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Was haben 43 namhafte Unternehmen wie Arcandor, Swissair, Saab, Kodak oder Nokia gemeinsam?

Sie waren weltweit erfolgreich, standen stellvertretend für ihre Branche – und sind gescheitert.

Schuld daran waren: der Imperialist, der Nachlässige, der Schurke und der Politisierte.

Wissen schützt vor Scheitern

Natürlich beschreiben diese allzu menschlichen Charaktere nicht die jeweiligen Vorstandsvorsitzenden, unter deren Ägide die Unternehmen vom Markt verschwanden. Sie stehen vielmehr stellvertretend für vier Prozesstypen, die dazu führen, dass erfolgreiche Großunternehmen in voller Blüte scheitern.

Bisher wurde organisatorisches Scheitern entweder als Folge von Trägheit oder aber als eine Art unternehmerischer Extremismus angesehen. Dabei bleiben jedoch die zugrunde liegenden Mechanismen des Scheiterns innerhalb der Unternehmensstrukturen unberücksichtigt. Sieht man sich diese Mechanismen genauer an, entdeckt man vier Prozessmuster, die sich wiederholen. Wenn du sie kennst, kannst du das Überleben deines Unternehmens sichern.

Die vier Archetypen des Scheiterns

1. Der Imperialist

Übermäßige Expansion und dominante Unternehmensführung kennzeichnen den Imperialisten. Dieser Typus steht für den Wandel vom kreativen Unternehmer zum rücksichtslosen Herrscher. Der Imperialist als Prozesstyp, ist gekennzeichnet von autokratischer Führung und organisatorischem Gehorsam. Diese Wesenszüge entstehen durch:

  • Bevormundung der Beschäftigten
  • wenig nachvollziehbare Kontrollmechanismen
  • eine Kultur der Anpassung

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Sie werden verstärkt durch externe Interessenvertreter, die die Unternehmensführung in ihrem hochriskanten Verhalten bestärken. Ohne interne und externe Kontrollen sowie ausgleichende Faktoren geht das Unternehmen einen fatalen Weg der Überdehnung und Fehlanpassung bis hin zum Scheitern.

Beispiele: WorldCom, Parmalat

2. Der Nachlässige

Ganz anders verhält sich der Nachzügler. Dieser Typ steht stellvertretend für den Sturz eines Branchenführers, weil sich das Unternehmen mit seiner ausgeprägten organisatorischen Identität selbst im Weg steht: Radikale Innovationen, die das langfristige Überleben sichern würden, werden unterdrückt. Das bisher gut funktionierende Geschäftsmodell kann deshalb nicht auf die sich verändernden Marktbedingungen angepasst werden. Das Unternehmen ruht sich auf seiner Identität aus und erschöpft schließlich seine Ressourcen, bis ein Scheitern unvermeidlich ist.

Beispiele: Nokia und Kodak

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3. Der Schurke

Eine Metamorphose vom hochangesehenen Unternehmen zum gesellschaftlichen Schurken zeichnet den dritten Typus aus. Kennzeichnend für dieses Unternehmen sind Manager, die riskant und unmoralisch handeln, hemmungsloses Wachstum fördern und damit die Unternehmenskultur zerstören. Durch wiederholt aufgedeckte, fragwürdige Geschäftspraktiken verliert dieses Unternehmen seine Glaubwürdigkeit und schlussendlich die gesellschaftliche Legitimation („License to operate“).

Beispiel: Enron, Fannie Mae

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4. Der Politisierte

Ein aufreibender Stellungskrieg zwischen internen und externen Stakeholdern bringt den Politisierten zu Fall. Die Konflikte binden wichtige Ressourcen und machen das Unternehmen handlungsunfähig. Der politisierte Archetyp veranschaulicht, wie aus einem etablierten Branchenriesen ein gelähmtes Arbeitspferd wird, das nicht in der Lage ist, Widersprüche zwischen Interessengruppen innerhalb und außerhalb des Unternehmens zu lösen. Fred Reid, COO von Delta Airlines, hat diesen Kampf der Fluggesellschaft um ihre Existenz gar als Dschihad bezeichnet.

Beispiel: Delta Airlines, Arcandor

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Warnzeichen erkennen

Natürlich wollen kein Manager und keine Managerin diese Erfahrungen machen oder gar die Ursache dafür sein, dass das eigene Unternehmen scheitert. Gleichzeitig ist es allerdings schwierig, subtile Signale (sogenannte Weak Signals), die zu einer Abwärtsspirale führen können, frühzeitig zu erkennen. Das zeigt das aktuelle Beispiel der Automobilindustrie. Der radikale technologische Wandel weg vom Verbrennungsmotor hin zu Alternativen wie Elektroantrieb macht es für eine ganze Branche überlebenswichtig, das fatale Beharren auf der Unternehmensidentität als Marktführer zu erkennen und zu verändern. Doch nur, wenn du die Merkmale kennst, kannst die Muster und Signale der vier Prozesstypen in deinem Alltag erkennen und durch das aktive Entgegensteuern dem Scheitern deines Unternehmens entgegenwirken.

Prof. Dr. Christoph Seckler

Prof. Dr. Christoph Seckler leitet den Lehrstuhl für Entrepreneurial Strategy an der Business School ESCP Europe Berlin. Er erforscht beispielsweise, wie Menschen, Teams und Organisationen mit Unvorhergesehenem und Unsicherheiten umgehen und wie sie aus Fehlern lernen können. Zudem beschäftigt sich Seckler verstärkt mit dem relativ neuen Forschungsfeld der sogenannten Entrepreneurial Ecosystems. Forschungsaufenthalte führten ihn nach Oxford, Brisbane und Singapur.

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