Gut ausgebildete und motivierte Mitarbeiter (human resources) sind ein wichtiger Erfolgsfaktor für jeden Wirtschaftsteilnehmer. Doch Arbeitnehmer sind auch teuer. Müssen Sie doch auch bezahlt werden, wenn die Umsätze wegbrechen. Auch sind Sozialabgaben von derzeit gut 21 Prozent des Bruttoeinkommens (Arbeitgeberanteil) zu entrichten.
Da liegt es auf der Hand, freie Mitarbeiter zu beschäftigen, um neben dem Kernpersonal flexibel auf Auftragspitzen zu reagieren.
Freie Mitarbeiter haben für Auftraggeber viele Vorteile. Sie genießen keinen Kündigungsschutz. Sie zählen nicht bei der Berechnung der Schwellenwerte zum Kündigungsschutz. Sie haben keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder an Feiertagen, und mit Ausnahme der arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiter auch keinen Anspruch auf bezahlten Urlaub, Einhaltung des Mutterschutzgesetzes von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen.
Diese Vorteile genießt der Auftraggeber aber nur, wenn er Mitarbeiter beschäftigt, die als Selbstständige zu qualifizieren sind.
1. Wann ist ein Mitarbeiter ein Selbstständiger?
Als Selbstständige werden Auftragnehmer angesehen, die
- über eine eigene Verfügungsmacht hinsichtlich des Einsatzes ihrer Arbeitskraft verfügen,
- die Gestaltung ihrer Arbeit selbst bestimmen,
- ein gewisses unternehmerisches Risiko tragen, das durch größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten kompensiert wird.
Selbstständige können für mehrere Auftraggeber tätig sein, und selbst unternehmerisch tätig sein. Sind sie aber nicht persönlich, sondern wirtschaftlich abhängig von ihrem Auftraggeber, dann gelten Sie als arbeitnehmerähnliche Selbstständige im Sinne von § 2 Nr. 9 SGB VI. Dies ist dann der Fall, wenn
- sie im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, deren Arbeitsentgelt aus dem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig im Monat 400 Euro übersteigt,
- sie auf Dauer und im Wesentlichen nur für den Auftraggeber tätig sind.
2. Was gilt es beim Einsatz von Selbstständigen zu beachten?
Für den Auftraggeber gibt es kaum einen Unterschied bei der Beschäftigung von Selbstständigen oder arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen. Für die Selbstständigen gibt es keine, für die Arbeitnehmerähnlichen gelten lediglich die vier folgenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen:
- ihre Arbeitsbedingungen können durch Tarifvertrag geregelt werden (§ 12a TVG),
- sie haben Anspruch auf bezahlten Urlaub (§ 2 BUrlG),
- sie genießen Schutz gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz (§ 1 II BeschäftigtenschutzG),
- für Klagen gegen ihre Auftraggeber sind die Arbeitsgerichte zuständig (§§ 5 I 2 iVm. 2 I ArbGG); diese haben nicht nach Arbeitsrecht, sondern nach bürgerlichem Recht oder Handelsrecht zu entscheiden. Da der arbeitnehmerähnliche Selbstständige als wirtschaftlich abhängig angesehen wird, ist er zu seinem Schutz der Rentenversicherungspflicht, nicht aber der Arbeitslosenversicherung unterworfen. Für die Zahlungen hat er alleine aufzukommen.
Dies alles gilt für den Selbstständigen nicht.
3. Vermeidung von Scheinselbstständigkeit
Sind die Voraussetzungen für die Annahme einer Beschäftigung als Selbstständiger oder arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger nicht erfüllt, handelt es sich bei dem Mitarbeiter um einen Scheinselbstständigen und damit um einen nichtselbstständigen Mitarbeiter mit den damit verbundenen Sozialversicherungs- und Lohnsteuerpflichten.
