Die Abwrackprämie hat dem Autohandel eine Sonderkonjunktur beschert. Doch nun ist diese ausgelaufen. Also müssen die Händler und ihre Mitarbeiter die Fahrzeuge wieder aktiv verkaufen. Das fällt vielen Verkäufern von Autohäusern schwer – auch, weil sich das Verhalten der Kunden gewandelt hat.
Noch vor wenigen Jahren war es nahezu selbstverständlich, dass Personen, die einen Neuwagen kauften wollten, die nächstgelegenen Autohändler aufsuchten. Dort ließen sie sich die passenden Modelle präsentieren und entschieden sich nach ein, zwei Probefahrten für ein Fahrzeug. Ähnlich war es beim Gebrauchtwagenkauf. Auch hier suchten die Interessenten in der Regel nur eine Handvoll Händler in ihrer Nähe auf. Sie schauten, welche Wagen diese gerade parat hatten, und kauften dann ein Fahrzeug – selbst wenn dieses nicht ihre Lieblingsfarbe hatte.
Denn was wäre die Alternative gewesen? Entweder zu warten, bis ein lokaler Händler zufällig das Wunschfahrzeug im Angebot hat, oder auf große Tournee zu gehen und weiter entfernte Händler abzuklappern.
Anders ist das Kaufverhalten heute. Heute informieren sich die Interessenten in der Regel zunächst via Internet darüber, welche Modelle mit welchen Ausstattungsmerkmalen die Hersteller im Programm haben. Sie prüfen zudem, welche Finanzierungsmöglichkeiten und Serviceleistungen deren Vertragshändler anbieten – überregional.
Ähnlich verhalten sie sich beim Gebrauchtwagenkauf. Auch hier verschaffen sie sich zunächst über Web-Portale wie AutoScout24 eine Marktübersicht. Danach wählen sie einige Wagen, die in Betracht kommen, aus, bevor sie schließlich, häufig zunächst per E-Mail oder Telefon, bei deren Anbietern weitere Infos anfragen.
Mehr Konkurrenz und selbstbewusstere Kunden
Für die Händler hat dieser Wandel des Käuferverhaltens weitreichende Folgen. Sie konkurrieren heute nicht nur mit den regionalen Mitbewerbern, sondern mit Autohändlern bundesweit – teilweise sogar ausländischen Anbietern. Und selbst wenn ein Interessent nicht ernsthaft erwägt, von Berlin nach Rosenheim zu fahren, um dort einen Wagen zu kaufen, so wird er den Berliner Händler dennoch mit dem unschlagbar günstigen Angebot aus Rosenheim konfrontieren.
Also steht der Händler vor der Frage: Kann ich und soll ich mit einem Anbieter konkurrieren, der zum Beispiel aufgrund seines Provinz-Standorts eine viel niedrigere Miete und geringere Löhne zahlt?
Hinzu kommt: Aufgrund ihrer Internetrecherche sind die Interessenten heute oft besser als die Verkäufer über das Angebot im Markt informiert. Entsprechend selbstbewusst treten sie dem Verkaufspersonal gegenüber, und entsprechend schwer fällt es vielen Verkäufern, die Interessenten zur Kaufentscheidung zu führen – zumindest dann, wenn sie nicht bereit sind, auf jeden Kundenwunsch, zum Beispiel hinsichtlich des Preises, einzugehen.
Aus der veränderten Marktsituation resultieren veränderte Anforderungen an die Händler und ihre Mitarbeiter. Unter anderem gewinnt die Frage an Bedeutung: Wie können wir Interessenten, die sich via Internet oder Telefon über unsere Fahrzeuge informieren, dazu bewegen, unsere Niederlassung aufzusuchen? Außerdem die Frage:
- Wie können wir sie zum Kauf motivieren, selbst wenn wir ihnen nicht so günstige Preise wie unsere Mitbewerber in der Provinz bieten können
- und unsere (Gebraucht-)Wagen teilweise andere als die vom Kunden bevorzugten Ausstattungsmerkmale haben?
