Mehr denn je steht das so genannte Adword-Selling im Mittelpunkt der Diskussionen über das Werbemedium Internet. Grund hierfür ist vor allem die unsichere Rechtslage. Denn die Gerichte haben diese Art der Werbung rechtlich vollkommen unterschiedlich bewertet, so dass sich Werbende nicht sicher sein können, ob die Werbung überhaupt erlaubt ist.
Der Bundesgerichtshof (BGH) als höchstes deutsches Gericht befasst sich momentan mit der Thematik. Mit einem – dann wegweisenden – Urteil ist allerdings erst zum 22.01.2009 zu rechnen. Im Kern geht es bei den Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Adword-Selling (z.B. via Google AdWords) um das Marken- und Lauterkeitsrecht.
Als Adwords werden die Werbeanzeigen bezeichnet, die bei der Suche mit einer Internetsuchmaschine (z.B. Google) nicht innerhalb der Trefferliste, sondern getrennt davon am rechten Bildschirmrand erscheinen (bei Google unter der Überschrift ‚Anzeigen‘).
Die Adwords werden von Google über ein Tool direkt im Internet verkauft. Dabei kann sich der Werbende bei der elektronischen Schaltung der Werbeanzeige die Begriffe (sog. Keywords) aussuchen, bei deren Suche über die Suchmaschine die entsprechende Werbeanzeige neben der Trefferliste angezeigt werden soll.
Gleiches gilt – je nach Wunsch und entsprechender Einstellung – für solche Suchbegriffe, die mit den angegebenen Keywords verwandt oder diesen ähnlich sind.
Rechtliche Probleme und Streitigkeiten entstehen vor allem dann, wenn ein Unternehmen bei der Anmeldung fremde Markennamen als Keywords auswählt, so dass bei der Suche nach dem Markennamen das mit den Adwords werbende Unternehmen in der Werbespalte angezeigt wird.
Im Folgenden soll ein Überblick über aktuelle Gerichtsentscheidungen zu der Thematik sowie ein Ausblick über die mögliche zukünftige Entwicklung gegeben werden.
I. Adwords und das Markenrecht
Das LG Hamburg hat am 30.03.2004 entschieden (Az. 312 O 910/03), dass die Verwendung eines markengeschützten Begriffs als Adword keine Verletzung des Markenrechts darstelle, da es an einer zeichenmäßigen Verwendung des Begriffs fehle.
Zudem führte das Gericht aus, dass die Verwendung eines markengeschützten Adword im Zusammenhang mit der Platzierung einer Werbeanzeige im Internet auch keine Wettbewerbsverletzung sei.
Im Jahr 2007 gab es jedoch zwei Entscheidungen anderer Gerichte, die genau in die entgegengesetzte Richtung weisen:
- So sah das OLG Braunschweig am 12.07.2007 (Az. 2 U 24/07) in der Verwendung einer Marke als Keyword eine kennzeichenmäßige Benutzung, die dem Markenrechtsinhaber die breite Palette der Anspruchsmöglichkeiten nach dem Markengesetz eröffne. Es werde – so das Gericht – gerade die spezifische Lotsenfunktion der Marke ausgenutzt, die darin bestehe, in einem großen Angebot gezielt auf die eigenen Waren und Produkte hinzuweisen. Im Übrigen sei es für die rechtliche Bewertung unerheblich, dass die Adword-Werbeanzeigen „nur“ am rechten Bildschirmrand und nicht in der eigentlichen Trefferliste angezeigt würden. Denn in beiden Fällen würde die eigentliche Funktion der Marke genutzt, über ihre kennzeichenspezifische Aussagekraft auf bestimmte Produkte aufmerksam zu machen bzw. zu diesen hinzuführen.
