Skip to main content

Mit dem fünften Teil der Serie haben wir den ersten großen Schritt hinter uns gebracht – den gesamten inneren Anteil Ihrer Persönlichkeit am Verhandlungserfolg bearbeitet. Je genauer Sie sich und Ihre Verhaltensweisen kennen – und vor allem situationsgerecht einsetzen können – je klarer Sie Ihre Fähigkeiten im Sinne von Werkzeug einsetzen können, umso leichter wird sich der Verhandlungserfolg einstellen.

Wenden wir uns nun dem Thema der Verhandlungsgliederung zu. Was ist damit gemeint? Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Schulaufsätze – und den bekannten Dreiklang Einleitung, Hauptteil und Schluss? Die Akzeptanz dieses Gliederungsvorschlags und ihr sachlogischer Aufbau haben Ihnen geholfen, Ihre Gedanken zu ordnen und den jeweiligen Bereich so zu füllen, dass Ihre Argumente für Dritte (möglichst) schlüssig und nachvollziehbar sind.

Bewährtes Gliederungsmuster nutzen

Jede Verhandlung lässt sich natürlich ebenso in zeitliche Phasen einteilen. Dabei konkurrieren verschiedene Gliederungsvorschläge und man ist wieder einmal gezwungen, sich festzulegen. Es gibt leider nicht DEN richtigen Ansatz, sondern nur mehr oder weniger effektive Vorgehensweisen. Nutzen Sie deshalb zunächst ein bewährtes Muster und stellen ihre eigenen Versuche zur Gliederung erst einmal zurück.

Ich folge im Wesentlichen der von Kunkel, Bräutigam und Hatzelmann [Verhandeln nach Drehbuch, S. 14 ff] vorgelegten Gliederung. Keine verwirrende Differenzierung durch zu klein geschnittene Phasen und auch nicht zu grob gesetzte Bereiche zeichne diesen von mir favorisierten Ansatz aus.

Sie befürchten, eine (zu) starre Gliederung schränkt Sie im kraftvollen und spontanen Argumentationsaustausch ein oder begrenzt gar Ihre Handlungsmöglichkeiten? Das Gegenteil ist der Fall! Sie werden klarer wahrgenommen, weil:

  • Sie eben nicht – wie so viele – ständig inhaltlich hin und her springen,
  • die inhaltliche Festlegung der Phasen (Gehört das hierher?) sie vor unbedachten Äußerungen schützt und
  • Sie als vorbereitet und zielgerichtet empfunden werden

Außerdem verstärken Sie die Ihre Wirkung auf die andere Seite, weil:

  • die Phasengliederung Ihnen die Verfolgung der Verhandlung deutlich erleichtert,
  • sich Ihre Spontaneität nun innerhalb der Phasen wirkmächtiger entfalten kann und
  • sich Ihre durch die Vorüberlegungen gewonnene Sicherheit auf die andere Seite überträgt.

Überzeugt? Für die noch schwankende Minderheit ein Kompromissvorschlag – einfach mal ausprobieren. Sie können aus den Stellen, an denen Ihre spontane Reaktion mit den Phaseninhalten kollidiert, eine Menge über sich lernen. Kleines Beispiel im Vorgriff? Sie gehen ohne Gliederungsabsicht in die Verhandlung und lassen die Begrüßung nach quälend langen 10 Minuten ausklingen. Schließlich sind sie ja nicht zum Spaß hier und erinnern die andere Seite an das eigentliche Ziel des Treffens. Außerdem haben Sie auch nicht alle Zeit der Welt und brennen schon darauf, der anderen Seite mal ein paar knackige Argumente im wahrsten Sinne vorzuwerfen.

Begrüßungsphase nutzen

Der „Überzeugte“ macht es total anders. Er freut sich über die Gelegenheit, zunächst mal außerhalb der Verhandlungszone im neutralen Vorfeld etwas über seinen Partner zu erfahren und hat sich für diesen Zweck auch vorbereitet. Er kennt mindestens ein Hobby des Gegenübers, weiß um den Wohnsitz, den Ausbildungsgang oder mindestens die Richtung und was Kollegen oder das Internet sonst noch an Persönlichem hergeben. Tabu sind Politik und Religion, das zur Not bemühte Wetter etwas abgegriffen, Urlaub immer wieder gern.

Auf dieser Grundlage beginnt der „Überzeugte“ ein munteres Gespräch, bis – ohne Wenn und Aber – das Gegenüber die Nerven verliert und anfangen möchte. Damit hat der „Überzeugte“ folgendes erreicht:

  • Er hat unvermeidlichen Anfangsstress aller Beteiligten wirksam abgebaut.
  • Er hat die Beziehungssicherheit (Wie ist der Andere drauf? Wie reagiert er?) maximiert.
  • Er hat die Kommunikationsbasis als Erfolgsgrundlage für eine positive Einigung gelegt.
  • Er hat signalisiert: Du interessierst mich auch als Persönlichkeit!
  • Er ordnet – zunächst das Persönliche, dann das Dienstliche.
  • Er nimmt bereits erste Merkmale des Partners wahr. Was sagt er wie? Wozu sagt er viel? Was steuert er bei? Welcher Typus erscheint?
  • Er ebnet den Boden für zukünftige Kontakte – über die Verhandlung hinaus.

Meine längste Begrüßungsphase umfasste einmal fast 90 Minuten. Danach war die Verhandlung (fast) Nebensache. Dissens oder gar Streit sind nicht ausgeschlossen, aber nach einer intensiven Begrüßungsphase deutlich unwahrscheinlicher.

Abschließend seien die einzelnen Phasen genannt, die in den zukünftigen Folgen inhaltlich ausgefüllt werden.
Phase 1: Vorbereitung – nach wie vor extrem wichtig
Phase 2: Begrüßung – da gab es ja schon erste Einblicke…
Phase 3: Informationsphase – füllen Ihrer Verständnislücken, bevor es losgeht
Phase 4: Kernphase – hier wird es ernst!
Phase 5: Einigung – welches Ergebnis haben wir erzielt
Phase 6: Abschied – was bleibt hängen?

Weitere Artikel dieser Serie:

Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil VIII): Nutzen Sie die SWOT-Analyse!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XI): Ihre Agenda ist der Weg!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIII): Welche Strategie ist die richtige für Sie?
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
Verhandlungstechnik (Teil XV): So gelingt Ihr Verhandlungsstart!

(Bild: © drizzd – Fotolia.de)

Peter Ackermann

Der Unternehmensberater Peter Ackermann vertritt das Spezialgebiet "Verhandlungstechnik". Dabei wird das in 20 Jahren als Projektleiter im Anlagenbau erworbene Wissen dem Markt in Form von Verhandlungskonzepten, Strategieansätzen bis hin zur Ausbildung und Betreuung der Verhandlungsteams zur Verfügung gestellt. Eine handwerkliche Ausbildung sowie die über den zweiten Bildungsweg erworbenen technischen und kaufmännischen Diplome sichern dabei das Verständnis für die konkrete Situation des Auftraggebers ab.

Der Artikel hat dir gefallen? Gib uns einen Kaffee aus!

Leave a Reply