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Manchmal geraten wir – beruflich und privat – in Gesprächssituationen, in denen scheinbar nichts mehr geht. Dann ist Humor häufig ein probates Mittel, um die Spannung zu lösen und das Gespräch in neue Bahnen zu lenken. Unter folgender Voraussetzung:

Wir schätzen die Situation richtig ein und wir haben gelernt, Humor gezielt einzusetzen.

„Lachen ist gesund.“ Diese Volksweisheit beherzigen nicht nur Eltern – zum Beispiel, wenn sie versuchen, ihre kranken Kinder mit einer heißen Suppe und lustigen Geschichte aufzuheitern. Dass dieser Sinnspruch einen wahren Kern enthält, das haben zahlreiche wissenschaftliche Studien bewiesen. So soll Lachen:

  • Schmerzen lindern
  • das Immunsystem stärken
  • Heilungsprozesse beschleunigen

Das haben auch viele Mediziner erkannt, weshalb Humor-Kurse für Ärzte und Krankenhaus-Clowns auf Kinderstationen keine Seltenheit mehr sind.

Doch Humor heilt nicht nur, er wirkt auch entkrampfend – zum Beispiel in Gesprächen und Situationen, in denen alles festgefahren scheint. Zum Beispiel, wenn der Lebenspartner sich überfordert fühlt. Oder wenn ein Mitarbeiter oder Kollege in einem Stimmungstief steckt. Oder wenn in einer Beratungssituation ein Klient nur noch frustriert ist.

Denn Humor schafft eine emotionale Distanz zu Problemen und lässt sie in einem anderen, meist helleren Licht erscheinen.

Er löst Erheiterung und somit die Zuversicht aus, die zum Bewältigen von Problemen meist nötig ist. Ein Scherz an der richtigen Stelle kann einen Konflikt entschärfen und neue Perspektiven eröffnen.

Doch Vorsicht! Falsch eingesetzt wirkt Humor destruktiv. Steht zum Beispiel die Beziehung zum Gegenüber auf wackeligen Füßen, wird ein gut gemeinter Scherz schnell als Schadenfreude interpretiert. Ähnlich ist es, wenn eine Person in dunklen Gedanken gefangen ist. Dann wird eine humorvoll gemeinte Aussage oft als Ausdruck mangelnder Empathie empfunden.

Doch wenn die Voraussetzungen stimmen? Dann ist Humor als „Spannungslöser“ sehr wirkungsvoll. Deshalb seien hier einige Methoden vorgestellt, wie du mit ihm schwierige (Gesprächs-)Situationen meisterst.

1. Methode: das Welt- oder Selbstbild sanft karikieren

Eine Technik, die wir im Alltag, bei Freunden und Verwandten, oft intuitiv anwenden, ist das „liebevoll auf die Schippe nehmen“. Hierfür ein Beispiel:

Ein Ehemann jammert seit Tagen, er werde alt und sei immer weniger leistungsfähig. Seine Frau hört ihm zunächst geduldig zu, versucht ihn vom Gegenteil zu überzeugen und bemitleidet ihn – ohne Erfolg. Intuitiv greift sie deshalb irgendwann zur „Medizin Humor“, um sein Selbstmitleid zu stoppen. Als er erneut jammert, erwidert sie augenzwinkernd: „Ich habe mich schon für einen Kurs ‚Pflege von älteren Angehörigen‘ angemeldet, damit ich dich versorgen kann. Außerdem sollten wir einen Rollstuhl besorgen. Vielleicht wäre auch ein Termin bei der Krankenkasse gut, um deine Pflegestufe zu ermitteln.“

In diesem Beispiel steigt die Frau in das Welt- beziehungsweise Selbstbild ihres Ehemanns ein und überzeichnet es sanft – sprich mit einem Augenzwinkern. Dadurch wird ihrem Mann klar, dass sein Selbstmitleid überzogen ist. Er wird wachgerüttelt und denkt über sein Verhalten nach.