- Das OLG Stuttgart entschied am 09.08.2007 (Az. 2 U 23/07), dass die Verwendung einer markenrechtlich geschützten Bezeichnung kennzeichenmäßig erfolgt, wenn sie als Keyword für eine Google-AdWords-Anzeige eingesetzt wird. Dabei lehnt sich die Entscheidung an das bekannte und wegweisende BGH-Urteil „Impuls“ an (BGH vom 18.05.2006, Az. I ZR 183/03), in dem es um die sog. Metatags geht. Metatags sind prominente Begriffe, durch deren Verwendung im Quellcode einer Website deren Betreiber die Technik der Suchmaschinen zu beeinflussen versucht, so dass die eigene Seite in der Trefferliste höher gelistet wird als andere, obwohl die vom Suchmaschinen-Nutzer gesuchten Informationen möglicherweise gar nicht auf dieser Website abrufbar sind. Auf diese Weise erreicht eine Website eine deutlich höhere Aufmerksamkeit. In der „Impuls“-Entscheidung war der BGH der Auffassung, dass die Verwendung eines fremden Kennzeichens, etwa einer Marke, als verstecktes Suchwort (Metatag) eine kennzeichenmäßige Benutzung darstellt. Die Markenrechtsverletzung ergebe sich dann daraus, dass bei der Suche nach dem fremden Zeichen wegen der Metatags eine Verknüpfung auf die Internetseite des Metatag-Verwenders hergestellt werde. Bei dem Fall ging es darum, dass der Werbende bei der elektronischen Erstellung der Werbeanzeige die Option „weitgehend passende Keywords“ eingestellt hatte, so dass die Werbeanzeige nicht nur bei den von dem Werbenden angegebenen Keywords angezeigt wurde, sondern auch bei – von der Suchmaschine generierten – verwandten bzw. ähnlichen Begriffen. Hier – so das Gericht weiter – würde das beklagte Unternehmen zwar nicht unmittelbar als Täter oder Teilnehmer handeln, allerdings sei es zumindest als Störer haftbar.
Adwords: OLG München versus OLG Braunschweig versus KG Berlin
Im Jahr 2008 ist der große Graben mitten durch die deutsche Rechtsprechung besonders deutlich geworden.
So war am 06.05.2008 das OLG München (Az. 29 W 1355/08) der Auffassung, dass aus der bloßen Tatsache, dass die Eingabe eines geschützten Zeichens bei Google zur Anzeige einer Adword-Anzeige eines Konkurrenten führt, nicht auf das Vorliegen einer Markenverletzung geschlossen werden könne, wenn nicht dargetan sei, dass der Konkurrent das Kennzeichen selbst als Keyword genutzt hat.
Nach dieser Entscheidung soll jedenfalls dann keine Markenverletzung vorliegen, wenn dem Adword-Werber nicht nachgewiesen werden kann, dass er das Keyword selbst ausgesucht hat, sondern möglicherweise Google das Keyword automatisch zugeordnet hat.
Dagegen hat das OLG Braunschweig mit seinem Beschluss vom 22.08.2008 (Az. 2 W 316/08) seine Rechtsprechung aus dem Jahr 2007 bestätigt und somit an seiner Ansicht festgehalten, dass die Verwendung von fremden Zeichen als Keywords eine Markenverletzung ist.
Nur etwa zwei Wochen später war das KG Berlin am 09.09.08 genau der gegenteiligen Ansicht (Az. 5 U 163/07). Die Verwendung eines fremden Kennzeichens als Keyword für eine Adword-Werbung in einer Suchmaschine sei in der Regel keine Kennzeichen- bzw. Markenbenutzung, wenn bei der Eingabe des Kennzeichens in der Suchmaschine die Werbeanzeige deutlich getrennt von der Suchergebnisliste erscheine und sie als Anzeige bezeichnet sei. Es fehle jedenfalls dann regelmäßig die Verwechslungsgefahr.
Adword-Debatte: Uneinheitliche Rechtsprechung verursacht Probelme
Es ist offensichtlich, dass eine solche uneinheitliche Rechtsprechung nicht hinnehmbar ist. Welche Partei gewinnt, hängt momentan vor allem davon ab, wo der Rechtsstreit ausgetragen wird.
Dadurch dass bei Internet-Streitigkeiten regelmäßig der sog. ‚fliegende Gerichtsstand‘ gilt – bei einer Markenverletzung im Internet ist Tatort und damit möglicher Klageort jeder Ort, an dem die Internetseite abrufbar ist, d.h. praktisch überall – kann sich ein Kläger aussuchen, welches Gericht ihm am besten passt. Dies trägt zu einer großen Rechtsunsicherheit bei, die dazu führt, dass viele Unternehmen nicht wissen, wie sie nun im Internet werben dürfen.
