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Viele KundInnen werden von Räumungsverkäufen geradezu magisch angezogen: Es herrscht das Ambiente eines orientalischen Basars, es gibt Schnäppchen ohne Ende und die KundInnen ergattern letzte Einzelstücke, die es so bald nicht mehr zu kaufen gibt. Komisch wirkt es, wenn ein Geschäft alle drei Monate einen Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe macht – und damit einfach nicht aufhört. Das verstößt zudem gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).

Räumungsverkauf: Die Klausel Nr. 15 des UWG

„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind […] Nr. 15: […] die unwahre Angabe, der Unternehmer werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen;“

Warum ist dies ein Fall für das UWG?

Auf den ersten Blick scheint es nur schwer verständlich, warum das UWG die Falschaussage eines Unternehmens sanktionieren will, es werde bald sein Geschäft aufgeben. Denn immerhin gehen mit der Ankündigung Räumungsverkauf regelmäßig große Preisnachlässe einher. Und gerade dies ist für VerbraucherInnen positiv. Ob das Geschäft danach tatsächlich geschlossen wird oder nicht, kann den VerbraucherInnen egal sein, solange sie die Schnäppchen bekommen – oder doch nicht?

Unwissenheit der Kunden wird ausgenutzt

Zwar ist es unanständig, wenn VerkäuferInnen falsche Angaben machen oder gar bewusst lügen, allerdings ist dies allein noch kein Grund, VerkäuferInnen wettbewerbswidriges Verhalten zu unterstellen. Bei falschen Angaben über eine angeblich bevorstehende Geschäftsaufgabe kann dies jedoch anders sein. Zwar werden bei Räumungsverkäufen – wie bereits angesprochen – in der Regel große Rabatte gewährt, allerdings können VerkäuferInnen dies auch bloß vortäuschen – KundInnen können das oftmals gar nicht überprüfen.

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Menschlicher Fehlschluss der Kunden

Noch verwerflicher ist zudem, dass die VerbraucherInnen unter Druck gesetzt werden, die Produkte sofort zu kaufen, ohne noch einmal – wie sonst vielleicht üblich – gründlich darüber nachzudenken. VerkäuferInnen können somit „Ladenhüter“ schneller loswerden und nach der Verkaufsaktion ihren Geschäftsbetrieb mit neuem Sortiment fortführen. Dieses Zusammenspiel aus Täuschung und Irrtum will das UWG verhindern.

Die Lüge des Räumungsverkaufs

Die Schwarze Klausel Nr. 15 scheint ihrem Wortlaut nach klar und eindeutig gefasst. Der Ausdruck bedeutet „unwahre Angabe“, dass die Angabe oder Information explizit – also ausdrücklich – erfolgen muss. Es genügen somit keine Andeutungen, sondern es muss ausdrücklich davon die Rede sein, dass der Geschäftsbetrieb aufgegeben oder die Geschäftsräume verlegt werden. Das ist bei Hinweisen wie etwa „Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ regelmäßig der Fall, nicht aber bei Formulierungen wie „Räumungsverkauf“, ohne dass zusätzlich auf die Geschäftsaufgabe/-verlegung hingewiesen wird.

Das Problem mit Klausel Nr. 15 UWG

Zwar ist der Wortlaut der Klausel eindeutig, allerdings nicht vollständig. Denn etwas Wichtiges fehlt. In der einschlägigen EG-Richtlinie, die für die Schwarzen Klauseln verbindliche Vorgaben macht, hat die Klausel einen anderen Wortlaut als das deutsche UWG. In der Richtlinie heißt es nämlich: „Unzulässige geschäftliche Handlungen sind die Behauptung, der Gewerbetreibende werde demnächst sein Geschäft aufgeben oder seine Geschäftsräume verlegen, obwohl er dies keineswegs beabsichtigt.“

Worin liegt der inhaltliche Unterschied?