Oft beschäftigen Auftraggeber jahrelang Selbstständige wie einen eigenen Arbeitnehmer, ohne das Verhältnis zu klären. Dies sollte unbedingt vermieden werden. Beabsichtigt ein Auftraggeber also jemanden als freien Mitarbeiter einzustellen, sollte er zunächst klären, ob er einen arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen, einen Selbstständigen oder Scheinselbstständigen beschäftigen wird.
Will der Auftraggeber einen Selbstständigen einstellen, sollte er daher innerhalb eines Monats nach Beschäftigungsantritt eine Statusanfrage nach § 7a Abs. 1 SGB IV einleiten und den Mitarbeiter entweder entlassen, wenn sich herausstellt, dass eine Selbstständigkeit nicht besteht (Probezeit) oder ihn einstellen, wenn er den Mitarbeiter dringend benötigt.
4. Was tun, wenn der Arbeitnehmer behauptet, scheinselbstständig zu sein?
Was sollte aber der Auftraggeber veranlassen, wenn sich nach einiger Zeit ein Selbstständiger bei ihm meldet und behauptet, er sei scheinselbstständig? Dann droht Ungemach.
Das Finanzamt kann in diesem Fall für vier Jahre und bei Vorsatz für zehn Jahre die einzubehaltende und nicht abgeführte Lohnsteuer fordern. Des Weiteren haftet der Arbeitgeber nach § 28e Abs. 1 SGB IV für den gesamten rückständigen Gesamtsozialversicherungsbeitrag und kann nach § 28g SGB IV vom Arbeitnehmeranteil allenfalls einen kleinen Teilbetrag von dem Beschäftigten durch Regress erstattet bekommen. Auch genießt der Mitarbeiter nun Kündigungsschutz nach § 1 KSchG und § 23 KSchG.
Dennoch heißt es Ruhe zu bewahren. Ein Mitarbeiter wird solche Forderungen in der Regel nur stellen, wenn der Auftraggeber kündigt oder die Kündigung droht, da ansonsten durch eine solche Forderung das Vertrauensverhältnis als zerrüttet angesehen werden muss. Dies wird er ansonsten vermeiden, da ein gemeinsames Arbeiten nach einer solchen Forderung kaum noch möglich ist. Für eine Statusanfrage ist es zu spät.
Es ist dem Auftraggeber aber in diesem Fall zu raten, zu behaupten, der Auftragnehmer sei in Wahrheit nicht scheinselbstständig, sondern ein arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger. Dies liegt auf der Hand, wenn sich der Auftragnehmer bereits auf die Scheinselbstständigkeit beruft.
Für den Auftraggeber birgt diese Behauptung lediglich das Risiko, den im laufenden Jahr nicht gewährten Urlaub abgelten zu müssen. Der Mitarbeiter hat aber das Risiko, von der Deutschen Rentenversicherung als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger angesehen zu werden und die Rentenversicherungsbeiträge für die letzten vier Jahre zahlen zu müssen. Dies wird den Mitarbeiter verunsichern. Das Risiko ist zu hoch.
Was aber ist zu tun, wenn der Auftraggeber langjährig einen Mitarbeiter beschäftigt und möchte nun sicher sein, keinen Scheinselbstständigen zu beschäftigen?
In diesem Fall ist zu raten, in Absprache mit dem Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis zu beenden und einen neuen Vertrag – verbunden mit einer Statusanfrage – zu schließen.
5. Wie sollten Verträge mit freien Mitarbeitern aussehen?
Der Vertrag mit dem freien Mitarbeiter ist kein Arbeitsvertrag, sondern ein Dienst- oder Werkvertrag. Wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit des arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiters, ist bei diesem aber in der Regel von einem Dienstvertrag gemäß § 611 BGB auszugehen. Der freie Mitarbeiter erhält auch kein Gehalt, sondern ein Honorar.