Mittlerweile hat sich der BGH mit der Thematik befasst. Er hat seine Entscheidung allerdings erst zum 22.01.09 angekündigt. Bis dahin ist nicht klar, wie sich einzelne Gerichte positionieren werden.
Mit dem BGH-Urteil wird die ersehnte Rechtssicherheit kommen. Die große Frage wird sein, ob der BGH die gängige Adword-Praxis von Google und anderen billigt oder als unzulässig verwirft.
II. Adwords und das Wettbewerbsrecht
Die Adword-Problematik wird regelmäßig auch im Rahmen des Wettbewerbsrechts diskutiert.
Das OLG Karlsruhe hat am 26.09.2007 entschieden (Az. 6 U 69/07), dass es nicht wettbewerbswidrig ist, im Rahmen der Adword-Werbung solche allgemeinen und beschreibenden Begriffe als Keywords zu verwenden, die gleichzeitig Bestandteil einer Internetadresse (Domain) oder einer Firmenbezeichnung sind.
In dem Fall ging es darum, dass ein Unternehmen verhindern wollte, dass ein anderes (Konkurrenz-)Unternehmen die Keywords ’stellenanzeige, stellenmarkt, stellenangebote etc.‘ in seiner Werbeanzeige verwendet, und so bei Eingabe der Unternehmens-Internetadresse ’stellen-online.de‘ im Google-Suchfenster am rechten Bildschirmrand als Werbung erscheint.
Auch in der bereits erwähnten Entscheidung des KG Berlins vom 09.09.08 geht das Gericht nicht von einer Verletzung des Lauterkeitsrechts aus. Eine wettbewerbsrechtliche Rufausbeutung und ein unlauteres Abfangen von Kunden sei regelmäßig nicht darin zu sehen, dass ein Unternehmen fremde Zeichen als Keywords verwende.
III. Fazit
Wie sich aus der jüngsten Rechtsprechung ergibt, ist Adword Selling eine rechtlich problematische Angelegenheit. Als Keywords sollte man fremde Marken und Unternehmenskennzeichen nicht verwenden, denn darin sehen viele Gerichte eine Markenverletzung.
Rechtlich besonders problematisch ist dabei die bei der Schaltung der Adword-Anzeige wählbare Option „weitgehend passende Keywords“, durch die man als Werbender mittels einer von der Suchmaschine automatisch generierten Verknüpfung zu einem Markenverletzer werden kann, obwohl man selbst kein markenrechtsverletzendes Keyword unmittelbar ausgewählt hat.
Die Verwendung von allgemeinen und beschreibenden Begriffen ist dagegen rechtlich unproblematisch – wohl selbst dann, wenn sie Bestandteil einer bestimmten Internetadresse (Domain) sind.
Ob in Zukunft auch die Verwendung fremder Marken als Keywords erlaubt ist, hat nun der BGH zu entscheiden. Allerdings ist dies – zumindest theoretisch – noch nicht das Ende aller Instanzen: Das allerletzte Wort könnte der Europäische Gerichtshof (EuGH) haben.
Wie der BGH entscheiden wird, ist nicht leicht zu prognostizieren. Sowohl für die Unzulässigkeit wie auch für die Zulässigkeit von Adword-Anzeigen, bei denen fremde Kennzeichen als Keywords verwendet werden, lassen sich Argumente anführen.
Für die Zulässigkeit könnte allerdings sprechen, dass viele Suchmaschinennutzer die Werbeanzeigen am rechten Bildschirmrand in vielen Fällen gar nicht mit ihrer Suchanfrage bzw. dem gesuchten Begriff in Verbindung setzen. Wenn das so ist, dann kann jedoch auch keine Verwechslungsgefahr und somit keine Rechtsverletzung bestehen.
Hinweis: Der vorliegende Beitrag wurde unter Mitwirkung unseres wissenschaftlichen Mitarbeiters, Herrn Daniel Huber, erstellt.
(Bild: © powertiz – Fotolia.de)
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