Die Herausforderungen im Freelancing sind groß, denn es gibt viele offene Fragen zu beantworten: Wie kalkuliere ich Preise? Wie definiere ich meinen Themenfokus? Wo finde ich Informationen zu Versicherungen und Steuern? Welche Unterstützung bieten Portale oder Plattformen diesbezüglich?
Antworten auf diese Fragen geben die Freelancerin Becky Parsa und Nadja Bayerschmidt, welche als Portalmanagerin bei freelanceXpress arbeitet. In enger Zusammenarbeit mit freelancermap GmbH Geschäftsführer Thomas Maas bringt Nadja Freelancer und Unternehmen erfolgreich zusammen.
1. Liebe Nadja, liebe Becky, die Basis für die erfolgreiche Arbeit als Freelancer ist unter anderem eine ordentliche Kostenaufstellung. Welche Tipps zur Kalkulation der richtigen Preise und eines angemessenen Stundensatzes könnt ihr Neueinsteiger im Freelancing geben?
Antwort Nadja: Wichtig für die Kalkulation des richtigen Stundensatzes finde ich
besonders eine frühzeitige und genaue Auflistung der Ausgaben. Während man sich
natürlich an marktüblichen Preisen orientieren kann, sollte man sich seiner eigenen
Kosten dennoch bewusst sein, um nicht mit Verlusten aus den Aufträgen zu kommen.
Dabei sind sowohl Rücklagen für die eigene Rente relevant wie auch Benzinkosten, um mit dem eigenen Pkw zum Kundentermin zu gelangen. Auch die Zeiten für Urlaub,
Krankheit oder Weiterbildungen sollten einkalkuliert werden, da man in diesem Zeitraum keine Aufträge bearbeiten kann. Natürlich ist diese Liste nicht ganz vollständig, dennoch kann sie ein erster Anhaltspunkt sein.
Antwort Becky: Zu Beginn meiner Selbständigkeit habe ich die Erfahrung gemacht, dass
KollegInnen nicht wirklich gerne mit der Sprache rausrücken, welche Preise sie für
welche Leistungen aufrufen. Und nur die wenigsten TexterInnen haben ihre Preise
transparent auf ihren Websites veröffentlicht. Mit orientieren war also erst einmal nichts.
Glücklicherweise gibt es für meine Branche den Texterclub, der eine Gehalts-Tabelle zur
Verfügung stellt. Anhand von Minimum-, Mittelwert- und Maximum-Werten konnte ich meine Preise dann zum einen für die unterschiedlichsten Leistungen kalkulieren, zum
anderen habe ich dadurch ein Gefühl bekommen, welche Preise marktüblich sind. Sofern für die eigene Branche keine Kostentransparenz besteht, lohnt sich also die Recherche, ob es für die eigene Branche einen Club, Verband oder Ähnliches gibt.
2. Krankenversicherung und Steuern werden bei Freiberuflern nicht vom Arbeitgeber abgewickelt. Welche Ratschläge und Erfahrungswerte habt ihr hier? Welche Themen muss man als Freelancer zusätzlich auf dem Schirm haben?
Antwort Becky: Auch hier hat sich das Infomieren gelohnt: Über die Künstlersozialversicherung werden selbständige KünstlerInnen und PublizistInnen als
Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und
Rentenversicherung einbezogen. Der Vorteil: Als selbständige Texterin trage ich lediglich
die Hälfte meiner Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen, die künstlerische und publizistische Leistungen in Anspruch nehmen, finanziert. Im Grunde wie in einem Angestelltenverhältnis. Das ist eine große Erleichterung. Selbständigen, die nicht in künstlerischen oder publizierenden Berufen tätig sind, rate ich bezüglich der
Krankenversicherung, bei der Frage nach dem voraussichtlichen Monatsumsatz zur
Berechnung des monatlichen Beitragssatzes lieber großzügig zu schätzen, damit nach
Ablauf des Geschäftsjahres keine fiese Nachzahlung ansteht. Was die Steuern angeht, ist
es ratsam, die Umsatzsteuer-Voranmeldung immer fristgerecht einzureichen, um
Verspätungszuschläge zu vermeiden. Je nach Höhe der festgesetzten
Umsatzsteuer-Zahllast kann das sonst ziemlich teuer werden. Zusätzlich kann ich allen
angehenden Selbständigen nur noch ans Herz legen, eine gute Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und sich bei der Entstehung der eigenen
Website ausführlich mit den Themen Impressum, Datenschutz und AGB zu beschäftigen. Es gibt hilfreiche Generatoren – im Zweifel ist es auch sinnvoll, sich zusätzlich Rat bei einer Rechtsvertretung einzuholen.
Antwort Nadja: Wie Becky bereits angesprochen hat, ist die Künstlersozialversicherung
eine gute Möglichkeit sich abzusichern. Ansonsten sind private Rücklagen für die Rente ein nicht zu vernachlässigender Aspekt. Allerdings gilt dies natürlich nicht nur für
FreelancerInnen. Mit den aktuell nicht so hohen staatlichen Rentenzahlungen kann man
private Rücklagen jedem ans Herz legen. Außerdem sollte man neben den bereits
aufgeführten Themen Datenschutz und Co. großen Wert auf eine gute Berufshaftpflicht
legen. Copyrightverletzungen, gebrochene Geheimhaltungspflichten, Schäden durch
Cyberangriffe oder Eigenschäden bei Werbeaufträgen sind nur einige Dinge, die eine
Haftpflichtversicherung abdecken kann.