- Es ist sehr zu raten, das Arbeitsverhältnis mit einem freien Mitarbeiter im Detail zu regeln. Bei arbeitnehmerähnlichen Mitarbeitern sollte dabei der Urlaubsanspruch berücksichtigt werden. Auch ist besonders Wert auf die Leistungsbeschreibung zu legen. Denn nur wenn feststeht, welche Pflichten ein Auftragnehmer hat, steht auch fest, wann eine Pflichtverletzung vorliegt. Dies vereinfacht die Durchsetzung von Ansprüchen des Auftraggebers bei Verspätung und sonstiger Schlechtleistung des freien Mitarbeiters. Wegen der wirtschaftlichen Abhängigkeit des arbeitnehmerähnlichen Mitarbeiters und der damit verbundenen faktischen Unmöglichkeit von Schadensersatzansprüchen kann aber eine vernünftige Deckelung der Ansprüche der Höhe nach sinnvoll sein. Auf jeden Fall sollte der Auftraggeber auf den Nachweis einer angemessenen Vermögenshaftpflichtversicherung des Auftragnehmers bestehen, sowie auf die Aufrechterhaltung des Versicherungschutzes während der Vertragslaufzeit. Er sollte sich ein Kontrollrecht vorbehalten, verbunden mit dem Recht auf außerordentliche Kündigung für den Fall der Beendigung des Versicherungsschutzes.
- Der Vertrag sollte darüber hinaus eine Kündigungs- und Beendigungsklausel haben. Soll ein Dienstverhältnis abgeschlossen werden und ist dieses befristet, endet es mit dem Ablauf der Zeit, für die es eingegangen ist (§ 620 Abs. 1 BGB). Ist das Dienstverhältnis nicht befristet, kann es nach Maßgabe des § 621 BGB von jeder Vertragspartei gekündigt werden (§ 620 Abs. 2 BGB). Die Kündigungsfristen nach § 622 BGB sind für freie Mitarbeiter weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden (BAG 8. 5. 07 – 9 AZR 777/06, BB 07, 2298). Die Kündigung bedarf keiner Schriftform. § 623 BGB ist nur auf Arbeitsverträge anwendbar. Werkverträge werden durch die Abnahme erfüllt. In diesem Fall ist eine genaue Bezeichnung der Leistung sowie Regelungen über Betriebsbereitschaftserklärung, Testzeiten und Testdaten unverzichtbar.
- Jeder Vertrag mit einem freien Mitarbeiter sollte Regelungen über die Nutzungsrechte des Auftraggebers an den im Rahmen des Vertragsverhältnis erbrachten Leistungen beinhalten, da der freie Mitarbeiter ansonsten im Gegensatz zum Arbeitnehmer die ausschließlichen Rechte an den Arbeitsergebnissen hält und der Auftraggeber nach der Zweckübertragungstheorie des Urheberrechts lediglich einfache Nutzungsrechte erhält.
- Bei arbeitnehmerähnlichen Mitarbeitern sollte der Vertrag eine Klausel enthalten, die den Mitarbeiter auf seine Rentenversicherungspflicht hinweist. Diese Klausel könnte wie folgt lauten: Der Auftragnehmer wird darauf hingewiesen, dass er nach § 2 Nr. 9 SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterliegen kann, wenn er dauerhaft und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist und im Übrigen keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigt, deren Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig 400 EUR im Monat übersteigt.
Fazit
Die Problematik der Scheinselbstständigkeit hat sich durch die Einführung des arbeitnehmerähnlichen Selbstständigen sehr verringert. Nun kann auch der Selbstständige, der wirtschaftlich abhängig ist, aber als Selbstständiger arbeiten möchte, als solcher beschäftigt werden.
Auftraggeber und Auftragnehmer sollten aber auch bei Selbstständigen darauf achten, in Dienst- oder Werkverträgen die gegenseitigen Pflichten und Rechte abschließend zu regeln.
(Bild: © iStockphoto.com)
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