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Ein Interview mit dem Steckverbinder-Experten Peter Stremmer von ElectronAix

Guten Tag, ich bin Peter Stremmer, Gründer und Geschäftsführer der ElectronAix GmbH & Co. KG. Wir sind ein Spezialist für kundenspezifische Steckverbinder und Kabelkonfektionen. Als solcher sind wir ein wichtiges Bindeglied zwischen unseren Kunden – Produzenten von Industrie-, Medizin,- und Automobilelektronik – und Herstellern in Asien. Mit unseren Produkten und Dienstleistungen unterstützen wir unsere Kunden mit zuverlässigen und modernen Produkten, die damit wiederum attraktive Endprodukte bauen.

Herr Stremmer, Stichwort Verbindungen bei Mikroelektronik: Wird da nicht normalerweise eher gelötet oder gecrimpt?

Ja, genau. Löten und Crimpen sind alte, aber ebenso seit vielen Jahrzehnten etablierte und erprobte Technologien. Dank moderner Fertigungstechniken erlauben diese Verbindungen äußerst kompakte Bauweisen, hohe Datenraten und sind in der Fertigung sehr wirtschaftlich. Wir stellen beispielsweise vollautomatisch zuverlässige Crimpverbindungen mit einer Geschwindigkeit bis zu 1,25 Stück pro Sekunde her – und das für Raster bis 0,8 Millimeter.

Ähnliches bei den Leitungsquerschnitten. Bei gecrimpten Displayverbindungen bewegt sich das zwischen AWG-32 und AWG-28. Zur Veranschaulichung: Bei AWG-32 vercrimpen wir eine Litze mit sieben Einzeladern. Jede davon hat einen Durchmesser von nur 0,078 Millimeter – so dick wie etwa ein menschliches Haar.

Noch extremer wird die Miniaturisierung beim Löten. Hier produzieren wir aktuell AWG-46-Verbindungen in großen Stückzahlen. Da sind alle Einzeladern zusammen dünner als ein Haar. Das ist sozusagen vollautomatische Uhrmacherarbeit denn ähnlich feine Abmessungen gibt es tatsächlich in mechanischen Uhren. Im Testbetrieb sind wir mittlerweile sogar bei AWG-50 angelangt.

Händisches Löten ist bei derartigen Abmessungen natürlich schwierig. Bei modernen Steckverbindern ist jedoch vieles für einen vollautomatisierten Lötprozess optimiert, etwa Mikrokoaxial-Steckverbinder, Typ C, HDMI und ähnliche. Hier kommen wir mittlerweile auf ein Raster von bis zu 0,25 Millimeter hinab. Wenn selbst das zu groß ist, dann liefern wir geätzte Strukturen auf flexiblen Leiterplatten. In Kombination mit ZIF-Steckverbindern erreichen Sie hiermit Raster bis zu 0,175mm.

Generell haben Steckverbinder einen massiven Vorteil: Sie lassen sich viele Male lösen und wieder zusammenstecken. Mikroelektronik wird immer kompakter, kann mehr leisten, muss aber ebenso aufgrund der steigenden Kosten und schnellen Entwicklungszyklen immer stärker skalierbar sein. Da helfen flexible Verbindungen, den vorhandenen Bauraum optimal auszufüllen.

Steckverbinder machen es also Unternehmen wesentlich einfacher, ihre auf Mikroelektronik basierenden Systeme zu verkleinern, zu montieren, umzurüsten, zu erweitern und zu reparieren.

Bei Handys sind die Akkus ja meist deshalb verklebt, um alles kompakter zu machen. Machen Steckverbinder Mikroelektronik dann nicht größer als es nötig wäre?

In gewisser Weise ja. Steckverbinder machen jede Anwendung größer, wie ich oben erläutert habe. Allerdings sind diese Verbinder mittlerweile ebenfalls in sehr kompakten Formaten möglich. Nehmen wir beispielsweise gecrimpte Stecker. Da sprechen wir derzeit von einem Raster bis hinab zu 0,8 Millimeter. Oder Mikro-Koaxialstecker. Da sind sogar Raster bis 0,3 Millimeter möglich. Oder etwa das ZIF-System mit FPC-Kontakten. Da geht’s ebenfalls bis 0,175 Millimeter herunter.

Wir sprechen also von teilweise ultraflachen Verbindern mit entsprechenden Folienkabeln und mehr als einem Dutzend Pins, die auf der Fläche eines kleinen Fingernagels Platz finden.

Hierbei kommt es immer im Höchstmaß darauf an, was das Gesamtsystem insgesamt leisten können muss. Steckverbinder gestatten es, unterschiedliche Komponenten einfach und schnell zu einem funktionierenden System aufzubauen. Beim Handy sind das Display, Akku, SIM-Karte, Antenne, Lautsprecher, Mikrofon usw.

Im Schadfall soll dann eine gute Austauschbarkeit gegeben sein. Daher sind Steckverbinder oft der bestmögliche Kompromiss zwischen Produktions- bzw. Reparaturkosten und benötigtem Bauraum.

Welche Rolle spielen derartige miniaturisierte Steckverbinder hinsichtlich eines Nachhaltigkeitsgedankens?

Eine sehr große. Denn wo immer ein Steckverbinder eingesetzt wird, kann ein einzelnes Teil auf einfache Weise aus einem Gesamtsystem herausgelöst werden. Das ist bei Schäden ebenso relevant wie bei möglichen Nachrüstungen oder Erweiterungen.

Heißt: Steckverbinder sind bei Mikroelektronik wichtige Bausteine, um Systeme insgesamt nachhaltiger zu machen. Viele Steckverbinder im Gerät werden einmal bis fünfmal in ihrem Leben gesteckt. Es ginge allerdings auch noch deutlich häufiger.

