Skip to main content

Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Das gilt auch für die Arbeitswelt. Konflikte sind unvermeidlich, aber wie man souverän mit ihnen umgeht verrät Business-Coach und Interimsmanager Bernhard Fanger im exklusiven Interview.

Wo lauert Ihrer Meinung nach das größte Konfliktpotenzial in Unternehmen? Und wie beuge ich der Eskalation vor?

Bernhard Fanger: Meine Erfahrung aus nunmehr drei Jahrzehnten als Führungskraft, Unternehmer und Coach ist: Die Auslöser für Konflikte sind zwar überwiegend auf der Sachebene zu finden, die Ursachen aber fast ausschließlich auf der emotionalen und persönlichen Ebene. Ein Beispiel dazu: Herr Meier beschwert sich, dass sich Frau Müller immer in sein Projekt einmischt. Das mag so sein oder nicht, hier kann ein klärendes Gespräch über die Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeiten helfen. Dahinter stecken jedoch oft ganz andere Themen, zum Beispiel dass Meier seine Kompetenz in Frage gestellt sieht und sich von einer Frau nichts sagen lassen will.

Einer Eskalation kann man in der Regel durch klare Strukturen und gut kommunizierte Erwartungen vorbeugen. Auch durch gemeinsame Ziele, Zeit und Wertschätzung für Mitarbeiter. Durch emotionale Sicherheit, wie Google das nennt –also ein Klima, in dem Menschen sich trauen, nachzufragen und Fehler zuzugeben, sich sicher fühlen und zusammenarbeiten. Ohne Angst, sich zu blamieren oder unbeliebt zu machen. Aber eins muss auch klar sein: Wo Menschen zusammenarbeiten, da gibt es Konflikte. Das ist ganz normal. Wichtig ist, wie ich diese Konflikte austrage, und nicht, den Konflikt um jeden Preis zu vermeiden!

EXTRA: Konflikte im Team? So verbesserst du die Zusammenarbeit [+Video]

Angenommen, es kommt tatsächlich zu einem heftigen Streit zwischen Mitarbeitern – wie gehe ich als Führungskraft damit um?

Bernhard Fanger: Höre zu, aber spiele nicht den Richter. Vermeide, von den Kontrahenten auf die jeweilige Seite gezogen zu werden. „Wer hat recht?” und „Wer ist schuld?“ sind wenig zielführende Fragen. Besser ist es, gemeinsam mit den Mitarbeitern nach vorne zu schauen und konstruktive Lösungen einzufordern. Also eher:

  • „Wie können wir das lösen?“
  • „Was kannst du dafür tun?“
  • „Was brauchst du von mir dafür?“

Mitarbeiter werden das am Anfang nicht so gerne hören, denn es spielt die Verantwortung wieder zurück an sie, aber es ist bei weitem besser als die einfache Suche nach einem Schuldigen.

Wenn sich die Konflikte häufen oder sich ähnliche Situationen wiederholen, würde ich nach grundlegenden Ursachen, zum Beispiel in den Abläufen oder der Organisationsstruktur, suchen. Im Extremfall würde ich auch eine Trennung nicht ausschließen, denn es geht am Ende nicht nur um die beiden direkt betroffenen Mitarbeiter. Alle anderen beobachten sehr genau, wie sich der Konflikt entwickelt, und ziehen ihre Schlüsse!

Wie stehen Sie zu Persönlichkeitstests im Konfliktmanagement?

Bernhard Fanger: Persönlichkeitstests sind sehr gut und wichtig, allerdings nicht zur akuten Konfliktlösung. Sie sind eher im Vorfeld, zum Beispiel für ein Teamtraining, geeignet. Wenn es gerade kracht, haben die Mitarbeiter nicht die nötige Entspanntheit, sich auf einen Abgleich der Persönlichkeitsstruktur einzulassen.

Ich arbeite selbst mit dem Reiss Motivation Profile, das die Ausprägung der Grundmotive der Teilnehmer erfasst und auswertet, also zum Beispiel wie stark jemand Unabhängigkeit, Anerkennung oder Struktur braucht. Wenn du diese individuellen Ausprägungen dann im Team übereinanderlegst, gibt es jede Menge Aha-Momente und viel mehr Verständnis und Akzeptanz des jeweils anderen. Die Teilnehmer können dann auch über sich selbst lachen und den Kollegen oder die Kollegin in ihrer Andersartigkeit verstehen und akzeptieren. Einige Konflikte sind somit zukünftig passé.

Lust auf mehr Experten-Wissen?

Neuigkeiten und Insidertipps von Experten

unternehmer.de

unternehmer.de ist das Wissensportal für Fach- und Führungskräfte im Mittelstand, Selbständige, Freiberufler und Existenzgründer.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply