Nicht nur Gründer und StartUps stehen vor der Entscheidung, zu welchen Preisen sie ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten wollen, auch etablierte Unternehmen sind mit dieser Frage immer wieder konfrontiert. Sie ist von zentraler Bedeutung in der Firmenplanung und entscheidend für den Erfolg eines Produkts. Potentielle Kunden haben in Zeiten des Internets unzählige Möglichkeiten, Preise zu vergleichen und die besten Konditionen zu finden. Für Konsumenten ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum mündigen Verbraucher, Unternehmen aber stellt es vor gewaltige Herausforderungen. Ich möchte Ihnen deshalb heute zeigen, wie Sie den richtigen Preis für Ihr Produkt finden und welche Faktoren es dabei zu beachten gilt.
Der Homo oeconomicus – ein Modell ohne Aussagekraft
Seit Jahrzehnten lernen Schüler und Studenten die Mär vom „Homo oeconomicus“, vom rational denkenden und faktisch allwissenden Menschen. Um zu erkennen, wie wenig dies mit der Realität zu tun hat, muss man kein Unternehmer sein. So denkt kein Mensch ausschließlich rational, vielmehr spielen beim Kauf von Produkten Emotionen sogar eine überaus wichtige Rolle. Auch haben weder Unternehmen noch Privatkunden den gesamten Markt im Blick. Niemand ist in der Lage, alle Angebote zu erfassen und daraus dann Rückschlüsse auf einen angemessenen Preis zu ziehen.
In der wissenschaftlichen Betrachtung mag der Homo oeconomicus also eine durchaus tragende Rolle spielen, für die praktische Unternehmensplanung ist dieses Denkmodell aber nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Wir müssen uns also an anderen Fixpunkten orientieren und um herauszufinden, welche das sind, nehmen wir die Sichtweise eines Interessenten ein.
Angemessen oder nicht? Wie Interessenten über Preise urteilen
Sie wie ich vergleichen Preise, Sie wie ich sind nicht nur Unternehmer, sondern eben auch Konsumenten. Und aus diesem Grund fällt es gar nicht so schwer, die Sichtweise zu wechseln. Drei Anhaltspunkte spielen dabei eine Rolle:
1. Der Vergleich von Preisen
Vergleiche sind die geläufigste Methode, mit der Interessenten über Preise urteilen. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Lassen Sie uns dies an einem einfachen Beispiel festmachen: Nehmen wir einmal an, Herr Mustermann möchte eine neue Webseite für seine Firma erstellen lassen. Nun holt er Angebote verschiedener Dienstleister ein, auch von Ihnen. Sie empfehlen eine WordPress-Seite und veranschlagen hierfür rund 700 €. Ihr Konkurrent legt Herrn Mustermann eine Joomla-basierte Internetseite ans Herz und schätzt die Kosten auf 500 €. Was glauben Sie, wer den Zuschlag erhält? Gerade bei technischen Sachverhalten sehen Laien oftmals nur den Preis, die qualitativen Unterschiede nehmen sie nicht wahr. Eigentlich können Sie die beiden Angebote aus unserem Beispiel nicht vergleichen, sie basieren auf verschiedenen Grundlagen. Dennoch wird Herr Mustermann genau das tun und deshalb können Vergleiche für Sie gefährlich sein. Sich daran orientieren, müssen Sie aber trotzdem.
2. Die Erwartung
Nicht immer sind Vergleiche möglich. Handelt es sich um einzigartige Produkte und Dienstleistungen, dann sind Interessenten auf eine andere Methode angewiesen, dann machen sie die Preiseinschätzung von ihren individuellen Erwartungen abhängig. Dabei können ganz unterschiedliche Faktoren eine Rolle spielen: Wie lange werden Sie für die Erstellung der Webseite wohl benötigen? Was wäre ein angemessener Stundenlohn? Welche Kosten entstehen Ihnen? All das sind Fragen, die Ihren Preis beurteilbar machen sollen. Sie ahnen es schon: Auch diese Methode ist alles andere als genau. Nicht jeder Interessent kann wirklich abschätzen, wie lange Sie beispielsweise für die Fertigstellung eines Projekts benötigen.
3. Vergangene Erfahrungen
Ähnlich verhält es sich auch mit unserem nächsten Punkt: vergangene Erfahrungen. Kann Ihr Interessent weder auf Vergleiche noch auf Erwartungen zurückgreifen, dann bedient er sich seines Erfahrungsschatzes. Dabei können selbst nichtige Faktoren verkaufsentscheidend werden: Wie groß ist Ihr Büro? Wie sind Sie angezogen? Wie aufwändig ist Ihre Webseite gestaltet? Das sind Fragen, die Ihr Interessent vielleicht nur unterbewusst abwägt, die sich aber auf seine grundsätzliche Haltung Ihnen gegenüber auswirken. Vielleicht hat er das letzte Mal einen vollkommen überzogenen Preis zu hören bekommen, als er in einem ähnlich eingerichteten Büro gesessen hat. Diese Faktoren können Sie nicht wirklich beeinflussen, Sie sollten Sie aber dennoch im Hinterkopf behalten.
Ahnungslose Interessenten – der Albtraum eines Unternehmens
So mancher Firmenlenker reibt sich die Hände, wenn er darüber nachdenkt, dass seine Interessenten hinsichtlich des Preises völlig ahnungslos sind. Dieser vermeintliche Vorteil entpuppt sich aber sehr schnell als gigantische Hürde beim Verkauf Ihrer Produkte. Versetzen Sie sich einfach erneut in die Lage Ihres Interessenten: Sie surfen vielleicht auf einer Webseite, die Produkte interessieren Sie, aber so richtig einschätzen, was da preislich auf Sie zukommt, das können Sie nicht. Sie setzen die Kosten womöglich viel zu hoch an und verlieren deshalb schnell das Interesse.
Das Unternehmen auf der anderen Seite kann auf Ihre Bedenken gar nicht reagieren, denn Sie werden in aller Regel gar keinen Kontakt suchen – das Angebot können Sie ja eh nicht bezahlen. Ob dem wirklich so ist, oder ob die Produkte nicht sehr viel erschwinglicher sind, als Sie denken, das werden Sie in diesem Fall nie erfahren. Das macht falsche Preisvorstellungen so gefährlich und genau deshalb sollten Sie sich bei Ihrer Preisgestaltung unbedingt an den Vorstellungen, Erfahrungen und Erwartungen Ihrer Interessenten orientieren – parallel zu fundierten Kalkulationen natürlich.
Im nächsten Artikel hier auf unternehmer.de möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie die Hürde falscher Preisvorstellungen beseitigen und so neue Interessenten finden können. Außerdem möchte ich Ihnen dann noch einige Tricks vorstellen, die es bei der Preisgestaltung zusätzlich zu beachten gilt. Sie dürfen sich also auf neue spannende Inhalte freuen.
Weitere Artikel dieser Serie:
PreSales Marketing (Teil I) – Das effektive Marketingkonzept
PreSales Marketing (Teil II) – So etablieren Sie sich als Experte
PreSales Marketing (Teil III) – So finden Sie neue Kontakte
PreSales Marketing (Teil IV) – So pflegen Sie Ihre Beziehungen
PreSales Marketing (Teil V) – Die richtige Organisation
PreSales Marketing (Teil VI) – So automatisieren Sie Ihre Marketingaktivitäten
PreSales Marketing (Teil VII) – So machen Sie aus Interessenten Kunden
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