EXTRA: Wann es sich lohnt, Freelancer zu engagieren
3. Wie können sich Freelancer am geschicktesten über Besonderheiten und Neuigkeiten ihrer Branche, gesetzliche oder steuerliche Vorgaben informieren? Gibt es Portale, Plattformen oder Netzwerke, die ihr empfehlen könnt?
Antwort Nadja: Aktuelle Informationen erhalten FreiberuflerInnen meist über Blogartikel
von Freelancer Plattformen. Aber vor allem auch Corporate Blogs, wie der von unseren
Kooperationspartnern lexoffice, exali oder SimplyFree Academy können dabei helfen, sich
über aktuelle News zu informieren. Wer weniger an Blogartikeln interessiert ist, findet
auch auf Social Media schnell die passenden Informationen.
Antwort Becky: Auf Facebook gibt es für nahezu jede Branche Gruppen, in denen ein
reger Austausch zu den verschiedensten Themen stattfindet. Durch Gastartikel werden so
auch immer Neuigkeiten aus der Branche thematisiert. Hilfreich ist es zudem, auf den
unterschiedlichen Social-Media-Plattformen Seiten wie Haufe und Lexoffice zu abonnieren, die zuverlässig und vor allem verständlich gesetzliche Neuerungen kommunizieren. Eine Alternative hierzu ist es, die entsprechenden Newsletter zu abonnieren. Persönlich habe ich außerdem den Bonus, dass ich viele Jahre in der Steuerbranche gearbeitet habe. So bekomme ich glücklicherweise von meinen FreundInnen noch immer viel mit.
4. Angenommen ich habe als Freelancer Kompetenzen in verschiedenen Bereichen, die auf dem Markt gefragt sind. Wie entwickle ich einen Themenfokus?
Antwort Nadja: Eine der ersten Herausforderungen zu Beginn einer Selbstständigkeit
kann die große Konkurrenz sein. Um aus der Masse an AnbieterInnen herauszustechen, ist es wichtig, die richtige Nische für sich zu finden. Mit der Spezialisierung des eigenen Angebots kann man nicht nur gezielter auf Kundenakquise gehen, sondern man strahlt auch eine gewisse Exklusivität mit besonderem Expertenwissen über die gewählte Branche aus. Dies ist meist automatisch ansprechend für potenzielle NeukundInnen.
Antwort Becky: Da ich in meiner beruflichen Laufbahn als Angestellte schon in den
verschiedensten Branchen gearbeitet habe, fällt es mir leicht, mich in die
unterschiedlichsten Themen reinzufuchsen. Als Texterin habe ich mich deswegen nicht
auf konkrete Branchen eingefahren. Liegt mir etwas auf Anhieb, dann finde ich auch die
richtigen Worte dafür. Dafür hat sich aber bei meinen Services ein Fokus entwickelt: Im
Laufe der Zeit habe ich festgestellt, dass manche Leistungen, im Vergleich zu anderen,
nicht im Verhältnis stehen, was meinen Aufwand betrifft. Und so habe ich mich von ihnen
gelöst und andere wiederum intensiviert. Kein Mensch kann alles wirklich gleich gut. Ich
finde ich es deswegen sehr wichtig, in sich selbst reinzuhören und herauszufinden,
welche der eigenen Kompetenzen die Stärkste ist. Auf diese Kompetenz sollte dann der Fokus gelegt und eine Unique daraus entwickelt werden, um sich von der Masse deutlich abzuheben: Unkonventionell, polarisierend, anders.
5. Zu guter Letzt: Was würdest du heute anders machen als zu Beginn deiner freiberuflichen Tätigkeit, Becky? Was ist dein ultimativer Tipp für Freelancer, Nadja?
Antwort Nadja: Mein ultimativer Tipp ist, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Es ist
wichtig, bei seinen Stundensätzen und seinem Angebot zu bleiben und Vertrauen auf das
eigene Können zu haben. Auch wenn das berufliche Selbstbewusstsein meist erst mit
einer gewissen Berufserfahrung wächst, schadet es nicht, sich bewusst zu machen, dass
die eigene Leistung einen Wert hat. Denn wer einmal die eigene Arbeit unter diesem Wert
anbietet, landet schnell in einer „Preisdumping-Spirale“, aus der man oft schwer wieder herausfindet.
Antwort Becky: Ganz ehrlich? Ich würde nichts anders machen. Perfekt unperfekt zu
starten, ist mein Tipp für alle, die den Mut für die Selbständigkeit haben. Natürlich gibt es Stolpersteine und manchmal ist der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sichtbar. Das
gehört aber dazu. Und genau das macht selbstbewusst. Ich habe mich gerade durch
Höhen und Tiefen ständig weiterentwickelt, mich und meine Prozesse optimiert. Der
Alltag in einer Selbständigkeit zeigt einem immer wieder wahnsinnig viele Optionen auf –
wichtig ist, sie zu nutzen, wenn das Bauchgefühl stimmt. Einfach machen und schauen, was passiert. Wenn`s am Ende nicht die beste Entscheidung war, war es immerhin eine Erfahrung. Das gehört zu den Herausforderungen beim Freelancing.
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Ich checke echt nicht, worum der ganze Stress geht. Ghostwriting ist doch einfach nur 'n Job wie jeder andere.