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Ein Beispiel aus dem Berufsalltag: Die Bürokauffrau Frau Müller vertraut ihrer Führungskraft an, sie leide darunter, dass sie so gutmütig sei und zu oft vorschnell „Ja“ sage. Und sie habe das Gefühl, ihre Kollegen nutzten dies aus. Immer würden zeitaufwendige Arbeiten bei ihr abgeladen. Hier könnte eine humorvolle Intervention ihres Chefs sein – vorausgesetzt die Beziehung stimmt: „Frau Müller, Ihre Kollegen freuen sich sicher darüber, dass Sie so hilfsbereit sind. Sie sind ja fast so selbstlos wie eine Heilige. Ich möchte Sie jedoch daran erinnern, dass das Leben der Heiligen früher meist grausam endete. Es wäre doch schade, wenn Sie einen Burnout erlitten und …. Deshalb empfehle ich Ihnen, …..“ Eine solche Überzeichnung könnte ein Anstoß für eine Verhaltensänderung sein, so dass Frau Müller nicht stets „Ja, ich mach’s“ sagt.

2. Methode: Negatives umdeuten

Ist ein Glas halb leer oder halb voll? Wie wir eine Situation bewerten, hängt von uns ab. Wir können selbst bestimmen, ob wir sie eher aus einem negativen oder positiven Blickwinkel betrachten. Für fast jede negative Situation gilt:

Wenn wir sie aus einer anderen Perspektive betrachten, erscheint sie in einem anderen Licht.

Ähnlich wie ein Bild, das wir in einen neuen Rahmen stecken: Es wirkt meist anders. Dieses Umdeuten fällt uns in „Krisensituationen“ oft schwer. Denn dann stecken wir in einer Perspektive fest und schaffen es alleine nicht, die Situation neu zu deuten. Also brauchen wir einen Anstoß von außen.

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Ein Beispiel dafür, wie hilfreich ein humorvolles Umdeuten sein kann: Frau Huber, eine 45-jährige Bürokauffrau, ist seit einem Jahr arbeitslos. Sie lässt sich beraten, weil sie gerne wieder als Sekretärin arbeiten möchte. Sie ist total frustriert. Denn sie wird zwar regelmäßig zu Bewerbungsgesprächen eingeladen, doch sie erhält nie eine Jobzusage. Die Atmosphäre in der Beratung wird immer düsterer und schwerer, je länger Frau Huber ihre erlittenen Kränkungen schildert. Und nebenbei klagt sie auch noch darüber, dass sie Single sei und gerne wieder einen Partner hätte.

An diesem Punkt ergreift die Beraterin das Wort und fragt Frau Huber: „Führen Sie die meisten Vorstellungsgespräche mit Männern?“ Diese ist erstaunt über diese Frage, bejaht sie aber. Daraufhin schlägt die Beraterin der perplexen Bürokauffrau vor: „Betrachten Sie die Bewerbungsgespräche doch als ‚Blind Dates‘ im Rahmen Ihrer Partnersuche. Nehmen Sie die Interviewer ebenso unter die Lupe, wie diese es mit Ihnen tun.“ Frau Huber solle zum Beispiel schauen: Trägt mein Gesprächspartner einen Ehering? Hält er beim Sprechen Blickkontakt? Ist er ein sportlicher Typ? Zum ersten Mal in der Beratungsstunde muss Frau Huber herzhaft lachen.

Dieses Umdeuten hat zumindest die Beratungssituation aufgelockert. Vielleicht hat es aber auch eine nachhaltigere Wirkung. Vielleicht denkt Frau Huber im nächsten Bewerbungsgespräch tatsächlich an das Stichwort „Partnersuche“ und geht lockerer und entspannter in das Gespräch. Dadurch verbessert sich ihre Ausstrahlung und ihre Chance auf eine Jobzusage steigt.

