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Gefährdungen in Gewerbebetrieben und am eigenen Arbeitsplatz können in vielen verschiedenen Varianten auftreten. Meistens variieren sie je nach Branche, Ausrichtung und Größe eines Unternehmens. Die Gefährdungsbeurteilung stellt diesbezüglich ein grundlegendes Werkzeug dar, um zu den realen Betriebsabläufen gleichzeitig ein passendes und ständig verbessertes Sicherheits- und Gesundheitsniveau zu erreichen. Was du dabei beachten musst und wie das funktioniert, wird im folgenden Beitrag detailliert erläutert.

Was genau ist unter einer Gefährdungsbeurteilung zu verstehen?

Grundsätzlich umfasst die Gefährdungsbeurteilung zum einen das systematische Erfassen und Bewerten möglicher Gefährdungen am Arbeitsplatz. Zum anderen gehören dazu das Entwickeln und Festlegen erforderlicher Maßnahmen im Hinblick auf die Betriebssicherheitsverordnung, das Arbeitsschutzgesetz und die Gefahrstoffverordnung. Auf diese Weise sollen Gesundheit und Sicherheit der Belegschaft gewährleistet werden.

Die Gefährdungsbeurteilung fungiert damit auch immer als spezielles Tool zur Prävention, mit dessen Hilfe Unternehmen unabhängig von Branche und Beschäftigtenzahl Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle reduzieren oder bestenfalls sogar komplett verhindern. Der jeweilige Prozess und die damit verbundenen Abläufe können sich dabei auf unterschiedliche Themen und Segmente beziehen.

Typisch hierfür ist der Bezug zum Beispiel zu den jeweiligen Arbeitsbereichen oder Arbeitsplätzen, der Arbeitsorganisation oder den ausgeübten Tätigkeiten. Möglich ist außerdem die Fokussierung auf einzelne Personen oder bestimmte Personengruppen, wie beispielsweise besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen:

  • Schwangere und Stillende,
  • Jugendliche,
  • Mitarbeiter mit Vorerkrankungen sowie
  • ältere Arbeitnehmer.

Der Gesetzgeber räumt diesbezüglich dem Thema Mutterschutz eine besonders hohe Priorität ein, das in jeder Gefährdungsbeurteilung gesetzlich verpflichtend bearbeitet werden muss.

Auf diesen gesetzlichen Grundlagen basiert die Gefährdungsbeurteilung

Die rechtlichen Grundlagen für die Bewertung von Gefährdungen in Unternehmen liefert ein breites Spektrum an gesetzlichen Vorschriften. Besondere Relevanz besitzen dabei diese Gesetze und technische Regelungen:

Während das Arbeitsschutzgesetz, die Arbeitsstättenverordnung und die Gefahrenstoffverordnung den gesetzlichen Rahmen darstellen, liefern TRBS, ASR und TRGS als technische Regelwerke mögliche Hilfen und Maßnahmen für die praktische Umsetzung.

Beispiel: Gefährdungsbeurteilung im Kontext des Arbeitsschutzgesetzes

Im Hinblick auf die zugrunde liegenden Gesetzesvorschriften nimmt insbesondere das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) eine tragende Rolle ein – und das seit Jahrzehnten: So wird die Gefährdungsbeurteilung bereits seit 1996 im ArbSchG detailliert geregelt. Die ursprüngliche Fassung wurde im Laufe der Jahre mehrfach aktualisiert und dabei zum Beispiel um eine verschärfte Dokumentationspflicht mehrwertig erweitert.

Die letzte große Aktualisierung erfolgte im Jahr 2013. Seitdem zählen auch psychische Belastungen, beispielsweise hervorgerufen durch neue Arbeitsformen oder Zeitdruck, zu den Gefährdungen in einem Unternehmen.

Gefährdungsbeurteilung: Die wichtigsten Schritte und Vorgaben – Foto: © peopleimages.com – stock.adobe.com

In den betroffenen Unternehmen muss für jeden Arbeitsplatz eine entsprechende Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Liegen bei eigentlich unterschiedlichen Arbeitsplätzen allerdings gleichartige Arbeitsbedingungen vor, reicht dem Gesetzgeber die Beurteilung lediglich einer Tätigkeit respektive eines Arbeitsplatzes.

