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Vertrauens- statt Gehorsamskultur

Deshalb ist im Bereich Führung ein Mentalitätswechsel in vielen mittelständischen Unternehmen nötig. Um Talente zu binden, müssen Führungskräfte künftig eine vitale Kooperationsbeziehung auf Augenhöhe mit ihnen eingehen. Jede Beziehung beginnt mit Vertrauen. Dieses Vertrauen entsteht in einer Atmosphäre des Ernstnehmens, die sich in Achtsamkeit, Zugewandtheit und echtem Interesse äußert.

Das bedeutet nicht Gleichmacherei. Führung wird auch künftig eine übergeordnete Verantwortung haben. Sie wird jedoch nur gelingen, wenn das alltägliche Miteinander von einer Vertrauenskultur geprägt ist, die auf direktes Feedback und eine Leistungsdifferenzierung ohne Abwertung setzt. Selbstverantwortung und -führung bei den Mitarbeitern und den Führungskräften sind die Schlüssel hierzu.

Selbstführung ist eine Schlüsselfähigkeit

Selbstführung ist nötig, weil die Führungskräfte immer Akteure auf dem Spielfeld sind. Ihr Verhalten hat Vorbildcharakter für die Mitarbeiter. Also müssen die Führungskräfte regelmäßig ihr Verhalten und ihre Wirkung reflektieren – und (für sich) thematisieren. Sie müssen sich gedanklich sozusagen auf die Zuschauertribüne setzen und ihr Verhalten und ihre Wirkung beobachten und analysieren und hieraus die erforderlichen Schlüsse ziehen.

Diese Reflexion verläuft in zwei Schritten. Im ersten geht es um das Erkennen: Welche Werte prägen mich? Welche Führungskraft möchte ich sein? Welche Führungsstrategien wähle ich? Der zweite Schritt bewertet das eigene Erleben: Wie wirksam bin ich mit meiner bisherigen Haltung und Strategie? Dieser Kulissenwechsel führt zu neuen Erfahrungen, alternativen Strategien und einem bewussteren Führungshandeln.

Zusammenarbeit findet in Wechselwirkung statt

Führungskräfte neigen dazu, den eigenen Anteil am Verhalten der Mitarbeiter zu negieren. Mehr noch: Sie kommen oft gar nicht auf die Idee, dass dieses auch etwas mit ihnen zu tun haben könnte. Selten fragen sie sich zum Beispiel: Was habe ich unternommen, dass sich mein Gegenüber so verhält, wie ich es ablehne? Oder: Zeigen sich meine Mitarbeiter so führungsbedürftig, weil ich so bestimmend führe?

Das heißt: Viele Führungskräfte im Mittelstand sind sich der Wechselwirkung von Kommunikation nicht ausreichend bewusst. Dieses Bewusstsein gilt es zu fördern, damit eine Kultur der Selbstverantwortung in der Organisation und eine steile Lernkurve auf der Kooperationsebene entstehen. Eine solche Kultur zu entwickeln, ist eine nicht delegierbare Managementaufgabe.

Ausgangspunkt für den erforderlichen Kultur- und Mentalitätswechsel kann eine selbstkritische Standortbestimmung im Managementteam sein. Durch einen Abgleich von Selbst- und Fremdbild können die Lernfelder mit der größten Hebelwirkung identifiziert werden. Stellen Sie sich als Führungsteam zum Beispiel dem Feedback einer Gruppe mutiger Mitarbeiter. An ihrer Offenheit können Sie ablesen, wie es um die Kultur in Ihrer Organisation steht. Geben Ihnen die Mitarbeiter im persönlichen Gespräch auch kritisches Feedback, befindet sich Ihre Organisation bereits auf einem guten Weg zum Aufbau einer Vertrauenskultur. Dieses sollten Sie weiter beschreiten. Fehlen Ihren Mitarbeitern hierzu jedoch der Mut und das Vertrauen, dann dominiert in Ihrer Organisation noch die Gehorsamskultur.

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Hubert Hölzl

Hubert Hölzl ist Inhaber des auf den Mittelstand spezialisierten Trainings- und Beratungsunternehmens Hölzl & Partner, Lindau; Tel.: 08382/5042814; Email: mail@fuehrungstrainer.net

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