Deutsche Fassung:

Nach dem exakten Wortlaut der deutschen Fassung der Klausel verhalten sich VerkäuferInnen auch dann wettbewerbswidrig, wenn sie einen Räumungsverkauf durchführen, weil sie ihr Geschäft aufgrund finanzieller Probleme schließen wollen, danach aber das Geschäft wider Erwarten doch weiterführen, weil sie vollkommen unerwartet doch noch den erhofften Kredit ihrer Bank erhalten.

EG-Richtlinie:

Die EG-Richtlinie spricht davon, dass VerkäuferInnen sich nur dann wettbewerbswidrig verhalten, wenn sie die Geschäftsaufgabe/-verlegung behaupten, diese aber in Wirklichkeit gar nicht beabsichtigen. Nach dieser Formulierung wäre das Verhalten der VerkäuferInnen gar nicht wettbewerbswidrig, denn zum Zeitpunkt der objektiv unwahren Behauptung („Räumungsverkauf wegen Schließung“) hatten die VerkäuferInnen noch die Absicht, das Geschäft zu schließen. Dass sich dies aufgrund des gewährten Kredits ändern würde, hatten die VerkäuferInnen zu dem Zeitpunkt noch gar nicht wissen können.

Was gilt: deutsches Gesetz oder EG-Richtlinie?

Grundsätzlich gilt das deutsche Gesetz, da nur dieses im vorliegenden Fall unmittelbar gegenüber BürgerInnen wirkt. Allerdings darf das deutsches Gesetz nicht gegen die zwingenden Vorgaben des EG-Rechts, hier also der EG-Richtlinie, verstoßen. Das wäre jedoch der Fall, wenn man beide Fassungen wortwörtlich nehmen würde. Um diesen Widerspruch zu lösen, muss die deutsche Fassung richtlinienkonform ausgelegt werden.

Konkret…

…bedeutet dies, dass letztlich auch nach deutschem Recht eine Täuschungsabsicht vorliegen muss, damit ein wettbewerbswidriges Verhalten der VerkäuferInnen angenommen werden kann. Mit anderen Worten: auch nach deutschem Recht müssen VerkäuferInnen bereits zum Zeitpunkt ihrer unrichtigen Angabe eine Täuschungsabsicht haben. Sie müssen somit bereits dann wissen, dass sie sein Geschäft tatsächlich gar nicht schließen oder verlegen werden – nur dann ist ihr Verhalten gemäß der Schwarzen Klausel Nr. 15 wettbewerbswidrig!

Die Beweislage beim Räumungsverkauf ist undurchsichtig

Die Medaille hat bekanntlich zwei Seiten: anständige VerkäuferInnen werden wettbewerbsrechtlich nicht dafür bestraft, dass sie ihr Geschäft aufgrund geänderter Rahmenbedingungen wider Erwarten fortführen können. Demgegenüber werden jedoch einem unanständige VerkäuferInnen Tür und Tor geöffnet, sich nach einem durchgeführten Räumungsverkauf herauszureden.

Die Beweislast liegt beim Anspruchsteller

Das Problem: die VerkäuferInnen müssen nicht nachweisen, dass bzw. warum sie es sich anders überlegt haben. Vielmehr müssen die jeweiligen AnspruchstellerInnen den VerkäuferInnen die Täuschungsabsicht nachweisen. Dies ist nach richtlinienkonformer Auslegung des deutschen Gesetzes eine Tatbestandsvoraussetzung von Klausel Nr. 15. Tatbestandsvoraussetzungen müssen stets von AnspruchstellerInnen nachgewiesen werden. Da dies nur selten gelingt, wird die Klausel aller Voraussicht nach in der Praxis wenig Anwendung finden.

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One Comment

  • Cemil sagt:

    Hallo,

    geschickter sind folgende Formulierungen:

    – Räumungsverkauf wegen Umbau
    – Räumungsverkauf wegen Lagerräumung
    – Räumungsverkauf – unser Lager braucht Platz, etc

    Wegen Geschäftsaufgabe ist immer mit Vorsicht zu genießen. Woran man immer denken muss: Das ganze beim Zuständigen Gewerbe/Ordnungsamt anmelden, sonst kann es dank der Mitbewerber schnell mal teuer werden.

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