
Warum kämpft Herr Maier häufig mit dem Problem …? Warum gibt es zwischen den Kollegen Müller und Schmitt oft Reibereien? Über solche Themen zu sprechen, fällt den Beteiligten in Unternehmen meist schwer.
Unternehmen nutzen oft Persönlichkeitstests – zum Beispiel, um die Eignung einer Person für eine Position zu checken. Viele Menschen betrachten solche Tests wie den Myers-Briggs-Typenindikator als objektive Analyseinstrumente. Das sind sie jedoch nicht, denn ihrer Konzeption liegen Annahmen zugrunde. Zudem kann kein Test die Persönlichkeit eines Menschen zu 100 Prozent erfassen.
Wie der Einsatz solcher Tests erfolgen kann, sei am Beispiel des DiSG-Persönlichkeitsprofils illustriert. Es geht davon aus:
Jeder Mensch hat Verhaltenspräferenzen.
Die 4 Grundtypen
Dabei lassen sich vier Grundtypen unterscheiden:
Typ D – dominant
Personen, die diesem Typ entsprechen, gelten als entscheidungsstark, durchsetzungsfähig und risikobereit.
Typ I – initiativ
I-Typen gelten als team- und begeisterungsfähig sowie kommunikativ.
Typ S – stetig
Solche Menschen gelten als wert-konservativ. Gewohnheiten vermitteln ihnen Sicherheit.
Typ G – gewissenhaft
G-Typen sind sehr faktenorientiert und streben nach Perfektion.
Eine weitere DiSG-Annahme ist: Die vier Typen stecken in allen Menschen – unterschiedlich stark. Und aus den verschiedenen Ausprägungen ergibt sich das individuelle Profil einer Person.
Ein Praxisbeispiel
Angenommen der Geschäftsführer eines Unternehmens möchte mit einem jungen Mitarbeiter, der gern Führungskraft werden würde, über dessen berufliche Zukunft sprechen. Doch er ist unsicher, ob sich die Nachwuchskraft als Führungskraft eignet. Er weiß jedoch: Wenn ich das mit beobachteten Verhaltensweisen begründe, endet das Gespräch im Chaos. Denn dann erwidert die Nachwuchskraft sofort: „Ja, aber …“. Das heißt, sie rechtfertigt sich.
Anders ist dies, wenn ein Persönlichkeitsprofil vorliegt, das die Verhaltenspräferenzen der Nachwuchskraft beschreibt. Dann kann der Geschäftsführer fragen: „Erkennen Sie sich in dem Profil wieder?“ Der Gesprächseinstieg erfolgt also über ein neutrales Medium.
Deshalb kann die Nachwuchskraft leichter beispielsweise antworten: „Ja, auch ich denke, dass ich technische Probleme gut löse. Eher schwer fällt es mir aber, Menschen zu motivieren.“ Daraufhin kann der Geschäftsführer erwidern: „Das deckt sich mit meinen Beobachtungen. Mir fiel auf, dass …“
Beobachtungen objektiv festhalten
Ein solches Profil erleichtert es also, Verhaltensmuster von Personen, die ihre Wurzeln auch in deren Persönlichkeit haben, zu besprechen – zum Beispiel in Personalentwicklungsgesprächen.
Die fehlende Validierung stellt auch das Hauptanwendungsfeld des DISG-Modells in der Personalentwicklung in Frage: „Weder werden Evaluationen der vielfältigen Trainings berichtet, in denen der Test eingesetzt werden soll (von der Persönlichkeitsentwicklung über Coaching bis zu Führungs- und Verkaufserfolg), noch existiert belastbare Evidenz für die weitreichende Interpretation […] hinsichtlich des Selbstkonzepts. Auch zum Einsatz als Reflexionshilfe fehlen empirische Belege. Solange solche Evidenz nicht vorliegt, kann der Test weder für Entwicklungs- noch für Auswahlzwecke empfohlen werden“.[18]
Eine Typologie ist aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in der Lage, praktische Handlungsempfehlungen zu liefern.[19] Der National Research Council der USA kam bereits im Jahr 1936 zu dem Ergebnis, dass der praktische Nutzen derartiger Typologien in keinem Verhältnis zur Popularität steht – oder wörtlich „the popularity of this instrument in the absence of proven scientific worth is troublesome.“[20] Aus diesem Grund entstand der Trend zur Kompetenzorientierung in der Personalentwicklung.[21]