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Manche GründerInnen setzen zu Beginn der Start-up Gründung auf Bootstrapping: Die Schuhe sind eng geschnürt, sparen ist angesagt und finanziert wird aus dem Cashflow. Doch gerade bei stark wachsenden und zukunftsträchtigen Start-ups wird auf kurz oder lang eine größere Finanzierungssumme notwendig: Wie sehen so genannte “Finanzierungszyklen” dann aus, von wie viel Kapital spricht man überhaupt? Und: Wie gehen GründerInnen mit diesem fremden Geld richtig um, welche Fehler haben fatale Folgen? Hier kommen viel Wissen und 3 Tipps vom Experten.

Pre-Seed bis Series A: Wie sieht der Finanzierungszyklus eines Start-ups aus?

Die meisten Start-ups durchlaufen verschiedene Entwicklungsphasen, die sich alle wesentlich voneinander unterscheiden. Auch der Kapitalbedarf und die Finanzierungsmöglichkeiten sind abhängig von der Phase. Hierbei ist es hilfreich, sich mit den typischen Phasen eines Start-ups auseinanderzusetzen, um die neuen Herausforderungen zu antizipieren und auch eine Finanzierung besser zu planen.

  • In der Pre-Seed-Phase geht es vor allem um die Planung und Vorbereitung der Unternehmensgründung. Man setzt sozusagen die Samen für das Start-up. Grundsätzlich steht hier die Überprüfung der Umsetzbarkeit der Geschäftsidee im Mittelpunkt. Dafür muss man mit Kunden sprechen, Prototypen entwickeln und die Idee mithilfe des Feedbacks iterativ verbessern und weiterentwickeln. Da anfangs noch wenig Kapital benötigt wird, finanzieren die GründerInnen die Ausgaben meist aus eigenen Ersparnissen oder leihen sich Geld von FreundInnen und Familie. Falls man aber doch mehr Kapital benötigt, sollte man sich nach Business Angels oder Crowdfunding-Plattformen umsehen.
  • Nach der Pre-Seed-Phase beginnt die Seed-Phase. Das oberste Ziel der Seed-Phase ist die Validierung des Produkts und des Geschäftsmodells. Einfach gesagt: Hast du genügend KundInnen, die dein Produkt lieben? Diese Frage ist essentiell. Sie sagt dir nämlich, dass deine KundInnen einerseits bereit sind, für deine Lösung zu zahlen und andererseits, dass sie ungern darauf verzichten würden, weil sie es lieben. Nur wenn man diese Frage mit ja beantworten kann, ist man bereit für die Wachstumsphase. Um dahin zu kommen, wird häufig zusätzliches Kapital benötigt, das meist im sechsstelligen oder sogar siebenstelligen Bereich liegt. Auch in dieser Phase sind Business Angels interessant, aber es gibt auch einige Venture Capital Fonds, die bereit sind, in frühphasige Unternehmen zu investieren.
  • Hat man es also geschafft, ein Produkt und Geschäftsmodell zu entwickeln, das sich am Markt etabliert hat, dann startet die Expansions- oder Wachstumsphase. Die erste Finanzierungsrunde in dieser wird Series A genannt. Die Folgerunden werden dann mit Series B, C, D und so weiter bezeichnet. Das Ziel ist nun, wie der Name schon sagt, möglichst schnelles Wachstum. Man muss neue Märkte erschließen, neue Zielgruppen ansprechen und das Produkt stetig weiterentwickeln, um so schnell wie möglich zu wachsen. Die Finanzierungsbereitschaft von InvestorInnen in der Wachstumsphase ist deutlich höher. Das liegt daran, dass deine Erfolgsaussichten besser absehbar sind als in der Anfangsphase, weil man schon einige KundInnen und relevante Finanzkennzahlen vorweisen kann.

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Die Gretchenfrage: Schluss mit Bootstrapping, soll ich überhaupt fremdes Kapital aufnehmen?

Viele Wege führen nach Rom. Um ein erfolgreiches Start-up aufzubauen, ist man nicht unbedingt auf fremdes Geld angewiesen. Bootstrapping funktioniert ohne externe GeldgeberInnen: Viele GründerInnen finanzieren ihre Unternehmen eigenständig.

Beide Wege haben Vor- und Nachteile: Beim Bootstrapping haben GründerInnen die volle Kontrolle über das Unternehmen. Niemand gibt einem vor, was zu tun ist. Holt man sich hingegen InvestorInnen ins Boot, muss man einen Teil des Unternehmens, und damit Kontrolle, abgeben. Die Beziehung zwischen den GründerInnen und InvestorInnen ist fast wie eine Heirat: Man ist für viele Jahre aneinander gebunden – in guten wie in schlechten Zeiten. Die Partnerwahl ist daher essentiell. Grundsätzlich gilt:

Je länger du ohne fremdes Kapital auskommst, desto besser.

