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Von der Zähigkeit der UnternehmerUnternehmergeführte Firmen überstehen Krisen besser als managementgeführte Unternehmen. Das zeigte sich nicht erst in der letzten Wirtschaftskrise.

Im ersten Teil des Artikels haben Sie bereits erfahren, dass die persönliche Erdung und die Handlungsfähigkeit in unsicherem Gelände, Unternehmer in besonderem Maße auszeichnet – und sie persönlich robuster macht als viele Manager. Doch auch die so geführten Unternehmen sind deutlich zäher als andere. Warum, lesen Sie nun hier.

Unternehmer haben robustere Organisationen

„In vielen Unternehmen sehen Sie an den Gesichtern der Mitarbeiter, wenn der Chef im Haus ist“. So beschreibt Vorzeigeunternehmer Klaus Kobjoll den Führungsstil in vielen Familienbetrieben. Das Beispiel ist dabei positiv und negativ gleichermaßen zu verstehen: Positiv, denn Unternehmer sind in ihren Unternehmen präsenter als angestellte Manager – negativ, denn Mitarbeitern verlangt das viel ab.

Doch schätzen Chefs heutzutage noch den vielgelobten engen Draht zu ihren Mitarbeitern? Eine aktuellen Studie der Commerzbank, welche unter anderem Führungsstil und Mitarbeiterkommunikation in deutschen Unternehmen beleuchtet, bejaht diese Frage. Rund 97 % aller Befragten legen gerade in Krisenzeiten großen Wert auf offene Türen, informelle Gesprächen und ständige Erreichbarkeit als wirksamste Instrumente der Mitarbeiterkommunikation.

Neben einer schnellen Informationskaskade sind die breite Akzeptanz der unternehmerischen Entscheidung und die ständige Wachsamkeit des Unternehmers Garanten für robuste und flexible Organisationsstrukturen. Diese werden in den folgenden Zeilen daher ausführlich beleuchtet.

Schnelligkeit der Informationskaskade

Diese Art ständiger Präsenz des Unternehmers macht seine Organisation hoch flexibel – gerade in Krisen. Durch flache Hierarchien tragen sich erste Turbulenzen schnell nach oben und wichtige Entscheidungen zügig nach unten – es wird persönlich und zeitnah informiert, konstruktive Auseinandersetzung werden angestoßen und von vielen Seiten werden Ideen und Lösungsmöglichkeiten zusammengetragen.

Hierzu ein Beispiel aus der Praxis: Zu Beginn der Wirtschaftskrise hatte der Unternehmer den Eindruck, dass sich am Horizont dunkle Wolken über seinem bisher erfolgsverwöhnten Wachstumsunternehmen abzeichnen. Nach sonst jährlichen Steigerungsraten von 20-30 %, verzögerte sich erstmals der saisonale Anstieg – die Stimmung im Vertrieb war eher verhalten. „Es würde schon noch werden.“ – so lautete die allgemeine Einschätzung nach einer ersten Abfrage im Führungskreis.

Doch ungefähr 14 Tage später, einige Marktgespräche weiter und nach einer sehr ernsthaft geführten Führungskreisdebatte war klar: Wir müssen handeln! Das hieß, den Angestellten Arbeitszeitverkürzungen zuzumuten, sogar 25 Köpfe abzubauen, die Lieferkette anders zu takten und bei der Bank vorsorglich die Liquidität zu sichern. Innerhalb von nur 14 Tagen wurde die Problemsituation gemeinsam reflektiert und die Belegschaft über die aktuelle Schieflage des Unternehmens informiert. Die Überzeugung und der Glaube an die richtige Ausrichtung im Kern, als auch eine klare Sicht auf die Notwendigkeit „jetzt handeln zu müssen“ war somit während der gesamten Phase vorherrschend. Der zügige und flächendeckende Informationsaustausch machte die schnellen und beherzt verfolgten Entscheidungen erst möglich.

Klarheit und breite Akzeptanz der unternehmerischen Entscheidung

Am Ende des beschriebenen schnellen Informationsprozesses steht der Unternehmer selbst. Anders als ein angestellter Manager ist er nicht seinen Shareholdern verpflichtet, denn er trägt selbst das Risiko im Falle des Scheiterns – persönlich und häufig auch wirtschaftlich. Zudem weiß er meist sehr genau, wie weit er gehen kann mit dem Risiko.