Bei vielen dieser ultrakompakten Steckverbinder sprechen wir von einer Lebensdauer im Bereich mehrerer tausend Steckzyklen sowie, wo durch die Technik gegeben, zusätzlichen Verriegelungsbewegungen. Das ist ungefähr auf dem gleichen Niveau wie das von Standard-USB-Steckern. Heißt, man kann diese Verbinder mehrere tausend Male zusammenstecken und wieder lösen, bevor irgendein mechanischer Ausfall zu befürchten ist.

Nur, weil diese Verbinder sehr kompakt und notwendigerweise ziemlich filigran sind, heißt das also nicht, sie sind empfindlich.

Wir sehen auch vermehrt schwimmende Steckverbinder, im Englischen auch Floating BtB-Steckverbinder. Die Verbinder sind so konstruiert, dass sie die Toleranzen zwischen zwei Baugruppen ausgleichen. Das brauchen Sie, wenn mehrere hochpolige Steckverbinder zwei Leiterplatten verbinden, um mechanische Toleranzen auszugleichen oder wenn Sie Module mit einem Roboter stecken wollen.

Bedeuten die kompakteren Systeme auch eine höhere Wärmebelastung für die Steckverbindungen? Und wenn ja, wie geht man damit um?

Wärmebelastung hat zwei Ursachen: Einmal ist das der Übergangswiderstand, der an der Verbindungsstelle auftritt. Zum anderen ist das die Strombelastung nach der Formel P = R * I2.

Da derartig kleine Steckverbinder nur für Signalverbindungen verwendet werden, spielt die Strombelastung eine untergeordnete Rolle und ist für die Wärmebelastung nicht relevant. Der Übergangswiderstand hingegen resultiert aus einer geeigneten Konstruktion und passenden Materialien. Er ist bei den kompakten Steckverbindern daher ähnlich klein wie bei größeren Rastern.

Eine weitere wichtige Quelle der Wärmebelastung ist die Umgebung selbst. Da derart kompakte Elektronik in immer mehr Feldern angewendet wird, sehen wir hier bereits teilweise Forderungen für eine Tauglichkeit bis 125°C Umgebungstemperatur – etwa bei Sensoren oder in der Automobilelektronik.

Doch auch hier ist die Entwicklung von Steckverbindern sehr weit fortgeschritten. Bei FFC-Systemen und anderen Steckern gibt es mittlerweile Verbinder, die bis zu 125°C ohne Probleme aushalten. Bei FPC sind sogar bis zu 150°C möglich.

Sind Lichtwellenleiter und deren Verbindungen eine „Konkurrenz“ für auf Kupfer basierende Leitungen und Verbinder?

In Geräten ganz klar nein. Oder zumindest nur in einem ganz eingeschränkten Rahmen. Was definitiv stimmt ist, dass Lichtwellenleiter extrem dünn gehalten werden können und elektromagnetisch völlig unempfindlich sind. Das ist aber in diesem Bereich der Mikroelektronik der einzige Vorteil. Dem gegenüber stehen eher nachteilige Dinge.

Erstens: Lichtwellenleiter können nur gepulste Informationen übertragen, keinen Strom.

Zweitens: Die Lichtwellenleiter sind mechanisch ziemlich empfindlich. Empfindlicher als es Kupferlitzen und andere Kabelmaterialien sind. Außerdem benötigen sie deswegen einen großen Biegeradius, was die Kompaktheit erschwert.

Drittens: Die Installation eines sauber übertragenden Steckverbinders ist hier ungleich anspruchsvoller. Das macht die Sache speziell innerhalb von Mikroelektronik sehr kompliziert.

Zudem bedeuten Lichtwellenleiter immer einen „Übertragungsmedienbruch“: Man muss erst ein elektrisches in ein Lichtsignal umwandeln und, wenn es den Lichtwellenleiter durchlaufen hat, wieder den umgekehrten Weg gehen. Das ist ein Kostenfaktor.

Wir sehen Lichtwellenleiter daher vornehmlich bei langen Übertragungsstrecken außerhalb von Geräten. Innerhalb davon dort, wo die elektromagnetische Verträglichkeit besonders kritisch ist. Eine universelle Konkurrenz zum Kupferleiter sind sie jedoch – in diesem Bereich der Elektronik – keineswegs.

Welcher weitere Trend bestimmt die Entwicklungen?

Neben den kleineren Abmessungen, der größeren Zuverlässigkeit und den höheren Temperaturbereichen ist das vor allem die Datenrate. Denken wir etwa an die Version USB 4 Gen. 3×2 beziehungsweise USB 4 Version 1.0. Diese überträgt bis zu 40 Gigabit pro Sekunde (Gbit/s). Zur Einordnung: Als Endnutzer bekommt man in einem 5G-Netz im Schnitt etwa 1 Gigabit pro Sekunde.

Vor einigen Monaten wurde der Standard USB 4 Version 2.0 veröffentlicht. Bei diesem sind sogar 80 Gbit/s möglich.

Diesen Trend sehen wir auch bei internen Verdrahtungen. Bei Mikro-Coax-Systemen sind wir derzeit problemlos in der Lage, bis zu 20 Gbit/s zu übertragen. Bei dem schon erwähnten FFC-System sind es immerhin noch bis zu 17 Gbit/s.

Flexible Leiterplatten liefern wir mit Datenraten für USB4, CAT6A und schneller.

Die Anforderungen an elektronische Systeme werden sich immer weiterentwickeln. Die Elektronikindustrie eine innovationsgetriebene Branche. Unsere Steckverbinder und Kabelkonfektionen werden diese Entwicklungen mitmachen.

Peter Stremmer: Vielen Dank für das Interview!

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