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Selbständig als Berater: Sich rechtzeitig neu positionieren!

Im ersten Teil des Artikels wurde bereits die Frage gestellt, ob ältere Berater durch ihre Erfahrung eher punkten oder in der immer gleichen Routine versinken und wenig Neues zu bieten haben.

Betrachten wir nun die erfahrungsreichen Trainer etwas genauer.

Geringe Bereitschaft zur Selbstreflektion

Mit solchen Trainern zusammenzuarbeiten ist (nicht nur) für Marketingberater unerquicklich – aus mehreren Gründen.

  1. Sie sind in der Regel felsenfest davon überzeugt: Ich bin ein sehr guter Trainer. Schließlich habe ich 15, 20 Jahre Trainingserfahrung. Ihre Bereitschaft zur Selbstreflexion ist gering und meist auch ihre Bereitschaft, sich selbstkritisch zu fragen: Warum trennen sich dann Kunden von mir?
  2. Als „etablierte Trainer“ gehen sie selbstverständlich davon aus, dass ihnen auch Neukunden die 1500, 1800 oder gar 2000 Euro bezahlen, die sie in den zurückliegenden Jahren von ihren (ehemaligen) Stammkunden bekamen.
  3. Da sie jahrelang von einer Handvoll Stammkunden lebten (beziehungsweise sich auf ihnen ausruhten) und kaum Marketing betrieben, ist ihr Bekanntheitsgrad im Markt eher niedrig und ihre Marketingkompetenz gering. Das bedeutet: Faktisch steht man bei ihrer Vermarktung vor denselben Herausforderungen wie bei „Newcomern“ im Markt – was besagte Trainer als „etablierte Trainer mit einem Tagessatz von 1800 Euro“, aber nur selten wahrhaben wollen.
  4. Da ihre Stammkunden in den zurückliegenden Jahren ihre Aufträge sozusagen Jahr für Jahr fortschrieben, sind sie es nicht mehr gewohnt zu akquirieren. Sie sind vielfach auch nicht bereit, viel Zeit (und/oder Geld) in ihr Marketing zu investieren – schließlich ging es früher ja auch ohne. Als (ehemals erfolgsverwöhnte) Trainer sind sie nicht mehr – wie manch junger, noch erfolgshungriger Trainer – bereit, sich drastisch formuliert „den Arsch aufzureißen“, um neue Kunden zu erobern.

Dabei müssten sie dies tun. Denn besagte Trainer sind zumeist keine Oldies. Sie sind knapp 50 Jahre alt. Also müssen sie, sofern sie ihre Schäfchen noch nicht im Trockenen haben, noch circa 10, 15 Jahre ihren Lebensunterhalt mit Training oder ähnlichen Dienstleistungen bestreiten. Also sollten sie sich auf den Hosenboden setzen und …. Das tun viele nicht. Lieber geben sie sich, da sie zuweilen auch trainingsmüde sind, Tagträumen hin.

Weniger träumen, mehr arbeiten

Ein typischer Trainer-Tagtraum vor 15, 20 Jahren war: Ich gründe ein eigenes Trainings- und Tagungszentrum, damit ich nicht mehr so viel reisen muss. Künftig sollen die Kunden zu mir kommen. Fast alle Trainer, die versuchten, diesen Traum zu realisieren, sind gescheitert. Heute lautet der typische Tagtraum: Ich werde Speaker. Oder: Ich werde Executive Coach. Oder: Ich biete künftig Aus- und Weiterbildungen für Trainer und Berater an (dann muss ich weniger reisen).

Dass diese Tagträume meist Träume bleiben, liegt weniger daran, dass sie – wie der Tagtraum vom regelmäßigen Abspulen eines Standardvortrags leben zu können – zumeist unrealistisch sind. Entscheidender ist: Manch Trainer übersieht, dass es sich beim Versuch, den Tagtraum zu realisieren, faktisch um eine Neupositionierung handelt. Deshalb bedarf es zunächst einiger Jahre harter Arbeit, um diesen zu realisieren.

Keine Frage: Trainer müssen tagträumen. Oder anders formuliert, sie sollten eine Vision entwickeln: Wie will ich in 5, 10 oder gar 15 Jahren leben? Und: Womit will ich dann mein Geld verdienen? Denn im Trainingsgeschäft gilt ähnlich wie im Showbusiness: Die Rolle des jugendlichen Liebhabers kann man nicht ewig spielen. Und bei gewissen Themen haben die Unternehmen lieber „etwas Junges“ auf der Bühne.

Hinzu kommt: In jedem von uns tickt die biologische Uhr – weshalb sich ja die firmeninternen Personalentwickler den Kopf über solche Themen wie „demografischer Wandel“ und „lebenszyklusorientierte Personalentwicklung“ zerbrechen. Dasselbe gilt für Trainer und Berater. Auch ihre Bedürfnisse wandeln sich im Laufe der Jahre, weshalb sie auch für andere Dinge „brennen“. Welche dies sind beziehungsweise sein könnten, das sollten sich Trainer frühzeitig fragen – nicht erst, wenn ihnen die ersten Kunden den Laufpass geben. Denn dann bleibt ihnen noch ausreichend Zeit, ihre Vision zu realisieren. Sie sollten sozusagen für sich selbst eine „lebenszyklusorientierte Personalentwicklung“ betreiben – denn diese Aufgabe nimmt ihnen, anders als manch Angestellten, kein firmeninterner Personalentwickler ab.

* Die Begriffe Trainer und Berater werden im weiteren Text weitgehend synonym benutzt.

(Bild: © pressmaster – Fotolia.de)

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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