Stelle dir vor dein Chef Eric ruft dich in sein Büro. Er drückt seine Enttäuschung über deine jüngste Leistung und dein fehlendes Engagement aus. Wie würdest du reagieren? Akzeptierst du das Feedback und würdest du dich mehr anstrengen? Würdest du in deinem Büro schmollen und dich nach einem neuen Job umsehen?
Würdest du anders reagieren, wenn dein Chef nicht Eric, sondern Emily heißen würde?
Martin Abel, Professor für Wirtschaftswissenschaften, ging in seiner Forschung genau dieser Frage nach. In der Studie wurden 2.700 ArbeiterInnen online eingestellt, um Quittungen zu transkribieren. Hierbei wurden den Angestellten nach dem Zufallsprinzip männliche oder weibliche Manager zugewiesen und zufällig festgelegt, welche ArbeiterInnen ein positives oder negatives Leistungsfeedback erhielten.
Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl Frauen als auch Männer negativer auf Kritik reagieren, wenn sie von einer Frau kommt.
Die ProbandInnen berichteten, dass die Kritik einer Frau zu einem größeren Rückgang der Arbeitszufriedenheit führte als die Kritik eines Mannes. Die Beschäftigten waren auch in doppelter Hinsicht desinteressiert bezüglich der Zukunft für die Firma, wenn sie von einer weiblichen Chefin kritisiert worden waren.
Dies hat wichtige Auswirkungen auf den Erfolg von Frauen in Führungspositionen. Wenn die Kritik von Frauen in Führungspositionen nicht angenommen wird, können sie weniger effektive Managementstrategien anwenden oder insgesamt weniger Interesse an der Übernahme von Führungspositionen zeigen.
Doch wie steht es um Frauen in Führungspositionen wirklich?
Frauen am Arbeitsplatz
Das Video zeigt die Zahlen in Deutschland auf. In den Vereinigten Staaten von Amerika liegt der Frauenanteil unter den Beschäftigten der S&P 500-Unternehmen bei 45 Prozent. Allerdings stellen sie nur 37 Prozent der ManagerInnen auf der mittleren Ebene, 26 Prozent auf der höheren Ebene und 5 Prozent der GeschäftsführerInnen.
EXTRA: Frauenanteil in der Chefetage: Schleichende Entwicklung
Dies gilt trotz der Tatsache, dass Frauen in den USA die Männer im Bildungsniveau überholt haben. Sie haben in den letzten Jahren auch begonnen, bei Tests zur Führungskompetenz besser abzuschneiden.
Bestehende Studien finden keine eindeutigen Belege für eine geschlechtsspezifische Diskriminierung von Bewerbern für Führungspositionen. Aufgrund methodischer Zwänge konzentrieren sich entsprechende Forschungen in der Regel auf die Einstellung für Positionen auf der Einstiegsebene.
Diskriminierung bei der Beförderung ist viel schwieriger zu untersuchen, da die Arbeitsinteraktionen für Forscher schwieriger zu beobachten sind.
Wie entsteht die Diskriminierung?
Frauen in höheren Führungspositionen werden nicht einfach ignoriert. ArbeitnehmerInnen, die für die Transkription in der Studie eingestellt wurden, haben tatsächlich etwas mehr Zeit damit verbracht, das Feedback von weiblichen Führungskräften zu lesen und darüber nachzudenken.
Auch implizite Vorurteile können nicht erklären, warum MitarbeiterInnen Kritik von Frauen weniger gut aufnehmen. Es ist festzuhalten, dass die ArbeitnehmerInnen in dieser Studie im Durchschnitt eher unbewusst Männer mit Karriere und Frauen mit Familie in Verbindung bringen. Jedoch sagt diese Tendenz nicht voraus, ob sie weibliche Chefs diskriminieren.
EXTRA: Warum nehmen wir Kritik von weiblichen Chefs schlechter an?
Diskriminierung folgt auch nicht aufgrund von mangelnden Engagement der weiblichen Vorgesetzten. ArbeitnehmerInnen, die angaben, dass ihre frühere weibliche Vorgesetzte sehr effektiv war, waren ebenso wahrscheinlich diskriminierend.
Stattdessen scheinen geschlechtsspezifische Erwartungen an den Führungsstil die Ergebnisse zu bestimmen. Andere Studien haben gezeigt, dass ArbeitnehmerInnen dreimal häufiger Lob mit weiblichen Managern und zweimal häufiger Kritik mit männlichen Managern verbinden.
Menschen reagieren negativ, wenn etwas gegen ihre Erwartungen verstößt.
Fallbeispiel: Kritische weibliche Chefs
Es bleibt unklar, inwieweit die Ergebnisse dieser Studie auf traditionellere Arbeitssituationen verallgemeinert werden können. Die Studie wurde im Rahmen der „Gig-Ökonomie“ und anderer Fernarbeitsregelungen durchgeführt, die einen rasch wachsenden Teil der Wirtschaft ausmachen.
Es wurde zudem argumentiert, dass diese Arbeitsplätze mehr Flexibilität bieten und daher besonders Frauen zugute kommen. Die Ergebnisse dieser Studie unterstreichen jedoch zusätzliche Bedenken hinsichtlich der Diskriminierung in der Gig-Wirtschaft aufgrund mangelnder behördlicher Aufsicht und fehlender Schutzmaßnahmen für Chancengleichheit in diesen Berufen.
Was kann getan werden?
Vor kurzem haben einige Firmen damit begonnen, die Diskriminierung von Frauen in Führungspositionen einzudämmen.
Einige haben „Feedback-Coaches“ angestellt, die den MitarbeiterInnen beibringen, sich auf den Inhalt des Feedbacks zu konzentrieren und nicht auf die Identität der Person, die das Feedback gibt. Es gibt auch Belege dafür, dass Informationen von Personen und Vorurteile das Verhalten beeinflussen kann.
Andere Untersuchungen legen nahe, dass die Hervorhebung spezifischer Zeugnisse von Frauen in Führungspositionen – wie positive Beurteilungen oder Referenzschreiben – ein wirksames Mittel sein kann.
Um mit einer hoffnungsvollen Anmerkung zu schließen: Die Diskriminierung weiblicher Chefs in dieser Studie ist bei jüngeren ArbeitnehmerInnen geringer und verschwindet bei den 20-Jährigen. Auch wenn jüngere ArbeitnehmerInnen mit zunehmendem Alter möglicherweise stärker diskriminieren und diskriminiert werden, könnte es sein, dass es sich um einen Generationswechsel handelt.
Dieser Artikel wurde auf Englisch von Martin Abel verfasst und am 17. Oktober 2019 auf theconversation.com veröffentlicht. Wir haben ihn für euch übersetzt, damit wir uns mit unseren Lesern zu relevanten Themen austauschen können.
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