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In einer rundum vernetzten Welt müssen auch alle im Unternehmen miteinander vernetzt sein – über Ressort- und Hierarchiegrenzen hinweg. Damit das gelingt, braucht es ein kollaboratives Mindset – und eine produktive Zusammenarbeit zwischen Personen und Teams. Doch man muss üben, um zu brillieren.

Spielt doch mal mit eurem Team oder in Gruppen von fünf Personen das Seenot-Spiel:

Ihr fahrt mit einem Schiff über den Atlantik und seid tausend Meilen vom Festland entfernt. Plötzlich tritt ein Notfall ein, das Schiff geht unter. Ihr könnt euch auf ein Rettungsboot retten, ein Ruderboot ohne Motor. Einer hat in der Hosentasche Geldscheine und ein Feuerzeug. Ihr könnt fünfzehn Gegenstände auf das Rettungsboot mitnehmen: eine Angel samt Zubehör – 10 Liter Dieseltreibstoff – eine Harpune – 4 m² Kunststofffolie – ein Moskitonetz – Notrationen (Nahrung) – 5 m Nylonseil – 2 Liter hochprozentigen Rum (80 %) – 2 Kartons Schokolade – Schwimmwesten – Seekarten – einen Sextanten – einen kleinen Spiegel – ein Transistorradio – 20 Liter Trinkwasser.

Die Aufgabe: Bewertet die Wichtigkeit der 15 Gegenstände für das Überleben von 1 (am wichtigsten) bis 15 (am unwichtigsten). Zunächst reiht jeder für sich allein in fünf Minuten von 1 bis 15, wie wichtig ihm die einzelnen Gegenstände erscheinen. Anschließend finden sich die Spieler in ihren Gruppen zusammen und diskutieren ihre Lösungen. Danach einigt sich jede Gruppe auf eine gemeinsame Reihung. Die einzelnen Reihungen werden schließlich mit der Lösung verglichen. Erfahrungsgemäß kommt die gemeinsame Reihung näher an die Lösung als das beste Einzelergebnis. Zudem kommen Gruppen, in denen respektvoll, zuhörend und gleichberechtigt miteinander diskutiert wird, zu besseren Resultaten als Gruppen, in denen einzelne ihre Meinung unbedingt durchsetzen wollen – und auf die Art andere mundtot machen.

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Kollaboration ist ja prima. Aber was, wenn es mal kracht?

Selbst im besten Team herrscht nicht immer eitel Sonnenschein. Manchmal kracht es aus allen Wolken. Die erste Erkenntnis: Konflikte gehören dazu. Wir sollten sie weder totschweigen noch unter den Teppich kehren, sondern einen angemessenen Weg finden, damit umzugehen. Die Überwindung eines Konflikts ist immer ein Fortschritt.

Die zweite Erkenntnis: Ein ernster Konflikt lässt sich nicht virtuell lösen. Er erfordert Präsenz. Körpersprachliche Signale werden am ehesten entschlüsselt, wenn alle Sinne beteiligt sind. Besonders Empathie glückt besser bei räumlicher Nähe. Auch Vertrauen, der Komplexitätsreduzierer par excellence, braucht Präsenz. Hemmschwellen sinken in der Anonymität und mit zunehmender Distanz. Hingegen verändert Nähe und dabei vor allem ein intensiver Augenkontakt das Verhalten der Menschen zum Guten.

Die dritte Erkenntnis: Nicht der Chef ist dazu da, Konflikte zu lösen. Dort, wo zunehmend selbstorganisiert gearbeitet wird, nehmen die Teammitglieder das selbst in die Hand. Sie machen sich, idealerweise unterstützt durch einen Lerncoach, mit Methoden der Konfliktbewältigung vertraut. Ein Vorgehen, das mir dabei besonders gefällt, ist das „konstruktive Schimpfen“ (nach Peter Röhrig).

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Ein Konfliktbewältigungstool: das konstruktive Schimpfen

Kern dieser Intervention – am besten mit einer größeren Teilnehmerzahl – ist ein zehnminütiger Spaziergang in Zweier-Gruppen, bei dem nacheinander beide Personen das ansprechen, was sie stört. Doch nicht die Kontrahenten gehen miteinander spazieren, sondern eher Personen, die sich nicht so gut kennen. Auf dem Hinweg spricht zunächst die erste Person fünf Minuten lang darüber, was sie ärgert oder frustriert, was nicht rund läuft oder sonstwie stört. So redet man sich die Dinge von der Seele.

Wenn es emotional wird, gehört das dazu – doch keiner darf verletzend werden. Die zweite Person unterbricht den Redefluss jedenfalls nicht. Sie hört gut zu. Schweigt das Gegenüber länger als zehn Sekunden, fragt sie ruhig: „Und was noch?“ Nach knapp fünf Minuten bringt sie das Schimpfen behutsam zu Ende, und beide drehen um. Auf dem Rückweg ist die zweite Person selbst dran. Wieder zurück im Besprechungsraum stellen die Gesprächspartner einander die Frage: „Was möchtest du nun erreichen?“

Hat der/die Angesprochene mehr als einen Wunsch, wird gefragt, welcher Wunsch der wichtigste ist. Die Antwort schreibt der, der fragt, auf einen Haftzettel. Wenn alle fertig sind, werden die Post-its an eine Stellwand geklebt und vom jeweiligen Konfliktpartner laut vorgelesen. Keiner trägt seine Wünsche selbst vor. Wieso denn das?

Indem sich eine andere Person den Anliegen widmet und man nicht selbst für die eigenen Wünsche „kämpfen muss“, entsteht eine Atmosphäre des Vertrauens, der gegenseitigen Anteilnahme und Verbundenheit. Die Perspektive verschiebt sich vom Problem zu einem Wunsch nach Verbesserung. Abschließend werden die gelisteten Wünsche in Kleingruppen bearbeitet und einer machbaren Lösung zugeführt. Idealerweise begleitet ein Moderator/Facilitator die gesamte Intervention.

Übrigens: Die Lösung zum Spiel findet ihr hier (Das Seenot- oder NASA-Spiel).

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Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

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