Er entscheidet und jeder weiß: eine solche Entscheidung steht. Die Konsequenz: Das Unternehmen hat eine eigene Klarheit entwickelt und kann handeln. Die Folgen der an oberster Stelle getroffenen Entscheidung sind bis in die kleinsten Winkel der Unternehmung spürbar. Für die nachgelagerten Unternehmensteile geben sie Richtung und Rahmen vor. Die Ausarbeitung konkreter Handlungsschritte liegt in der Verantwortung der fachlich betroffenen Ebenen.

Wie ein Schiff auf hoher See steuert der Unternehmer seine Unternehmung auf ein noch nicht sichtbares Ziel zu. Seine richtungsweisenden Entscheidungen werden von den Offizieren in konkrete Handlungsschritte für die jeweiligen Verantwortungsbereiche übersetzt, welche wiederum von den Mannschaften ausgeführt werden. Jeder weiß um seine Fähigkeiten, kennt die Wichtigkeit seiner Arbeit und wird für diese ausreichend gewürdigt. Zudem wird weniger Zeit aufgewendet, sich mit den Fragen nach dem warum und wieso zu beschäftigen. Die von der Seebesatzung geteilte Sehnsucht nach den Weiten des Meeres hat diese Fragen längst beantwortet. Stattdessen wird alles getan, um durch die eigene Arbeit bestmöglich zur Zielerreichung beizutragen. Diese Entscheidungs- und Handlungskaskade macht unternehmergeführte Mittelständler widerstandsfähiger als so manche großen Konzerne.

Ständige Wachsamkeit und der persönliche Draht zu wichtigen Partnern

Die Arbeiten des Organisationsforscher E. Weick erklären, warum es gerade managementgeführten Konzernen so schwer fällt, sich in Krisenzeiten auf veränderte Bedingungen umzustellen:

  • Entweder werden warnende Marktsignale nicht wahrgenommen und eine Veränderungsnotwenigkeit wird nicht erkannt
  • oder die Veränderungsnotwenigkeit wird erkannt, aber strategische Konzepte verraten nicht, „was bei Abweichungen zu tun“ ist, die eigene Leistung wird überschätzt oder Mitarbeiter verstecken sich hinter der Anonymität des Großkonzerns.

In beiden Fällen wird so weiter gemacht wie bisher und eine erneute Verschlechterung ist die unausweichliche Folge.

Hier ist der unternehmergeführte Betrieb oft im Vorteil, da im Bewusstsein der eigenen Verwundbarkeit und mit wachen Blick auf den Markt viel schneller schwache Zeichen erkannt und gedeutet werden. Zudem stehen nicht abstrakte Marktanalysen im Vordergrund, sondern der direkte persönliche Kontakt zu Kunden, Zulieferern und anderen wichtigen Partnern des täglichen Geschäfts. Dies erlaubt, eine achtsame Antenne für schwache Marktsignale zu pflegen, durch den gegenseitigen Austausch Verbesserungswünsche vorwegzunehmen und Konfliktquellen zuvorzukommen.

Doch auch der vertrauensvolle enge Kontakt zu internen Partner – den Mitarbeitern und Führungskräften – hilft dabei, Veränderungsthemen aufzudecken und neue Lösungen zu entwickeln. Denn gerade Betriebe, die seit Generationen in Familienbesitz sind, verfügen häufig über äußerst erfahrene Fachleute. Mit ihnen geht meist eine hohe organisationale Improvisations- und Innovationskraft einher, welche genutzt werden kann, bevor teures externes Wissen eingekauft werden muss.

Nun wurde im oberen Absatz erkannt, dass Unternehmer im Gegensatz zu managementgeführten Unternehmen eine Not zur Veränderung kurz gesagt besser und schneller erkennen. Die zeitnahe, in alle Richtungen der unternehmergeführten Organisation verlaufende Informationskaskade sorgt wiederum für eine zügige Beantwortung der Fragen, „welche Abweichungen vorliegen“ und „was zu tun ist“. Die Mitarbeiter werden so motiviert, „alte Werkzeuge fallen zu lassen“ und für die Arbeit mit „neuen Werkzeugen“ befähigt. Zu guter Letzt verdrängt die allgemeine Klarheit und Akzeptanz der unternehmerischen Entscheidung machtpolitische Spielchen, wodurch eine rasche Umsetzung gefördert wird.

Weitere Artikel dieser Serie:

Von der Zähigkeit der Unternehmer (Teil I)

(Bild: © olly – Fotolia.com)

Wolfgang Zimmermann

Wolfgang Zimmermann ist Sparringspartner für Unternehmer und gute Führungskräfte. Weitere Informationen unter www.wolfgang-zimmermann.com

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