In wirtschaftlich schwierigen Zeiten versuchen Unternehmen oft (Material-)Kosten zu sparen – zum Beispiel mit Hilfe von Materialkostenoptimierungsprogrammen. Doch nach deren Einsatz fragen sich die Verantwortlichen oft: Wo sind die erhofften oder versprochenen Einsparungen geblieben? Denn zumindest in den Gewinn- und Verlustrechnungen werden diese vielfach nicht sichtbar.
„Kosten sparen“ – vor dieser Herausforderung stehen viele Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wenn ihre Kassen immer leerer werden und die Banken mit der Kreditvergabe recht zögerlich sind.
Viele Firmen führen dann, oft mit Hilfe von Unternehmensberatern, Materialkostenoptimierungsprogramme („Strategic Sourcing“) durch. Doch nach einiger Zeit stellen sie erstaunt fest: Obwohl diese auf den ersten Blick erfolgreich verliefen, nimmt der Druck auf die Einkaufsleiter und ihre Mitarbeiter nicht ab.
Im Gegenteil! Spätestens beim Erstellen der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) geraten die Einkaufsabteilungen wieder in die Schusslinie, weil sich Vorstände und Geschäftsführer verwundert fragen: Wo sind die verhandelten Einsparungen geblieben? Was sind die Ursachen für das Verschwinden von Einsparungen?
1. Kosten und Einsparungen: Abteilungsübergreifende Teamarbeit fehlt
Viele Unternehmen glauben: Nach den Verhandlungen ist der schwierigste Teil der Arbeit getan. Doch weit gefehlt: Das Gegenteil ist der Fall! Der schwierigste Teil der Arbeit beginnt erst mit der Umsetzung, insbesondere wenn neue Lieferanten getestet und freigegeben werden müssen.
Während des Materialkostenoptimierungsprogramms fließen alle Ressourcen in die Projektarbeit. Und nach den Verhandlungen wird die mühsam etablierte Zusammenarbeit der Abteilungen oft wieder eingestellt. Die Umsetzung soll dann vom Einkauf allein bewältigt werden. Ein Fehler! Um bei der Einführung neuer Lieferanten Qualität zu sichern und Einsparungen zu garantieren, ist eine abteilungsübergreifende Teamarbeit notwendig.
Außerdem sind die Einkäufer meist so stark ins Tagesgeschäft eingebunden, dass ihnen für das Umsetzen zu wenig Zeit bleibt. Um Einsparungen langfristig sicherzustellen, muss die Arbeit daher auf alle Abteilungen verteilt werden. Die Verantwortlichen müssen dafür von der Geschäftsleitung oder dem Vorstand in die Pflicht genommen werden.
2. Kosten senken: Einsparungen werden nicht GuV-orientiert gemessen
Einsparungen tauchen oft nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung auf, weil die Wahl der Messlatte nicht eindeutig ist. Nur wenn ein Vergleich zwischen dem bisher gezahlten Preis und dem neu verhandelten Preis möglich ist, kann eine eindeutige GuV-Wirksamkeit nachgewiesen werden.
Oft wird behauptet, der Einsparerfolg ließe sich nicht mit den alten Preisen messen, sondern nur mit den aktuell eingeholten Preisangeboten, weil sich das Produkt verändert habe. Um den Einsparerfolg zu messen, wird beispielsweise bei Fahrzeugen, bei denen ein Nachfolgemodell am Markt existiert, nicht der Preis des Vorgängermodells als Vergleichsmaßstab herangezogen, sondern der Angebotspreis des neuen Modells. Eine GuV-Wirksamkeit ist jedoch auch hier möglich, indem man die Kosten pro gefahrenen Kilometer des alten Modells mit denen des neuen Modells vergleicht.
Damit der Einkauf die Auswirkungen seiner Arbeit auf die GuV nachweisen kann, müssen die Einsparungen an einer historischen „Baseline“ (Messlatte) gemessen werden. Es muss nachgewiesen werden, dass sich die Kostenposition des Unternehmens durch die Einkaufsarbeit verbessert hat. Nur in Ausnahmefällen, wenn keine historischen Vergleichsdaten zur Verfügung stehen, sollte eine andere Messlatte herangezogen werden.
