Dank moderner Technik ist man als Beschäftigter in der Regel nicht mehr an einen festen Arbeitsplatz gebunden. Man kann einen Laptop, ein Smartphone oder Tablet nutzen – egal wo man sich gerade befindet oder wie spät es ist. Aus diesem Grund werden flexible Arbeitszeitmodelle immer beliebter, kann der Chef seine Mitarbeiter doch rund um die Uhr überall erreichen. Der damit verbundene Leistungsdruck und Dauerstress führt beim Angestellten aber nicht selten zu Medikamentenmissbrauch oder dem sogenannten Burn-out. Es stellt sich daher die Frage, ob der Chef von seinen Mitarbeitern tatsächlich die ständige Erreichbarkeit verlangen darf.
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Arbeitszeitrecht beachtet?
Für viele Beschäftigte hört der Arbeitstag nach Büroschluss noch lange nicht auf. Dabei haben sie eigentlich Anspruch auf Freizeit und Erholung. Hierfür soll vorrangig das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) sorgen. Danach hat der Arbeitgeber grundsätzlich zu beachten:
- maximale werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden
- sonn- und feiertägliches Beschäftigungsverbot
- Ruhezeit von elf Stunden
- die Aufzeichnungspflicht gemäß § 16 II ArbZG
Anderenfalls begeht er nach § 22 ArbZG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße von bis zu 15.000 Euro geahndet wird.
Bereitschaftsdienst & Rufbereitschaft
Arbeitgeber sollten in diesem Zusammenhang berücksichtigen, dass auch der Bereitschaftsdienst zur Arbeitszeit gehört. Hierbei verpflichtet sich der Beschäftigte dazu – etwa aufgrund eines Arbeitsvertrags –, sich außerhalb der regulären Arbeitszeit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufzuhalten und auf Abruf anfallende Aufgaben zu erledigen. Sowohl die Wartezeit als auch eventuelle Tätigkeiten hat der Chef also zu vergüten.
Demgegenüber gehört die Rufbereitschaft zur Freizeit – obwohl der Beschäftigte auch hier jederzeit für den Chef erreichbar sein muss, um bei Bedarf tätig zu werden. Der Unterschied zum Bereitschaftsdienst ist jedoch, dass der Mitarbeiter seine arbeitsfreie Zeit frei einteilen kann und entscheiden darf, wo und wie er auf einen Anruf des Chefs „wartet“, z.B. während eines Kinobesuchs oder eines Familienausflugs.
Trotz Rufbereitschaft ist eine Erholung also durchaus möglich, sodass sie nicht der Arbeitszeit zugerechnet wird. Allerdings muss die Freizeit so gestaltet werden, dass etwaige Arbeiten auch erledigt werden können; unter Umständen kann also z.B. Alkoholgenuss während der „Warterei“ vertraglich verboten werden. Die Zeit, in der ein Angestellter auf Abruf tatsächlich für seinen Chef tätig wird, ist als Arbeitszeit zu vergüten.
Freizeitarbeit
Beschäftigte werden häufig mit einem Diensthandy oder einem Laptop ausgestattet, damit sie z. B. am Feierabend oder am Wochenende die dienstlichen E-Mails checken, beruflich veranlasste Anrufe entgegennehmen oder gar stundenlange Telefonkonferenzen führen können. Hat der Chef diese Arbeiten – z. B. aufgrund eines Arbeits- oder Tarifvertrags – wirksam angeordnet, muss der Arbeitnehmer auch in seiner Freizeit die ihm übertragenen Aufgaben erledigen.
Das tatsächliche Tätigwerden wiederum hat der Arbeitgeber – analog zu den Regelungen der Rufbereitschaft – dann zu entlohnen. Dagegen ist z. B. allein die Mitnahme des Diensthandys – das unter Umständen ohnehin auch privat genutzt wird – nicht als Arbeitszeit anzusehen.
Ebenfalls problematisch ist das freiwillige Tätigwerden des Angestellten – denn entweder weiß der Chef davon nichts oder er duldet es. Ob er die Arbeitszeit dann trotzdem vergüten muss bzw. das ArbZG überhaupt gilt, ist höchstrichterlich noch ungeklärt. Es liegt jedoch nahe, dass den Chef zumindest bei Kenntnis und Duldung von Freizeitarbeit seiner Angestellten eine Vergütungspflicht trifft und er die Vorschriften des ArbZG beachten muss. Allerdings hat der Beschäftigte dann zu beweisen, dass der Chef von den Arbeiten in seiner Freizeit wusste.
Arbeiten während des Urlaubs?
Hat der Arbeitgeber seinem Angestellten Urlaub genehmigt, ist er an diese Erklärung in aller Regel gebunden – er darf seinem Beschäftigten dann nicht einfach Arbeiten aufbürden.
Das gilt zumindest für den gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Bei einer Fünftagewoche hat der Beschäftigte somit 20 Urlaubstage, in denen der Chef ihn nicht zur Arbeit heranziehen darf. Zweck des BUrlG ist schließlich die Erholung des Beschäftigten, die jedoch nicht gewährleistet wäre, wenn er während seiner Ferien dennoch schuften müsste. Die mit Arbeiten „vertanen“ Urlaubstage wird der Chef seinem Angestellten daher unter Umständen neu gewähren müssen.
Vertragliche Regelungen zur Erreichbarkeit
Die Erreichbarkeit von Beschäftigten in ihrer Freizeit ist offensichtlich mit vielen Problemen behaftet. Klare Absprachen – etwa in einer Betriebsvereinbarung, einem Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag – sind daher für eine ausgeglichene Work-Life-Balance unerlässlich.
So können nämlich bereits kürzere Tätigkeiten, wie z. B. das E-Mails-Checken oder die Entgegennahme von Anrufen, zur Ansammlung von Überstunden und zu einem Verstoß gegen das ArbZG führen. Es muss daher unter anderem explizit geregelt werden, wann welche Tätigkeit Arbeitszeit nach § 2 I ArbZG darstellt und wie bzw. ob die angesammelten Überstunden zu vergüten sind.
In Bezug auf eine Erreichbarkeit im Urlaub sollte in der betreffenden Regelung ausdrücklich zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und dem weiteren, vom Arbeitgeber freiwillig gewährten Urlaub unterschieden werden. Denn während die Inanspruchnahme eines Beschäftigten während des Mindesturlaubs tabu ist, darf der Chef eine Erreichbarkeit während des zusätzlich gewährten Urlaubs durchaus anordnen.
Übrigens: Sollte im Unternehmen ein Betriebsrat existieren, stehen diesem umfassende Beteiligungsrechte zu. So hat er etwa nach § 87 I Nr. 2 Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht, wenn der Chef Beginn und Ende der Arbeitszeit sowie bestimmte Zeiten der Erreichbarkeit festlegen möchte.
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