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Der Frust über teure Investitionen in eine Digitalisierung mit mageren Ergebnissen sitzt bisweilen tief. Warum das so ist und wie Unternehmen aus Fehlern lernen können, kommentiert Michael Petri, Geschäftsführer und CCO von simple system.

„Erst die Hausaufgaben, dann Big Data!“

Es gibt viele digitale Vorhaben, die kurzerhand zu Leuchtturm-Projekten ausgerufen werden, obwohl sie weder strahlen noch Orientierung geben können. Nahezu jeder Entscheider wollte sie realisieren bzw. vorzeigen und damit beweisen, wie weit und tief die Digitalisierung im eigenen Betrieb schon gekommen ist. Sehr selten jedoch konnte man ein Digitalisierungsprojekt tatsächlich als Leuchtturm bezeichnen. Es ging oft vielmehr um den Showeffekt. Jeder wollte vorpreschen, etwas Neues ausprobieren und Teil der Industrie 4.0 sein – egal in welcher Nische und mit welcher Erfolgsvorstellung und auch egal, ob in Form von KI, einer App oder Big Data im Allgemeinen. Doch Digitalisierung ist ein langer Weg ohne Abkürzungen, der über Jahre hinweg in unspektakulären Schritten konsequent verfolgt werden muss.

Für mich liegt auf der Hand:

Gerade im deutschen Mittelstand haben viele Unternehmen in ihrem Digitalisierungsbestreben den vierten Schritt vor dem ersten gemacht und somit schlichtweg keinen Mehrwert geschaffen.

Reset-Button: Einmal alles auf Anfang, bitte!

Jetzt macht sich im Mittelstand durchaus Frustration breit, weil über Jahre entwickelte (und extrem teure) Digitalisierungsprojekte nicht den erwarteten Erfolg bringen. Natürlich ist die Enttäuschung groß, wenn Unternehmen viel investieren, aber nicht das erreicht wurde, was man sich erhofft hatte. Konsequenterweise stellen sich gerade jetzt viele die Frage: Funktioniert Digitalisierung überhaupt für den deutschen Mittelstand? Absolut. Wenn wir es richtig angehen! Mein Ansatz: Statt überdimensionierter Digitalisierungs-Sahnetorten lieber kleinere, aber im Arbeitsalltag besser verdauliche Brötchen backen. Der erste Schritt ist eigentlich immer der, einfache und klare Geschäftsprozesse zu definieren und digital abzubilden. Das ist zwar unspektakulär, aber essenziell, um Geschäfte überhaupt erfolgreich und messbar digital darstellen zu können.

Meine Empfehlung ist immer, klein anzufangen! Dort nämlich, wo man einen etablierten Prozess verschlanken, digitalisieren und automatisieren kann. RelevanteDaten identifizieren, sinnvoll bündeln, Schnittstellen aufbauen und Prozesse unternehmensübergreifend geschickt verknüpfen – das bringt echten Mehrwert. Eine App, die – nur weil sie es kann – Maschinendaten ausliest, um eine Vorhersage zu treffen, die niemand aufgreift und verarbeitet, ist wie ein Wetterbericht vom Vortag. Sauber digitalisierte Prozesse später dann mit KI oder Big Data weiter zu optimieren, kann ein sinnvoller nächster Schritt sein. Doch oft braucht es gar keine KI, um relevante Daten zu interpretieren, sondern einfach gesunden Menschenverstand.

Geschäftsprozesse digitalisieren – wie langweilig und unspektakulär. Werden jetzt Evangelisten der Digitalisierung müde abwinken? Sollen sie doch! Es geht ja nicht um sie, sondern um den Mittelstand, der handfeste Vorteile bei der Digitalisierung sucht.

Diese Vorteile kann er tatsächlich schnell finden, wenn er das, was er gut kann, mit pragmatischen Digitalisierungsansätzen verfeinert. Denn wer sagt eigentlich, dass man sich immer neu erfinden muss? Und wer will noch dem Mantra folgen, seine Produkte und Dienstleistungen disruptiv zerstören zu müssen, um XY Prozent mehr Umsatz mit einer neuen Software zu erzielen?

Ich appelliere, diese Maxime abzulösen durch gesunden Menschenverstand und ein offenes Ohr für die wirklichen Bedürfnisse der Kunden, die im Berufsalltag nach praktischen Lösungen suchen.

Digitalisierung dabei konsequent und bodenständig für die Verbesserung der eigenen Wertschöpfung zu nutzen, bringt handfeste Vorteile für das eigene Unternehmen und seine Partner. Daher lautet meine Empfehlung, in Sachen Digitalisierung lieber nochmal einen Schritt zurückzugehen, den Reset-Button zu drücken und abgehobene Projekte zu stoppen. Raus aus dem Luftschloss, Ärmel hoch und ran an die Arbeit!

Michael Petri

Seit 2021 verantwortet Michael Petri zusammen mit Sebastian Wiese das operative Geschäft von simple system und leitet als Chief Commercial Officer (CCO) die Business Unit Commercial der gleichnamigen Plattform für indirekte Beschaffung. Schwerpunkt des 36-Jährigen ist die strategische und nachhaltig erfolgreiche Weiterentwicklung des Unternehmens: Unter Petris Führung soll simple system als einfachste digitale Lösung für Beschaffung und Vertrieb im Mittelstand kundenorientiert und ambitioniert wachsen.

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