Mit diesen Fragen haben sich viele Händler nicht ausreichend befasst. Studien zeigen: Den Verkaufsmitarbeitern von Autohäusern ist oft weder bewusst, welche Bedürfnisse und Erwartungen „moderne“ Kunden haben, noch können sie darauf angemessen reagieren. Entsprechend schwer fällt es ihnen, Interessenten zur Kaufentscheidung zu führen.
Interessenten klopfen meist nur einmal an
Ein Grund, warum viele Autohändler der veränderten Marktsituation relativ hilflos gegenüber stehen, ist: Es fällt ihnen schwer, eine persönliche Beziehung zu den potenziellen Kunden aufzubauen. Sie verfügen zwar über eine Website und sind in den Suchmaschinen der gängigen Web-Portale registriert. Stellt ein Kunde aber zum Beispiel per E-Mail eine Anfrage, dann reagieren sie darauf meist sehr spät.
Außerdem beschränken sie sich in der Regel auf das Beantworten der „technischen“ Fragen. Nur ganz selten nutzen sie die Gelegenheit, um selbst aktiv zu werden – zum Beispiel, indem sie den Interessenten zu einer Probefahrt einladen. Oder indem sie ihm ein Alternativmodell vorstellen, dass fahrbereit auf ihrem Gelände steht.
Die Händler nutzen die E-Mail-Schreiben auch selten dazu, Interessenten zu erklären, warum diese sich für sie entschieden sollten – zum Beispiel wegen ihres Meister-Services, ihrer räumlichen Nähe oder ihrer tollen Finanzierungsangebote.
Ähnliches gilt für die Telefonkontakte. Auch diese beschränken sich oft auf eine sachliche Information. Viel zu selten werden sie genutzt, um sich nach den Wünschen und Prioritäten der Kaufinteressenten zu erkundigen, damit ihnen ein individuelles Angebot unterbreitet werden kann. Zum Beispiel in der Form:
- „Wenn Sie ein geräumiges und sicheres Familienauto zu einem günstigen Preis suchen, dann hätte ich ein interessanteres Angebot: einen ….. , Baujahr … Sollen wir eine Probefahrt vereinbaren?“
Auch am Telefon verpassen viele Händler die Chance, für sich und ihre Fahrzeuge zu werben.
Optisch glänzen und persönlich informieren
Besucht ein Interessent die Niederlassung eines Händlers, dann wird sein erster Eindruck – außer durch die Begrüßung durch das Personal – vor allem durch die Präsentation der Wagen auf der Verkaufsfläche bestimmt. Deren Bedeutung unterschätzen viele Autohändler. Sie machen sich nicht ausreichend bewusst, dass der Interessent sich noch lange nicht für eines ihrer Fahrzeuge entschieden hat, wenn er zu ihnen kommt. Noch konkurrieren diese mit vielen anderen Angeboten.
Der Händler hat jedoch einen Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern: Der Kunde ist bereits auf seinem Gelände beziehungsweise in seinem Autohaus. Also kann er im Gegensatz zu seinen Konkurrenten daraufhin arbeiten, dass der Interessent eine emotionale Beziehung zu ihm und einem seiner Fahrzeuge aufbaut. Diese Chance muss er nutzen.
Schon deshalb sollten die Autos bestmöglich präsentiert werden. Doch dies allein reicht nicht, damit der Interessent eine emotionale Beziehung zu einem Fahrzeug entwickelt. Für ihn ist dieses zunächst ein „toter“ Gegenstand. Also muss der Verkäufer ihn zum Leben erwecken. Eine Voraussetzung hierfür ist: Der Verkäufer muss zunächst erkunden,
- was dem Kunden beim Autokauf wichtig ist,
- von welchen Kriterien er sich folglich bei seiner Kaufentscheidung leiten lässt und
- warum er ein bestimmtes Fahrzeug bevorzugt.
