Geschäftsleiter von Unternehmen mit beschränkter Haftung (wie z. B. einer GmbH, AG oder GmbH & Co KG) sollten beachten, dass sie im Falle einer Unternehmenskrise verpflichtet sind, einen Insolvenzantrag über das Vermögen der Gesellschaft zu stellen. Kommt ein Geschäftsleiter dieser Pflicht nicht nach, haftet er persönlich und macht sich darüber hinaus strafbar.
Wann müssen Geschäftsführer einen Insolvenzantrag stellen?
Die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen besteht, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist.
- Zahlungsunfähig ist eine Gesellschaft, wenn sie zehn Prozent oder mehr ihrer aktuell fälligen Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen kann.
- Überschuldet ist sie, wenn ihr Vermögen die Schulden nicht mehr deckt. Die Überschuldung verpflichtet jedoch nur dann zum Insolvenzantrag, wenn die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten nicht überwiegend wahrscheinlich ist, wenn also keine sogenannte positive Fortführungsprognose besteht.
Erleichterungen wegen der Energiekrise: Frist von 12 auf 4 Monate verkürzt
Im Zuge des Ukraine-Krieges und der Energiekrise war es für die Unternehmen aufgrund der großen Unsicherheit sehr schwierig, Prognosen abzugeben und zu planen.
Die Politik hat darauf reagiert und Erleichterungen für die Unternehmen geschaffen. So wurde der Prognose- und Planungszeitraum für die Prüfung einer positiven Fortführungsprognose von ursprünglich zwölf auf vier Monate verkürzt.
Das heißt, wenn das Unternehmen für die nächsten vier Monate, bezogen auf den Betrachtungszeitraum, durchfinanziert und liquide war, also die dann fälligen Verbindlichkeiten bedienen konnte, war von einer positiven Fortführungsprognose auszugehen, so dass keine Überschuldung vorlag.
Die Privilegien fallen ab dem 1. September 2023 weg: Wieder 12 Monate zu planen
Diese Sonderregelung war jedoch von vornherein befristet. Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, ist ab dem 1. September 2023 wieder von einem Prognose- und Planungszeitraum von 12 Monaten auszugehen.
Der Geschäftsleiter muss also ab Anfang September 2023 wieder eine 12- Monatsplanung erstellen, aus der sich ergibt, dass das Unternehmen mindestens für diesen Zeitraum finanziert ist.
Ist dies nicht der Fall, liegt keine positive Fortführungsprognose vor. Dann werden alle Vermögensgegenstände abgewertet und nur noch zu Liquidationswerten angesetzt. Von diesen Werten werden die Verbindlichkeiten abgezogen, so dass in den allermeisten Fällen eine Überschuldung vorliegt.
Was müssen Geschäftsleiter jetzt tun?
Konkret bedeutet dies, dass ein Geschäftsleiter künftig immer für einen Zeitraum von 12 Monaten planen und sicherstellen muss, dass sein Unternehmen in diesem Zeitraum alle Verbindlichkeiten erfüllen kann.
Stellt er im Rahmen dieser Planung fest, dass eine Liquiditätslücke entsteht, muss er die Vermögenswerte des Unternehmens zu Liquidationswerten bewerten und davon die Verbindlichkeiten abziehen.
Dies dürfte in den meisten Fällen zu einer Überschuldung führen. Dann ist er verpflichtet, noch innerhalb des Betrachtungszeitraums einen Insolvenzantrag über das Vermögen des Unternehmens zu stellen.
Gibt es persönliche und strafrechtliche Konsequenzen bei Verletzung der Insolvenzantragspflicht?
Wird die Pflicht verletzt, kann sich der Geschäftsleiter wegen Insolvenzverschleppung strafbar machen. Er haftet dann auch persönlich für alle Zahlungen, die das Unternehmen im Zeitraum der Insolvenzverschleppung geleistet hat.
Empfehlung: Fundiert beraten lassen
Sobald sich eine Unternehmenskrise abzeichnet, sollte sich die Geschäftsleitung professionellen Rat einholen, am besten bei einem auf Insolvenz- und Sanierungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt, um Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken zu vermeiden. Auch hier gilt: Vorbeugen ist besser als heilen!
Lieber Jasper,
sich bei einer Unternehmenskrise professionellen Rat einzuholen ist unerlässlich, um nicht zugrunde zu gehen. Danke für diesen ausführlichen und sehr informativen Artikel zu diesem Thema.
Liebe Grüße
Claudia Strässle