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Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass Überstunden nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Geld ausgezahlt werden müssen. Nur wenn zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anderes vereinbart ist, kann von dieser Regel abgewichen werden. Denn bei Überstunden tritt der Arbeitnehmer quasi in Vorleistung, so dass es sich hierbei um eine Gegenleistung aus dem Arbeitsverhältnis handelt, die vom Arbeitgeber zu bezahlen ist. Soll anderes gelten, ist es empfehlenswert, möglichst klare Regelungen zu der Überstundenvergütung zu treffen.

Karriere im Unternehmen
Vom Lehrling zum Betriebsleiter hatte sich der Arbeitnehmer einer Schreinerei hochgearbeitet, die auf Innenausbau, Fensterbau etc. spezialisiert war. Als er seine Kündigung einreichte, hatte er 281,5 Überstunden angesammelt, die zusätzlich zu vergüten waren und auch bei der Lohnabrechnung erfasst wurden. Diese forderte er von seinem Arbeitgeber zurück. Aber der weigerte sich und berief sich darauf, dass er die Ehefrau des Betriebsleiters seit einigen Jahren als 400-Euro-Kraft bezahlt hatte, ohne dass sie im Betrieb arbeitete. Die 400 Euro habe er der Frau aufgrund der Unterhaltspflicht des Arbeitnehmers ihr gegenüber bezahlt und mit ihm vereinbart, dass damit alle Überstunden abgegolten sind.

Schwierige Beweislage
Das Gericht musste nun entscheiden, ob dem Arbeitnehmer noch die Vergütung der Überstunden zusteht. Allerdings gestaltete sich die Beweisaufnahme schwierig. Beide Parteien stützten ihr Vorbringen teilweise lediglich auf Schmierzettelnotizen, aus denen die Arbeitsrichter keine stichhaltigen Schlüsse ziehen konnten. Auch Zeugenaussagen konnten nicht weiterhelfen. Die Ehefrau des Betriebsleiters sagte jedoch aus, dass sie keinen eigenen Aufgabenbereich zugewiesen bekommen hatte, sondern ihren Mann bei der Arbeit unterstützt habe, die er nach Hause mitgebracht habe und auch niemand mit ihr über Aufgaben gesprochen hatte, seitdem sie die 400 Euro bezahlt bekam.

Teilweise Abgeltung
Im Prozess konnte der Arbeitgeber nicht nachweisen, dass mit der Bezahlung der Ehefrau gleichzeitig sämtliche, vom Betriebsleiter gemachten Überstunden abgegolten sein sollten. Daher bewerteten die Richter nur einen Teil der Überstunden mit der Bezahlung der Ehefrau als bereits abgegolten. Die Überstunden, die der Betriebsleiter jedoch vor der Einstellung seiner Ehefrau gemacht hatte, waren nach Meinung des Gerichts daher noch vom Arbeitgeber zu vergüten. Der Inhaber der Schreinerei musste daher anteilig noch ca. 4200 Euro an den Arbeitnehmer für die Überstunden zahlen.

anwalt.de-Tipp! Um solche Beweisschwierigkeiten im Streitfall zu vermeiden, ist von einer Zettelwirtschaft bezüglich wesentlicher Inhalte des Arbeitsvertrages abzuraten, etwa zu Gehaltsfragen. Auf der sicheren Seite ist man mit einer klaren, eindeutig formulierten und von beiden unterschriebenen schriftlichen Vereinbarung.
(Landgericht Köln, Urteil v. 24.03.2011, Az.: 7 Sa 481/09)

(Bild: © S_vege – Fotolia.com)

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