„Was der Chef sagt, ist Gesetz.“
Ein Satz, den viele Arbeitnehmer schon einmal gehört haben. Manche Arbeitgeber beanspruchen für sich einen deutlich übergeordneten Status und erwarten von ihren Mitarbeitern, dass sämtliche Forderungen „ohne Wenn und Aber“ erfüllt werden. Selbstverständlich verfügt der Arbeitgeber über eine exponierte Position, doch was der Arbeitgeber tatsächlich verlangen kann und was nicht, erklärt dieser Beitrag.
Grundsatz der Vertragsfreiheit
In Deutschland gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Deshalb ist der Arbeitgeber im Allgemeinen berechtigt, die Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers in dem entsprechenden Arbeitsvertrag festzulegen. Selbstverständlich unterliegt der Arbeitgeber auch hier gewissen Grenzen. Grundsätzlich kann er aber dort Dinge regeln wie:
- Bekleidung
- Nebentätigkeit
- Arbeitsort
- Befristung
- Überstunden
- Stellenbeschreibung
- Probezeit
Unterschreibt der Arbeitnehmer einen solchen Arbeitsvertrag, kann er sich hinterher nicht mehr darauf berufen, das darin Vereinbarte nicht zu wollen. Etwas anderes gilt natürlich, wenn der Inhalt des Arbeitsvertrages den durch gesetzliche Vorschriften und die Rechtsprechung vorgegebenen Rahmen verlässt.
Direktionsrecht des Arbeitgebers
Zu beachten ist weiter das Direktionsrecht des Arbeitgebers. Dieses ermöglicht es ihm, die im Arbeitsvertrag meist nur allgemein umschriebene Arbeitsleistung zu konkretisieren. Deshalb ist er berechtigt, Arbeitszeit, Arbeitsort und Arbeitsinhalt nach billigem Ermessen zu bestimmen. Er kann einem Arbeitnehmer also bestimmte Aufgaben zuweisen oder sie ihm entziehen. Auch dieses Direktionsrecht kann jedoch nur innerhalb der gesetzlichen Bestimmungen ausgeübt werden.
Viele Arbeitgeber hält dies jedoch nicht davon ab, außerhalb dieser Grenzen zu arbeiten und von ihren Arbeitnehmern Dinge zu verlangen, die sie eigentlich nicht verlangen dürfen. Auf Seiten der Arbeitnehmer stellt sich zunächst die Problematik, dass viele Arbeitnehmer die gerade angesprochenen Grenzen nicht genau kennen. Weiter kommt es häufig zu Interessenskonflikten, wenn Mitarbeiter die Grenzen zwar kennen, aber arbeitsrechtliche Konsequenzen oder Nachteile fürchten, sollten sie die Forderungen des Arbeitgebers nicht erfüllen.
Was darf der Arbeitgeber also?
Im Grunde regeln also Arbeitsvertrag, Weisungsrecht und die gesetzlichen Bestimmungen die Rechte und Pflichten des Arbeitsverhältnisses. Der nachfolgende Überblick soll beispielhaft verdeutlichen, wann ein Arbeitgeber die rechtlichen Grenzen überschreitet und von seinem Arbeitnehmer etwas Unerlaubtes verlangt.
Die Anweisung zur Lüge
Der Arbeitgeber darf von seinen Arbeitnehmern nicht verlangen, für ihn zu lügen – etwa gegenüber einem Kunden oder einem anderen Arbeitnehmer.
In der Praxis wird fast jeder Arbeitnehmer schon einmal für seinen Chef gelogen haben, verpflichtet ist er dazu jedoch nicht. Letztendlich ist es jedoch dem eigenen Gewissen des Arbeitnehmers überlassen, ob er dieser Anordnung Folge leistet oder nicht.
Verschieben oder Streichen von Urlaub
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, einen einmal genehmigten Urlaub (sogenannter Erholungsurlaub) zu streichen oder zu verschieben.
Selbst dann nicht, wenn sich das Unternehmen in einer Krise befindet. Ein einseitiges Streichen des Urlaubs durch den Arbeitgeber ohne Zustimmung des Arbeitnehmers ist nur in absoluten und engumgrenzten Ausnahmefällen zulässig. Denkbar ist etwa, dass die Existenz des Unternehmens von den Fähigkeiten eines bestimmten Arbeitnehmers abhängig ist.
In der Praxis sind diese Ausnahmefälle jedoch so gut wie nie einschlägig. Sollte es zu Streitigkeiten in diesem Bereich kommen, ist eine offene Kommunikation zwischen beiden Parteien meist die beste Lösung.
So kann es manchmal durchaus Sinn machen, nicht auf seinem Urlaubsrecht zu beharren und dem Unternehmen zu helfen. Auf der anderen Seite sollte man die Gefahr vermeiden, sich ausnutzen zu lassen und vorgeschobene Gründe für eine Urlaubsverschiebung zu akzeptieren.
Missachtung des Arbeitszeitgesetzes
Auch darf ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer die durch das Arbeitszeitgesetz vorgeschriebenen Pausenzeiten nicht verbieten. Bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden sind das 30 Minuten, bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden sind es 45 Minuten. Ein Arbeitgeber der Gegenteiliges verlangt, sollte bedenken, dass fehlende Pausen die Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers deutlich senken und diese weniger produktiv sind.
Erscheinen im Krankheitsfall
Teilweise fordern Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern auch, dass diese im Krankheitsfall im Unternehmen erscheinen oder von zuhause aus arbeiten.
Ein krankgeschriebener und ordnungsgemäß krankgemeldeter Arbeitnehmer kann jedoch zur Arbeit nicht verpflichtet werden – sollte dessen Arbeitsleistung oder Expertise im Betrieb auch noch so dringend benötigt werden.
Eine solche Forderung ist nicht nur verboten, sondern auch extrem kurzsichtig. Denn ein Arbeitnehmer, der trotz Krankheit arbeiten muss, kann sich nicht regenerieren und wird dem Arbeitgeber nur noch länger fehlen.
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Sehr großartig, dass Sie als Anwalt für Arbeitsrecht diese Informationen mit uns teilen. Mein Chef verbietet manchmal Dinge, die er meiner Meinung nach nicht verbieten sollte und dürfte. Ich habe einmal gehört, dass ein Kollege seinen Urlaub verschieben muss, weil die Firma „zu beschäftigt“ ist. Das erscheint mir sehr unvernünftig, und dieser Artikel verdeutlicht das. Vielen Dank, Herr van Ottmann!
Vielen Dank für den interessanten Beitrag. Ich denke das Rechtsgebiet Arbeitsrecht ist ein sehr komplexes Thema. Bestenfalls sollte man sich hier immer an einen Rechtsanwalt wenden.