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Wie viel Kapital soll ich aufnehmen?

Jedes Start-up ist unterschiedlich: Das Ziel aus der Sicht der GründerInnen sollte es sein, entweder in die nächste Phase zu kommen oder gar profitabel zu werden. Das bedeutet: Ist das Start-up in der Seed-Phase, sollte man genug Geld aufnehmen, um den Finanzbedarf bis zur Wachstumsphase bzw. Series A abzudecken. Doch Achtung: Oftmals läuft nichts nach Plan und alles dauert länger als geplant. Deshalb sollten GründerInnen immer genug Puffer einkalkulieren. Dies gilt auch bei der Berechnung des benötigten Kapitals.

Einige fragen sich jetzt eventuell: “Warum nicht gleich mehr Kapital aufnehmen?”. Man kann tatsächlich auch zu viel fremdes Kapital aufnehmen. Jedes Mal, wenn InvestorInnen ins Boot kommen, gibt man einen Teil des Unternehmens ab. Wenn zu viel Geld aufgenommen wird, läuft man Gefahr, zu früh zu viele Anteile und Kontrolle abzugeben – bis man irgendwann gar keine Kontrolle mehr als GründerIn hat.

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Ja zum fremden Geld: Wie laufen Finanzierungsrunden nun in der Regel ab? 

Die Suche nach InvestorInnen ist ein langer und nervenaufreibender Prozess. Präsentationen werden aufpoliert, InvestorInnen angesprochen und zahlreiche Events werden besucht. Dennoch kommt meistens eine Absage nach der anderen.

Schafft man es dann schließlich, Interesse bei einigen InvestorInnen zu wecken, beginnt erst die eigentliche Arbeit. Im nächsten Schritt steht eine umfangreiche Due Diligence an – also eine Prüfung des Unternehmens und der Finanzkennzahlen. Wenn hier keine Fauxpas auftreten und die InvestorInnen weiterhin interessiert sind, einigt man sich auf die zentralen Konditionen. Diese werden im “Term Sheet” festgehalten und dienen als Ausgangsbasis für die finalen Verträge. Noch ist das kein Grund zum Feiern: Erst wenn die Tinte unter den Verträgen trocken ist, hat man es tatsächlich geschafft.

Top 3 aus der Kategorie „Viel Geld für nichts“: Welche typischen Fehlentscheidungen beim ersten Investorengeld gibt es?

1. Fehler: Du stellst zu schnell zu viele Leute ein

Oft sieht man, dass Start-up-GründerInnen nach dem Investment schnell viele Leute einstellen. Natürlich ist es immer ein gutes Zeichen, wenn ein Start-up auch personell wächst, du solltest allerdings aufpassen, dass du dich nicht übernimmst und in eine Art “Höhenflug” verfällst. Personell wachsen ist gut – das Wachstum muss aber auch nachhaltig sein. Suche lieber länger nach der richtigen Besetzung, als sofort zehn neue Leute einzustellen.

2. Fehler: Du gibst zu viel Geld für PR/Marketing aus, anstatt ins Produkt zu investieren

Zweitens wird oft sehr viel Geld in Marketingkampagnen und PR gesteckt, obwohl das Produkt noch nicht weit genug ausgereift ist. Mit der erkauften Aufmerksamkeit kommen automatisch mehr Nutzer: Das kann dann auch mal nach hinten losgehen, wenn es an der Nutzung des Produktes oder der Plattform noch etwas hakt.

Fehler: Du verwendest das Geld für unnötige Konsumausgaben wie fancy Büromöbel

Drittens wird oftmals viel Geld für Ausstattung, ein cooles Office und einen guten Standort ausgegeben. Das sind zwar alles Dinge, die nice to have sind, doch dein Hauptaugenmerk solltest du vor allem in der Anfangsphase nicht darauf liegen. Konzentriere dich lieber auf ein funktionierendes Produkt.

Lin Liu

Lin Liu ist Investment Manager bei Gateway Ventures. Seine Kernkompetenzen liegen in den Bereichen Mergers & Acquisitions (M&A), Software as a Service (SaaS), Financial and Business Analysis. Er kümmert sich um den gesamten Deal-Zyklus eines Start-up-Investments und interne Investment-Prozesse. Zudem ist Lin zertifizierter Financial Advisor. Er studierte an der Technischen Universität Wien und an der Universität Wien und geht dort auch seiner Tutor-Funktion nach.

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