Übergeordnetes Ziel ist die menschengerechte Gestaltung von Arbeit

Die Gefährdungsbeurteilung dient hier als Werkzeug für eine ganzheitliche Betrachtung hinsichtlich einer menschengerechten Gestaltung von Arbeit und des möglicherweise vorhandenen Verbesserungspotenzials. Im Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG) hat der Gesetzgeber die entsprechenden Anforderungen ausführlich formuliert.

Demnach ist immer der Arbeitgeber für die Ermittlung und Bewertung der mit der Arbeit von Beschäftigten verbundenen Gefährdungen verantwortlich. Gemäß § 13 Abs. 2 ArbSchG muss ein Arbeitgeber die Ermittlung und Bewertung von Gefährdungen allerdings nicht selbst realisieren beziehungsweise durch interne Fachkräfte durchführen lassen. Auf Basis der Beurteilung sind dann gegebenenfalls verschiedene Arbeitsschutzmaßnahmen zeitnah durchzuführen.

Arbeitgeber nehmen bei der Umsetzung eine Garantenstellung ein

Stattdessen kann er auf die Möglichkeit zurückgreifen, fachkundige und zuverlässige Personen in schriftlicher Form mit der Gefährdungsbeurteilung zu beauftragen. Der Arbeitgeber bleibt aber in der Pflicht. Daher muss er den gesamten Vorgang überwachen und kontrollieren, ob die Gefährdungsbeurteilung auch tatsächlich in vollem Umfang durchgeführt wurde.

Kommst du als Arbeitgeber dieser Pflicht nicht oder nur unzureichend nach, musst du aufgrund deiner Garantenstellung (hier: Garantenpflicht) dafür rechtlich einstehen. Das ist zum Beispiel der Fall bei etwaigen Ordnungswidrigkeiten oder wenn Straftatbestände aufgedeckt werden.

Faktoren mit einem hohen Gefährdungspotenzial nach § 5 ArbSchG:

  • psychische Belastungen für die Beschäftigten bei der auszuführenden Arbeit bzw. Tätigkeit
  • ungenügende Qualifizierung der Beschäftigten und mangelnde Unterweisung durch Vorgesetzte
  • physikalische, biologische und chemische Einwirkungen auf Arbeitsplätze und damit auf die Gesundheit der Belegschaft
  • belastende Arbeitsabläufe und Arbeitszeiten
  • mitarbeiterunfreundliche Auswahl, Gestaltung und Verwendung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Anlagen, Maschinen, Geräten, Arbeitsmitteln und Arbeitsstoffen

Unterschiedliche Arbeitsorganisationen und Wirkmechanismen als zusätzliche Faktoren

Im Rahmen der bewusst verlangten ganzheitlichen Betrachtung müssen diese Faktoren mit einem hohen Gefährdungspotenzial nach § 5 ArbSchG immer im Zusammenhang mit der jeweils unternehmensspezifischen Arbeitsorganisation sowie in Bezug auf die verschiedenen Wirkmöglichkeiten und -mechanismen gesehen werden.

Das bildet die Grundlage für daraus abzuleitende Gefährdungs- und Belastungsfaktoren. Unterschieden wird hierbei zwischen verschiedenen Formen der Belastung, wie zum Beispiel psychische und mechanische Belastungsfaktoren.

In diesen Fällen muss zwingend eine Gefährdungsbeurteilung erfolgen

Wird eine Stelle erstmals oder neu besetzt, müssen Arbeitgeber gemäß den gesetzlichen Vorschriften eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Diese muss umgesetzt werden, bevor der neue Mitarbeiter seine Tätigkeit beginnt. Zudem wird eine Beurteilung der Gefährdungen immer dann fällig, wenn es zu Veränderungen im Hinblick auf den Arbeitsplatz, die Tätigkeit an sich oder die eingesetzten Arbeitsmittel kommt.

Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung soll für Transparenz sorgen

Neben der Planung, Ausgestaltung und Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung besteht für die Unternehmen gemäß § 6 ArbSchG zudem auch eine Dokumentationspflicht. Die Form gibt der Gesetzgeber dabei allerdings nicht vor. So wird die dokumentierte Beurteilung auch ohne Unterschrift als gültig anerkannt.

Um aber Rechtssicherheit zum Beispiel bei späteren Beanstandungen zu haben, ist es grundsätzlich empfehlenswert, die Dokumentation zu unterschreiben. Außerdem solltest du beachten, dass bei gleichartigen Gefährdungssituationen auch zusammengefasste Angaben seitens der Gesetzgebung zulässig sind.