Erst dann kann er das Fahrzeug dem Interessenten so präsentieren, dass bei diesem das Gefühl entsteht: „Genau diesen Wagen muss ich haben.“
Um dieses Ziel zu erreichen, sollte der Verkäufer dem Interessent nicht nur erzählen, mit welchem technischen Schnickschnack das Fahrzeug ausgestattet ist – zum Beispiel einer Einparkhilfe. Vielmehr sollte er die Infos auf den Kunden beziehen – etwa mit Sätzen wie:
- „Wenn Sie in der Stadt in eine enge Parklücke einparken wollen und Ihnen zugleich Ihre Kinder auf der Rückbank teilweise die Sicht versperren, ist die Einparkhilfe eine echte Erleichterung.“
Der Kaufinteressent sollte auch eigene Erfahrungen mit dem Wagen machen. Zum Beispiel, indem er sich ins Fahrzeug setzt, die Sitze verstellt, das Radio einschaltet und den Bordcomputer bedient. Denn erst über das Anfassen baut er eine Beziehung zum Fahrzeug auf – und vergisst allmählich die Konkurrenzangebote, die er beim Betreten der Niederlassung noch im Hinterkopf hatte.
Überzeugen statt feilschen
Das heißt nicht, dass der Noch-nicht-Kunde nun ohne Weiteres den Kaufvertrag unterschreibt. Selbst wenn er sich emotional bereits für das Fahrzeug entschieden hat, wird er zum Verkäufer sagen: „Der Wagen gefällt mir ja. Aber der Händler xy in Rosenheim bietet ein ähnliches Fahrzeug 800 Euro billiger an.“ Viele Verkäufer geraten nach einer solchen Aussage ins Schlingern.
Dabei ist sie ein positives Signal. Sie zeigt: Der Kunde hat ernsthaftes Interesse. Nun braucht der Verkäufer Argumente, um den höheren Preis zu begründen. Diese kann er nicht aus dem Ärmel schütteln. Also müssen die Argumente vorab mit dem Verkaufspersonal entwickelt werden. Das geschieht bei vielen Händlern offensichtlich nicht.
Ansonsten würden mehr Verkäufer in dieser Phase des Verkaufsgesprächs beispielsweise gelassen erwidern:
- „Ich glaube Ihnen gerne, dass dieser Wagen etwas teurer ist. Dafür hat er eine Einparkhilfe, die …. Außerdem verfügt er ….. Und ein weiterer Vorteil, wenn Sie das Fahrzeug bei uns kaufen, ist: Falls mal Probleme auftauchen sollten, sind Sie in zehn Minuten bei uns. Nach Rosenheim fahren Sie …“
Hat der Verkäufer eine solche Argumentationskette parat, relativiert sich für die Interessenten der Preisunterschied meist schnell. Erhalten sie dann noch einen minimalen Preisnachlass und ein Paar Fußmatten gratis, haben sie das Gefühl „Ich habe gut verhandelt“ und willigen in der Regel in das Geschäft ein.
Das Erreichen des Ziels „Vertragsabschluss“ setzt voraus, dass der Verkäufer in der Lage ist,
- die Bedürfnisse der Kunden zu erkunden,
- zu ihnen eine Beziehung aufzubauen und
- ihr Verhältnis zum angebotenen Fahrzeug zu emotionalisieren.
Hierbei handelt es sich um einen Prozess, bei dem weniger das technische Know-how als vielmehr das Gespür für den Kunden über den Erfolg entscheidet. Inwieweit ein Verkäufer über diese Kompetenz verfügt, lässt sich aber – anders als sein Fachwissen – nicht mit einem Fragebogen ermitteln. Hierfür muss man das Verhalten der Verkäufer im Kundenkontakt beobachten, und dieses, sofern sich Defizite zeigen, gezielt trainieren.
(Bild: © ExQuisine – Fotolia.com)
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