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Führungskräfte sollten ihre Mitarbeiter coachen – das wir heute oft gefordert. Im Betriebsalltag heißt dies, den Mitarbeitern ein Ohr schenken und sie anleiten.

Keine andere Funktion in den Unternehmen wurde in den zurückliegenden Jahren ideologisch so überfrachtet wie die Führungsfunktion. Das verdeutlichen bereits die zahlreichen Attribute, die Führungskräften heute zugeschrieben werden. Sie sollen Entrepreneurs sein, also unternehmerisch denken und handeln. Sie sollen Leader sein, also ein Leuchtturm, an dem sich ihre Mitarbeiter orientieren können. Und: Sie sollen Coaches ihrer Mitarbeiter sein, also diese in ihrer Entwicklung und beim Erbringen ihrer Leistung unterstützen.

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Kernaufgabe von Führung: Ergebnisse sicherstellen

In Vergessenheit geriet dabei teilweise, was die Kernaufgabe jeder Führungskraft ist – nämlich sicherzustellen, dass ihr Bereich seinen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens leistet. Dieser Aufgabe ordnen sich alle anderen Führungsaufgaben – auch das Fördern der Mitarbeiter – unter.

Dessen ungeachtet findet man die Aussage „Führungskräfte sollten Coaches ihrer Mitarbeiter sein“ heute in mehr oder minder verklausulierter Form in den Führungsleitlinien fast aller Unternehmen. Entsprechend boomen Seminare, die Führungskräfte für diese Aufgabe qualifizieren sollen. Dabei wird meist jedoch nicht ausreichend reflektiert, dass Führungskräfte stets auch die disziplinarischen Vorgesetzten ihrer Mitarbeiter sind. Sie entscheiden also weitgehend über deren berufliches Fortkommen und haben nicht nur die Macht, sondern auch die Aufgabe unerwünschte Verhaltensweisen von ihnen zu sanktionieren.

Nicht ausreichend bedacht wird zudem, dass die Beziehung Führungskraft-Mitarbeiter in erster Linie eine Zweckbeziehung ist. Das heißt: Fördert eine Führungskraft die Entwicklung eines Mitarbeiters, dann geht es anders als bei einer Vater-Sohn- oder Mutter-Tochter-Beziehung nicht darum, dass der „Sprößling“ sich als Person entwickelt und sein Leben erfolgreich gestalten kann. Ziel ist es vielmehr, dass der Mitarbeiter sich mit seinen Aufgaben in der Organisation identifiziert und diese adäquat wahrnimmt; und zwar kurz-, mittel- und langfristig.

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Anleiten heißt nicht Anweisen

Dieser Rahmen steckt der Coachingfunktion von Führungskräften enge Grenzen. Sie beschränkt sich weitgehend darauf, die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit anzuleiten. Das ist heute aber vielfach verpönt. Denn oft wird Anleiten mit Anweisen gleichgesetzt. Dabei bedeutet Anleiten nicht, anderen Personen Befehle „Tue dies“ und „Tue das“ zu erteilen, sondern ihnen die nötigen Hilfestellungen zu geben – seien diese fachlicher oder mentaler Art.

Ein weiterer Grund für das schlechte Image des Anleitens ist: Es wird weitgehend mit dem Bereich Ausbildung assoziiert. Zu Unrecht, denn was tut ein guter Anleiter? Er gibt seinen Schützlingen nicht die Lösung vor. Er fragt sie vielmehr: „Wie würdet ihr diese Aufgabe angehen?“ Er motiviert sie also, eigene Lösungsvorschläge zu entwerfen. Und zeigt sich dabei, dass sie Unterstützung brauchen, dann gibt er ihnen Hilfestellungen, bevor er sich mit ihnen auf einen Lösungsweg verständigt. Doch damit ist sein Job nicht beendet. Er fragt vielmehr beim Umsetzen immer wieder nach „Gibt es Probleme?“, „Was habt ihr zwischenzeitlich erreicht?“, um bei Bedarf korrigierend und unterstützend einzugreifen. So stellt er sicher, dass seine Schützlinge sowohl Lernprozesse durchlaufen als auch die gewünschten Ergebnisse erzielen.

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Auf das Wesentliche besinnen

Eine solche „Wegbegleitung“ brauchen auch erfahrene Mitarbeiter – vor allem,

  • wenn sie neue Aufgaben übernehmen, mit deren Lösung sie noch keine oder wenig Erfahrung haben, oder
  • wenn sich die Rahmenbedingungen ihres Handelns massiv ändern, so dass sie – allein oder im Team – neue Wege bei Bewältigen ihrer Aufgaben beschreiten müssen.

Denn ansonsten bleibt es weitgehend dem Zufall überlassen, welche Arbeitsergebnisse die Mitarbeiter erzielen. Um nichts anderes geht es, wenn gefordert wird: Führungskräfte sollen ihre Mitarbeiter coachen. Dann heißt dies übersetzt: Führungskräfte leitet eure Mitarbeiter an und bietet ihnen im Alltag die Unterstützung, die sie zum Erfüllen ihrer (aktuellen und künftigen) Aufgaben brauchen.

Dies ist eine klassische Führungsaufgabe. Auf diese sollten sich die Verantwortlichen in den Unternehmen gerade in der aktuellen, von großen Veränderungen und einer sinkenden Planbarkeit geprägten Situation wieder verstärkt besinnen statt stets neue Attribute für ihre Führungskräfte zu erfinden. Denn hiermit tragen sie nicht dazu bei, das Bewusstsein ihrer Führungskräfte für deren Kernaufgabe zu schärfen. Sie sorgen vielmehr dafür, dass diese im Führungsalltag zunehmend den Blick fürs Wesentliche verlieren, und dies ist gerade in Stress-Situationen oft fatal.

Claudia Christ

Claudia Christ arbeitet als Organisationsberaterin und Teamentwicklerin sowie Trainerin und Coach für Profit- und Non-Profit-Organsationen (www.claudiachrist.de). Dabei legt die Diplom-Psychologin ein besonderes Augenmerk auf die Frage: Wie können Organisationen sowie ihre Teams und Mitarbeiter mit den vorhandenen Ressourcen ihre Ziele erreichen?

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