Im Gegensatz zur Form, sind die Inhalte einer Dokumentation über eine durchgeführte Gefährdungsbeurteilung konkret festgelegt. Demnach muss die Dokumentation im Mindestfall die folgenden drei Hauptschwerpunkte inhaltlich detailliert aufarbeiten und aussagekräftig darstellen:

  • das abschließende Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung
  • die daraus abgeleiteten und festgelegten Maßnahmen für die Verbesserung des Arbeitsschutzes
  • die Ergebnisse der Überprüfung von Wirkung und Effekt entsprechender Maßnahmen

Gezielte Unterteilung in drei große Schwerpunkte

Insgesamt lässt sich der gesamte Vorgang der Gefährdungsbeurteilung in drei Teilprozesse mit jeweils unterschiedlichem prozentualen Zeitbedarf untergliedern. Das stellt sich wie folgt dar:

1. Teilprozess: Planung und Vorbereitung

  • Prüfung der Arbeitsschutzorganisation im Unternehmen
  • Planung des Ablaufs der Gefährdungsbeurteilung
  • Festlegung der Arbeitsbereiche des Unternehmens

Für den ersten Teilprozess fällt ein Zeitbedarf von etwa 30 Prozent an. Die Planung erfolgt in der Regel einmalig für das gesamte Unternehmen beziehungsweise die komplette Organisation.

Gefährdungsbeurteilung: Die wichtigsten Schritte und Vorgaben – Foto: © chokniti – stock.adobe.com

2. Teilprozess: Umsetzung und Durchführung

  • Auswahl der zu überprüfenden Bereiche, Tätigkeiten oder auch Personen
  • Ermittlung der Belastungen und Gefährdungen für die Beschäftigten
  • Bewertung des Risikos
  • Festlegung anvisierter Schutzmaßnahmen
  • Umsetzung der Schutzmaßnahmen
  • Prüfung von Wirksamkeit und Effizienz der umgesetzten Maßnahmen
  • Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung

Für den zweiten Teilprozess muss erfahrungsgemäß ein Zeitbedarf von rund 60 Prozent eingeplant werden. Die Umsetzung beziehungsweise Durchführung des Beurteilungsverfahrens ist dabei zwar ganzheitlich zu betrachten, ist aber für jeden Arbeitsbereich und jede Tätigkeit autark durchzuführen.

3. Teilprozess: Dokumentation

  • Dokumentieren der Ergebnisse hinsichtlich der Gefährdungsbeurteilung
  • Zusammenstellung aller relevanten und mitgeltenden Unterlagen

Für den dritten Teilprozess sind etwa 10 Prozent des gesamten Zeitbedarfs einzuplanen. Wichtig ist hierbei, dass auch tatsächlich alle Aufzeichnungen und Unterlagen gezielt zusammengestellt werden. Dann ist bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt stets eine lückenlose Dokumentation mit allen beweiskräftigen Fakten vorhanden.

Schritt für Schritt: So funktioniert die Gefährdungsbeurteilung in der Praxis

Sobald die Planung und Vorbereitung der Gefährdungsbeurteilung und damit gleichzeitig die Prüfung der Arbeitsschutzorganisation des Unternehmens abgeschlossen sind, legen die Verantwortlichen in der Regel sowohl den Ablauf als auch die Beteiligten der Gefährdungsbeurteilung fest.

Zudem wird das Unternehmen in verschiedene Arbeitsbereiche unterteilt. Erst nachdem diese Aufgaben beziehungsweise Anforderungen erfüllt sind, startet die eigentliche Durchführungsphase. Diese lässt sich in insgesamt sieben Einzelschritte unterteilen. Die einzelnen Schritte bilden dabei einen Kreislauf, der die Gesamtheit eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses abbildet.

Wichtig dabei: Das Durchführen der Gefährdungsbeurteilung wird für alle festgelegten Tätigkeiten und Arbeitsbereiche wiederholt. Wie hoch die Anzahl der entsprechenden Einzelbetrachtungen und der diesbezügliche Detailgrad letztendlich ausfallen, hängt dabei immer von der Spezifikation der betrieblichen Gegebenheiten und Anforderungen ab. Das gilt für alle sieben Schritte im Rahmen der Durchführung.