Sofern die Preise für die Einzelkomponenten des Produktes oder der Dienstleistung bekannt sind, kann die Messlatte analytisch hergeleitet werden. Ist auch eine analytische Herleitung der Messlatte nicht möglich, so muss auf das günstigste Erstangebot zurückgegriffen werden.
3. Einsparungen: Ganzheitliche Kostenperspektiven fehlen
Einsparungen werden manchmal auch nur auf Basis des angebotenen Lieferantenpreises berechnet, obwohl noch weitere Kosten anfallen (zum Beispiel für Wartung und Lagerung). Damit der Einkauf glaubwürdig bleibt, muss er die Einsparungen immer aus einer ganzheitlichen Kostenperspektive („Total Cost of Ownership“) berechnen.
Bei jeder Materialgruppe oder Dienstleistung ist zu prüfen, welche Kostenarten (zum Beispiel Einkaufspreis, Prozesskosten, Lagerung) entlang der Wertschöpfungskette anfallen. Für jede Kostenart muss bei der Einsparungsberechnung dann mit Hilfe von spezifischen Kalkulationsregeln geprüft werden, wie sie sich verändert hat. Nur wenn die Gesamtsumme aller Kostenarten niedriger ist als in der Vorperiode, wurde eine Einsparung erzielt.
4. Kosten: Einsparungen werden nicht realisiert
Ein wesentlicher Knackpunkt beim erfolgreichen Umsetzen von Einsparungen liegt im Realisierungsprozess. Im Vordergrund steht hierbei das Einhalten von Verträgen („Compliance“), die man anhand der folgenden drei Fragen messen kann:
- Lieferanten-Compliance: Werden die ausgehandelten Verträge genutzt oder kaufen die Bedarfsträger vorbei an den Verträgen bei anderen Lieferanten (so genanntes „Maverick-Buying“)?
- Produkt-Compliance: Werden ausschließlich die im Vertrag vereinbarten Produkte eingekauft?
- Preis-Compliance: Stellen die Lieferanten die richtigen Preise/Konditionen in Rechnung?
Ein schwacher oder nicht vorhandener Compliance-Messungsprozess kann dazu führen, dass die Einsparungen nicht realisiert werden und der Einkauf deshalb an Glaubwürdigkeit verliert.
5. Kosten: Einsparungen werden nicht aus den Budgets gekürzt
Selbst wenn Einsparungen GuV-wirksam gemessen und tatsächlich realisiert werden, wird oft behauptet, dass Einsparungen aus Materialkostenoptimierungsprogrammen direkt in die Gewinn- und Verlustrechnung einfließen. Das stimmt nicht ganz: Die Einsparungen finden nur dann den Weg in die Gewinn- und Verlustrechnung, wenn die Budgets um die Einsparungen entsprechend gekürzt werden.
Eine notwendige Bedingung für das Kürzen der Budgets um die Einsparungen ist das glaubwürdige Berechnen und nachweisliche Realisieren der Einsparungen. Es muss daher eine klare Prozedur geben, mit Hilfe derer die Einsparungen von den Budget-Verantwortlichen abgesegnet und einvernehmlich aus den Budgets gekürzt werden.
Drei-Punkte-Programm als Schlüssel zum Erfolg
Will der Einkauf sicherstellen, dass seine Leistung in Form von erfolgreich ausgehandelten Einsparungen auch eine Auswirkung auf den Unternehmenserfolg hat, muss er sich auf folgende Punkte konzentrieren:
- Konsequente Umsetzung der Einsparungen durch abteilungsübergreifende Zusammenarbeit und Verantwortung in der Umsetzungsphase
- Glaubwürdige Einsparungsmessung durch GuV-orientierte Messlatten und eine ganzheitliche Kostenbetrachtung
- Konsequente Compliance-Messung und Einführung eines von den Budget-Verantwortlichen akzeptierten Prozesses zur Abstimmung der Einsparungen und Streichung aus den Budgets
Nur wenn diese drei Aspekte beachtet werden, können sich die verhandelten Einsparungen auch erfolgswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung niederschlagen. Und der Einkauf? Er kann auf diese Weise seine Positionierung im Unternehmen deutlich verbessern.
(Bild: © Mike Kiev – Fotolia.de)
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