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3. Methode: das Problem verschlimmern

Ein weiteres Mittel, um beim Gegenüber festgefahrene Sichtweise zu lockern, sind paradoxe Fragen und Aussagen. Also statt zu fragen „Wie lösen wir das Problem?“ beispielsweise zu fragen: „Wie verstärken wir das Problem?“ Eine solche Intervention löst beim Gegenüber oft eine problemlösende Gegenreaktion aus. Eine Erfahrung, die zum Beispiel auch Eltern oft sammeln: Wer Kinder bittet, mit dem Schreien aufzuhören, wird wahrscheinlich wenig erfolgreich sein. Wer hingegen Kinder auffordert, noch lauter zu schreien, merkt in der Regel bald: Das Schreien verebbt.

Überrasche also in heiklen Situationen dein Gegenüber zuweilen mit scheinbar paradoxen Fragen oder Aufforderungen. Frage zum Beispiel: „Wie schaffen Sie es, noch schlechter zu schlafen?“ Oder: „Was müsstest du tun, damit du endlich einen Burnout erleidest?“ Oder: „Wie erreichen Sie es garantiert, dass Ihr Chef Sie entlässt?“

4. Methode: dem „Gummibaum“ lauschen

Hilfreich für einen Perspektivwechsel sind auch Dissoziationen. Das heißt, sich quasi von außen zu betrachten und sich zu fragen: „Wie sehen mich andere?“ Dadurch wird ein schärferes Bewusstsein für die eigenen Verhaltensweisen erreicht. Dieses bringt wiederum neue Sichtweisen hervor und setzt Reflexionsprozesse in Gang. Das ist wichtig, um festgefügte Denk- und Verhaltensstrukturen aufzubrechen.

Typische Fragen dazu wären: „Was glauben Sie, was Ihr Kollege x denkt, wenn er Sie so aufgebracht sieht?“ Oder: „Was würde Ihr Chef zu diesem Problem sagen?“. Oder: „Was würde Ihnen Ihre Mutter in dieser Situation raten?“

Zu dieser eher ernsten Betrachtungsweise gibt es humorvolle Alternativen. Zum Beispiel: „Was würde mir der Gummibaum in Ihrem Wohnzimmer über die Kommunikation in Ihrer Familie erzählen?“ Oder: „Wie würde Ihre Katze Sie beschreiben?“

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Humor nur sehr selektiv und gezielt einsetzen

Alle vorgenannten Methoden, um einer Person mit Humor eine neue Sichtweise auf ein Problem oder eine Situation zu eröffnen, haben eins gemein: Es ist enorm wichtig, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann sie genutzt oder nicht genutzt werden können. Zudem sollte man selbst ausgeglichen und relaxt sein. Sonst bekommen humorvoll gemeinte Aussagen schnell einen sarkastisch und somit verletzenden Unterton.

Humor in heiklen (Gesprächs-)Situationen als Instrument zum Lösen von Spannungen und Eröffnen neuer Perspektiven zu nutzen, ist eine schmale Gratwanderung. Prüfe deshalb, bevor du dich für den Einsatz dieses Instruments entscheidest, stets:

  • Wie tragfähig ist unsere Beziehung?
  • In welcher mentalen Verfassung ist mein Gegenüber?
  • Was verrät mir seine Körpersprache?

Ist er beispielsweise innerlich kurz vorm „Platzen“, dann solltest du auf Humor verzichten. Ebenso ist es, wenn du spürst, es kostet dein Gegenüber viel Überwindung sich zu öffnen. Entsprechendes gilt, wenn du selbst unsicher bist, ob Humor in der aktuellen Situation ein geeigneter Problem- beziehungsweise Spannungslöser ist. Dann solltest du auf seinen Einsatz verzichten. Denn Humor ist kein einfach zu handhabendes Interventionsinstrument. Aber manchmal – und mit der erforderlichen Übung – ein sehr wirkungsvolles.

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Sabine Prohaska

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmen seminar consult prohaska in Wien und Autorin der Bücher „Coaching in der Praxis" und „Erfolgreich im Training – Praxishandbuch“.

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