Schritt 1: Arbeitsbereiche und Tätigkeiten bestimmen

Um die bestmögliche Auswahl von Bereichen, Tätigkeiten und Stelleninhabern unter Berücksichtigung aller beeinflussenden Faktoren zu treffen, arbeiten die Verantwortlichen eng mit den für die verschiedenen Arbeitsbereiche benannten Personen zusammen. Meistens geschieht dies in klar definierten Arbeitsgruppen.

Im Rahmen dieser Zusammenarbeit bereiten die involvierten Personen die jeweils nächsten Schritte vor. So werden hier zum Beispiel Aufgaben verteilt, Termine festgelegt und der frühzeitige Informationstransfer zu den Beschäftigten vor Ort organisiert. Gegebenenfalls müssen zusätzlich bestimmte Analysen erstellt und verschiedene Messungen durchgeführt werden.

Empfehlenswert ist es in diesem Zusammenhang, dass die Arbeitsgruppen bereits vorhandene Daten und Informationen zu Belastungen und Gefährdungen sammeln und entsprechend nutzen.

Diese Daten und Informationen sind im ersten Schritt wichtige Recherchequellen:

  • Berichte und Ausarbeitungen der betrieblichen Arbeitsschutzfachleute
  • Unterlagen und Aufzeichnungen über vorhandene Schutzmaßnahmen
  • Daten und Informationen über psychische Belastungen
  • betriebliche Erlaubnis- und Arbeitsfreigabescheine
  • Betriebs- und Verfahrensanweisungen
  • Messprotokolle und Analyseberichte
  • Sicherheitsdatenblätter von Gefahrstoffen sowie Explosionsschutzdokumente

In manchen Fällen müssen die Strukturen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten zusätzlich konkretisiert werden. So überprüfen die Mitglieder der jeweiligen Arbeitsgruppe zum Beispiel, ob und inwieweit besondere Arbeits- und Prozesssituationen, die nicht zu den standardisierten Abläufen zählen, in die Betrachtung und die Auswahlkriterien einbezogen werden müssen.

Hierbei handelt es sich zum Beispiel um Bereiche wie die Instandhaltung, die Reparatur oder Reinigungsarbeiten und anderen Segmenten, die für eine erhöhte Unfallgefahr sorgen. Sämtliche Informationen und Daten zur Gefährdungsbeurteilung müssen bereits ab dem ersten Schritt der Durchführungsphase gezielt dokumentiert werden.

Diese Fragen muss die Dokumentation des ersten Schritts beantworten:

  • Wer ist für die Gefährdungsbeurteilung verantwortlich?
  • Welche mitgeltenden Unterlagen zur Gefährdungsbeurteilung sind herangezogen worden?
  • Welcher Arbeitsbereich bzw. Arbeitsplatz wird konkret betrachtet?
  • Welche Personen sind in die Durchführung involviert?
Gefährdungsbeurteilung: Die wichtigsten Schritte und Vorgaben – Foto: © SKW – stock.adobe.com

Schritt 2: Ermittlung der Belastungen und Gefährdungen

Die im ersten Schritt ausgewählten Bereiche und Tätigkeiten werden anschließend mithilfe der bereits vorhandenen Informationen auf Gefährdungen und Belastungen untersucht. Dabei sollten sowohl die direkt betroffenen Beschäftigte als auch Sicherheitsbeauftragte einbezogen werden, da beide Gruppen die Belastungen und Gefährdungen im betrieblichen Alltag am besten kennen.

Es stehen mehrere Möglichkeiten respektive Methoden für die Ermittlung von Gefährdungen zur Verfügung. Diesbezüglich infrage kommen zum Beispiel:

  • Begehungen vor Ort
  • Mitarbeiterbefragungen in mündlicher und schriftlicher Form
  • moderierte Workshops
  • Beobachtungsinterviews und Beobachtungsverfahren
  • Ergebnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Das reicht allerdings meistens noch nicht, um daraus konkrete Maßnahmen ableiten und durchführen zu können. Unternehmen nutzen daher oftmals spezifische Analysemethoden, um ein komplettes Bild von der Ist-Situation zu erhalten.

Schritt 3: Bewertung des Risikos

Bei der Risikobewertung ist erst einmal sorgfältig zu prüfen, ob es für die Gefährdung gesetzliche Vorgaben und Regelungen gibt. Auch das jeweilige Regelwerk der Unfallversicherungsträger stellen hier eine gute Informationsquelle dar. Konkret geht es dabei um Aspekte wie beispielsweise Grenzwerte im Fall von Gefahrstoffen oder maximal erlaubte Lärmwerte.

