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Wie gelingt die lange Reise vom ersten Kundenkontakt mit dem Produkt bis zum Kauf – und darüber hinaus idealerweise zu einer langfristigen Bindung? Anne M. Schüller, Businesscoach und Bestsellerautorin, verrät uns im Interview, was eine gelungene Customer Journey heutzutage ausmacht.

Frau Schüller, wie hat sich die Customer Journey in den letzten Jahren entwickelt und wohin geht der Trend?

Anne M. Schüller: Ursprünglich kommt die Customer Journey aus dem E-Commerce. Dort beschreibt sie den Weg des Users beim Surfen über Views und Clicks bis zum Kauf. Bei einer echten Customer Journey jedoch verquickt sich online mit offline. Es müsste also immer die komplette Journey betrachtet werden, was viele Anbieter aber nicht tun, weil sie die Offline-Touchpoints nicht messen können.

Doch es verfälscht das Bild, wenn man nur seinen Metriken folgt. Insofern entsprechen Customer Journeys in vielen Unternehmen gar nicht der Kundenrealität, und sie werden auch nicht aus der Kundenperspektive heraus betrachtet. Man verharrt in Teilansichten und einer Selbstschau. Das führt zu trügerischen Einschätzungen, falschen Rückschlüssen und fehlgeleiteten Investitionen. Zudem gibt es im wahren Leben unzählige verschiedene Customer Journeys. Jeder Kunde reagiert fast bei jedem Kauf anders.

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Selbstverständlich ist eine Kundenreise auch nicht nach dem Kauf zu Ende – damit fängt die Kundenbeziehung vielmehr erst richtig an. All die Erlebnisse beim Ge- oder Verbrauch, die dann zu Wiederkauf und Weiterempfehlungen führen, beginnen überhaupt erst nach einem Ja. Höchst selten folgt der Käufer dabei den vom Anbieter vorgedachten Kanälen, die isoliert und unkoordiniert vor sich hin agieren, oft sogar miteinander konkurrieren.

Die tatsächlichen, kundenindividuellen, abteilungsübergreifend synchronisierten und komplett vernetzten „Mobile-Offline-Online-Customer-Journeys“ müssen Dreh- und Angelpunkt aller Unternehmensaktivitäten sein.

Welche Rolle spielen Soziale Medien für eine erfolgversprechende Customer Journey? Sehen Sie dabei auch Gefahren?

Anne M. Schüller: Social Media ist nur ein Teilaspekt. Denn tatsächlich, also im wahren Leben, verknüpfen die Kunden die virtuelle Welt immer mit der realen. Bevor man am Ende den Kaufen-Knopf klickt, hat man sich zum Beispiel mal schnell mit der besten Freundin bequatscht. Ihr guter Rat gab den entscheidenden Ausschlag – und nicht die Sonderpreisaktion für das Produkt auf Facebook & Co.

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Ein Kunde existiert eben nicht nur digital. Selbst bei reinen Online-Anbietern verquickt er virtuelle mit physischen Touchpoints. Das gleiche müssen also auch die Anbieter tun. Denn Online braucht Offline. Genau das hat etwa der Online-Matratzenversender Casper im Zuge seiner „Casper Nap Tour“ bedacht. Er schickte Trucks voller Schlafkabinen auf Tour, damit Interessenten probeliegen und etwas Ruhe genießen konnten. So schuf das Startup einen erlebbaren Markentouchpoint und eine Brücke zwischen digital und real.

Wie können Unternehmen ihre Customer Touchpoints am besten steuern?

Anne M. Schüller: Dazu gibt es die unterschiedlichsten Vorgehensweisen. Der allererste Schritt ist immer der, zu verstehen, was Kunden wirklich wollen und wie sie im echten Leben handeln. Am besten erspürt man zunächst die Erfahrungen, die Kunden mit einem Unternehmen tatsächlich machen, mal am eigenen Leib. Idealerweise mobilisiert man das Top-Management, selbst auf Kundenreise zu gehen.

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Die Schweizer Bundesbahn (SBB) hat das beispielsweise so gemacht: Ausgewählte Führungskräfte schlüpften in die Rolle des Fahrgasts und absolvierten zehn verschiedene Reisearten – darunter auch das Reisen ohne Fahrausweis und das Reisen mit sperrigem Gepäck. Über ihre Eindrücke und Erlebnisse führten sie Tagebuch. Dies schärfte das Verständnis für die Bedürfnisse echter Kunden. Einige Verbesserungen konnten hiernach sofort umgesetzt werden.

Ein zweiter Tipp: „Kunden beobachten“ ist zielführender als „Kunden befragen“. Mit üblichen Befragungsmethoden, etwa über Fokusgruppen, kommt man meistens nicht weit. Es ist bekannt, dass Menschen, wenn man sie öffentlich interviewt, gern opportunes Verhalten zeigen und auch dem sozialen Einfluss der Gruppe ausgesetzt sind. Beides kann zu verfälschten Ergebnissen führen.

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Zudem sind sich viele Menschen ihrer wahren Beweggründe gar nicht bewusst. Durch Beobachtungen kommt man dem viel eher auf die Spur. Wer zum Beispiel eine App für junge Zielgruppen entwickelt, geht am besten in ein Café, spendiert ein paar jungen Leuten einen Drink, schaut ihnen über die Schulter und lauscht ihren Kommentaren, während sie mit der App hantieren. Da sieht man sofort, was aus Sicht der Zielgruppe funktioniert – und was nicht.

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One Comment

  • Silvi Brunner sagt:

    Das ist ein sehr aufschlussreiches und inspirierendes Interview, liebe Anne M. Schüller. ?? Vielen Dank, dass Sie meine Arbeitgeberin SBB so positiv und prominent erwähnt haben. ?
    Herzliche Grüsse.
    Silvi Brunner

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