-Nachricht, löst das bei ihnen einen Prozess aus, bei dem sie ihren eigenen „Konsumentenmodus“ neu überdenken und möglicherweise das Vertrauen aufkündigen, das eine wechselseitige Beziehung mit einschließt. In den vergangenen Jahren gab es mehrere bemerkenswerte Fiaskos rund um Preiserhöhungen – erinnerst du dich zum Beispiel noch an das ganze Netflix-Qwikster-Debakel

Folgendes Dilemma resultiert aus der Preiserhöhung:

Als GeschäftsinhaberIn will ich die Preise erhöhen, um meine Einnahmen zu steigern. Als AbonnentIn aber hasse ich es, die Preise meiner Abonnement-Dienste steigen zu sehen. Wie setze ich eine Preiserhöhung also am besten um? Hier stelle ich aus Erfahrung fünf wichtige Empfehlungen vor, die es meiner Meinung nach lohnt zu teilen:

1. Wie hoch ist deine Abwanderungsquote?

Laut unserem Chief Data Scientist, Carl Gold, wuchsen Unternehmen, die ihre Preise im letzten Jahr erhöht haben, auf unserem Subscription Economy Index im Durchschnitt um 24 Prozent, gegenüber denen ohne Preiserhöhung mit nur 17,5 Prozent Wachstumsrate. Darüber hinaus hatten die preiserhöhenden Unternehmen im Durchschnitt eine viel geringere Abwanderungsrate: 23 Prozent im Vergleich zu 29 Prozent. Heißt das also eine Preiserhöhung senkt deine Abwanderungsrate? Nein, natürlich nicht! Unternehmen, die ihre Preise erhöht haben, waren von diesem Schritt überzeugt, weil sie belastbare Daten zur Kundenbindung hatten. Bevor du etwas unternimmst, stelle sicher, dass du die Loyalität Deiner KundInnen im Griff hast und gleichzeitig weißt, welchen Wert die KundInnen deinem Service wirklich zuschreiben.

EXTRA: Kundenzentrierung: Warum sie für deinen Umsatz so wichtig ist [Studie]

2. Erstelle eine Roadmap für die Preisgestaltung

Bevor du jegliche Schritte unternimmst, musst du sicherstellen, dass dein gesamtes Managementteam synchron einer quantifizierbaren langfristigen Preisstrategie folgt, und zwar einer, die den größten Customer Lifetime Value liefert. Das mag zwar selbstverständlich klingen, trifft aber häufig nicht zu. Es ist erstaunlich wie oft ich Managementteams erlebe, die ihre Preisgestaltung an das Marketing oder die Finanzabteilung delegieren, als wäre das eine Aufgabe von zweitem – oder gar drittem, oder viertem – Rang. Preisentscheidungen sollten keine Überraschungen sein; sie sollten im Voraus geplant sein und sich an einer Roadmap zur Preisfindung orientieren, die deine Preisstrategie unmittelbar mit den Kernzielen deines Unternehmens verknüpft.

3. Upselling ist immer die bessere Option

Meiner Meinung nach ist es immer besser, eine Preiserhöhung mit einem neuen Angebot, einem neuen Servicekonzept oder zumindest mit der Ankündigung einer neuen Akquisition zu verbinden. Du solltest auf einen greifbaren Nutzen verweisen können oder ihn als Upselling-Argument nutzen können. In einem anderem Unternehmen haben wir unsere monatlichen Gebühren von 50 auf 65 Dollar erhöht – ohne das wirklich gut zu begründen – und wir haben dafür so viel negatives Feedback bekommen, dass wir es nie wieder getan haben.

Stattdessen erstellten wir ein höherwertiges Angebot, eine Enterprise Edition, und ermutigten unsere KundInnen ihre Entscheidung zum Upgrade selbst zu treffen. Innerhalb eines Jahres hatte die Hälfte unserer KundInnen ein Upgrade gekauft und sie alle waren mit dieser Entscheidung zufrieden. Wenn du für deine KundInnen ein Angebot auf einem hochwertigen Level einrichtest und ihnen so eine Auswahl bietest, erhält du als Ergebnis ein Buy-in im wörtlichen und übertragenden Sinn.

4. Informiere deine Kunden weit im Voraus

Angenommen, du hast kein eigenständiges neues Angebot, das du bewerben kannst. Nehmen wir an, du bittest deinen Kundenstamm nur darum, die durchgehenden Verbesserungen deiner Dienstleistung zu unterstützen. Das ist völlig in Ordnung, aber du musst es trotzdem gut begründen: Etwa, wir haben unsere Preise seit Zeitpunkt X nicht erhöht; wir investieren in das Team und das Produkt; folgende Neuerungen haben wir im vergangenen Jahr eingeführt oder wir arbeiten gerade für Sie an den Features XYZ für das kommende Jahr.

Achte darauf, dass du dies mit genügend Vorlauf tust und vor allem: bleibe transparent. KundInnen wollen wissen, warum du deine Preise erhöhst, und je transparenter du deine Gründe vorbringst und deine Entwicklung zum erfolgreichen Partner präsentierst, desto investitionsbereiter werden deine KundInnen sein.

5. Gewähre deinen alten Kunden Bestandsschutz

Anstatt die Preise flächendeckend anzuheben, hast du noch folgende Alternative: wende die Erhöhung lediglich auf die neuen AbonnentInnen an und behalte für den derzeitigen Abonnentenstamm die Vertragsbedingungen bei, so dass diese „Kundengeneration“ noch eine gewisse Zeit den alten Preis zahlt. Oder überlege, nur den Preis der monatlich zu zahlenden Subscription-Beiträge, nicht aber die Jahresbeiträge zu erhöhen.

Du hast auch die Möglichkeit, die Preiserhöhungen phasenweise und je nach Nutzung der AbonnentInnen einzuführen: zuerst beginnst du mit den Top 10 Prozent und arbeitest dich dann weiter nach unten vor. Analysiere, wie sich dein Preis pro Einheit auf dein Abwanderungsrate ausgewirkt hat und lege dann deinen Preis fest, um den Customer Lifetime Value zu optimieren. Du kannst durchaus experimentieren. Du musst nicht alles auf einmal verändern. Das ist das Schöne am Subscription-Modell. Es steht dir ein ganzes Labor zur Verfügung.

An dieser Stelle möchte ich mich noch bei folgenden Personen für ihren hilfreichen Input bedanken: Robbie Kellman Baxter (Strategieberaterin und Autorin), Mark Stiving Ph.D. (Chief Pricing Educator bei Impact Pricing LLC), Chris Hopf, CPP (Gründer von PricingWire) und Natalie Louie (Zuora Product Marketing Senior Director).

Tien Tzuo

Tien Tzuo ist Mitgründer und CEO von Zuora, einer Abonnementmanagement-Plattform mit mehr als 100 Kunden weltweit. Bereits Anfang 2007 propagierte Tzuo den Wechsel zu Abonnement-basierten Geschäftsmodellen und prägte den Begriff der “Subscription Economy”. Tzuo ist Autor des USA Today-, LA Times- und Amazon-Bestsellers "Das Abo-Zeitalter – Warum das Abo Modell die Zukunft Ihres Unternehmens ist – und was Sie dafür tun müssen".

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