Anhand dieser Vorgaben beurteilen die Prüfer dann die aktuellen Messwerte. Für viele Gefährdungsfaktoren gibt es hier spezifische Verfahren, die vorrangig anzuwenden sind. Für die Bewertung psychischer Belastungen stehen ebenfalls gesicherte, spezifische Verfahren zur Verfügung.

Gibt es dagegen keine gesetzlichen Vorgaben, ermitteln die Verantwortlichen das Risiko und somit auch den Handlungsbedarf mithilfe einer Risikomatrix oder ähnlichen Methoden. Besonders häufig nutzen die Unternehmen hierbei das Ampel-Prinzip, das eine farbliche Unterscheidung des Risikograds ermöglicht. Aus der Charakterisierung des Risikos lässt sich dann der Handlungsbedarf zur Risikominderung ableiten.

Gefährdungsbeurteilung: Die wichtigsten Schritte und Vorgaben – Foto: © industrieblick – stock.adobe.com

Schritt 4: Festlegung der Schutzmaßnahmen

Liegt ein nicht akzeptables Risiko vor, legen die Verantwortlichen die dazu passenden Schutzmaßnahmen zur Reduzierung des Risikos fest. Zu beachten ist dabei auch die Reihenfolge. Dies wird im Arbeitsschutzgesetz konkret gefordert, denn in § 7 ASchG sind die Grundsätze der Gefahrenverhütung festgelegt. Daraus ergibt sich die Rangfolge der Schutzmaßnahmen nach dem STOP-Prinzip:

  1. Substitution: Gefahrenquellen (Gefahrstoffe, Maschinen etc.) werden beseitigt, durch weniger gefährliche bzw. schädliche Alternativen ersetzt oder so „entschärft“, dass von ihnen kein Risiko mehr ausgeht. Ist das nicht möglich, wird die Anwendbarkeit von technischen Schutzmaßnahmen geprüft.
  2. Technische Schutzmaßnahmen: Gefahrenquellen werden durch Schutzeinrichtungen sicher gemacht. Typische Beispiele sind rutschhemmende Bodenbeläge, Schutzgehäuse an Maschinen oder Filteranlagen zum Schutz vor schädlichen Dämpfen. Sind technische Schutzmaßnahmen nicht möglich oder nicht ausreichend, ist zu prüfen, ob organisatorische Schutzmaßnahmen umsetzbar sind.
  3. Organisatorische Schutzmaßnahmen: Diese Schutzmaßnahmen befassen sich mit der räumlichen und zeitlichen Trennung von Gefahrenquellen und Personal. Das kann die Reduzierung der Aufenthaltsdauer in Lärmbereichen oder bei Arbeiten mit hoher Gefahrstoffbelastung sein oder die Trennung von Fuß- und Fahrwegen.

Ein weiterer Aspekt der organisatorischen Schutzmaßnahmen sind sicherheitsorientierte Verhaltensänderungen des Personals. Diese lassen sich unter anderem mit entsprechenden Anweisungen und Sicherheitsunterweisungen erreichen. Wichtig ist, die Belegschaft in jedem Fall für die jeweilige Gefahrenquelle zu sensibilisieren. Die Kennzeichnung mit Warnschildern trägt maßgeblich dazu bei. Dadurch kannst du deine Mitarbeiter auch vor thermischen Gefährdungen schützen. Denn nicht immer ist es möglich, die potenzielle Verbrennungsgefahr abzuwenden, die von heißgewordenen Maschinen- und Anlagenteilen ausgeht.

Sind organisatorische Schutzmaßnahmen ebenfalls nicht möglich oder nicht ausreichend, sind persönliche Schutzmaßnahmen festzulegen.

  • Persönliche Schutzmaßnahmen: Diese Maßnahmen beziehen sich auf die Personenbezogene Schutzausrüstung (PSA). Diese muss optimal an die Anforderungen des jeweiligen Arbeitsplatzes angepasst sein und gleichzeitig ausreichend Bewegungsfreiheit und Tragekomfort bieten – gerade, weil das Anlegen von Schutzausrüstung oftmals zusätzliches Gewicht bedeutet. Bestandteile der persönlichen Schutzmaßnahmen sind zum Beispiel Schutzkleidung, Schutzbrille und Sicherheitshandschuhe.

Schritt 5: Umsetzung der Schutzmaßnahmen

Im fünften Schritt findet dann die eigentliche Umsetzung der konkreten Schutzmaßnahmen beziehungsweise der entsprechenden Optimierungen statt. Mit der Umsetzung der Risikominimierung muss die Unternehmensführung ausschließlich dafür geeignete Personen beauftragen. Denn die ausführenden Personen müssen die Maßnahmen nicht nur konkret und den Vorgaben entsprechend umsetzen, sondern auch gewährleisten, dass dadurch keine neuen Gefährdungen entstehen.

Zudem legen die Verantwortlichen im fünften Schritt die Umsetzungstermine nach Dringlichkeit fest. In der Praxis hat es sich bewährt, Führungskräfte sowie die betroffenen Mitarbeiter bereits in einem frühen Stadium an der Umsetzung der Maßnahmen zu beteiligen. Dies schafft die Basis dafür, dass die Maßnahmen auf Verständnis und Akzeptanz innerhalb der Belegschaft stoßen.

Schritt 6: Prüfung von Wirksamkeit und Effizienz der Schutzmaßnahmen

Ist die Implementierung neuer beziehungsweise verbesserter Schutzmaßnahmen abgeschlossen, gilt es im sechsten Schritt deren Wirksamkeit zu kontrollieren. Es muss diesbezüglich also geprüft werden, ob die durchgeführten Maßnahmen auch tatsächlich wirken. Wichtig ist in diesem Fall, dass das jeweilige Risiko ausschließlich im akzeptablen Bereich liegt. Wird dieses Ziel bzw. diese Vorgabe verfehlt, müssen die verantwortlichen Personen weiterführende Maßnahmen veranlassen.

Welche Methode zur Prüfung von Wirksamkeit und Effizienz der umgesetzten Maßnahmen genutzt wird und wann die Kontrolle explizit erfolgen sollte, ist von Fall zu Fall unterschiedlich.

Prüft ein Unternehmen zum Beispiel die Wirksamkeit von Maßnahmen, die auf technischen Änderungen oder Substitution basieren, ist der beste Zeitpunkt für die Kontrolle häufig bereits direkt nach der Umsetzung. Bei der Prüfung von anderen Maßnahmen, wie etwa im Hinblick auf psychische Belastungen, ist ein derart früher Zeitpunkt dagegen nur wenig sinnvoll. Stattdessen empfiehlt es sich bei einem solchen Szenario zunächst einige Zeit abzuwarten, um die Nachhaltigkeit der Wirkung besser einschätzen zu können.

Schritt 7: Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung

Im letzten Schritt geht es vorzugsweise um die Nachhaltigkeit der Wirkung. Daher soll die Gefährdungsbeurteilung auch regelmäßig kontrolliert und fortgeschrieben werden. Es gibt außerdem bestimmte Situationen und Anlässe, die eine Überarbeitung der Gefährdungsbeurteilung nötig machen.

Typische Szenarien für eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung:

  • Es werden neue Stoffe oder Materialien eingeführt.
  • Das Unternehmen führt neue Arbeitsmittel ein.
  • Arbeits- und Verkehrsbereiche im Unternehmen wurden verändert.
  • Die Geschäftsführung implementiert neue Arbeitsverfahren und Tätigkeitsabläufe.
  • Standards und der Stand der Technik haben sich geändert.
  • Der Gesetzgeber erlässt neue Vorgaben und Richtlinien.
  • Es ist zu Unfällen oder Beinaheunfällen im Umfeld eines Arbeitsplatzes oder in einem bestimmten Unternehmensbereich gekommen.
  • Berufserkrankungen und andere Erkrankungen haben zugenommen.

Sind Aktualisierungen nicht erforderlich, sollten Unternehmen je nach Branche und Größe spätestens alle drei bis fünf Jahre eine Gefährdungsbeurteilung vornehmen. Diese lässt sich zum einen selbst durchführen, kann aber auch outgesourct werden.

Stefanie Walter

Stefanie Walter ist als Beraterin für diverse Unternehmen in den Bereichen Finanz, Management und Marketing tätig. Ihr Fachwissen teilt sie gerne mit kleinen und mittelständischen Betrieben.

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