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Du bist perfekt auf deine Präsentation vorbereitet, alles läuft wie am Schnürchen. Doch dann kommt er: Dieser eine verbale Angriff, der dir die Luft nimmt. Aus Schockstarre wird Panik, du verlierst den roten Faden. Aber wie kannst du treffend kontern?

Denn alles, was dir noch einfällt, ist ein ausweichendes Herumdrucksen oder eine Rechtfertigung. Erst eine Stunde später fällt dir ein Gegenargument ein. „Hätte ich doch!“ nagt es noch lange an dir.

Der genervte Vorstand

Das ärgerliche Gefühl, nicht selbstbewusst reagiert zu haben, wurmt auch Software-Spezialisten Lukas, nachdem er von einem internen Meeting in sein Büro zurückkehrt. Sein Job macht ihm Spaß, er präsentiert gerne und ist stets gut vorbereitet. Auch diesmal, als er eine neu entwickelte Applikation vor dem Vorstand präsentiert.

Doch von Anfang an bemerkt Lukas, dass einer der beiden Herren genervt ist. Ständig blickt er auf die Uhr und atmet deutlich hörbar aus. Mitten in der Präsentation fährt ihn der gereizte Vorstand plötzlich an: „Kommen Sie bitte zum Punkt. Bei Ihrem Tempo sitzen wir morgen noch da!“

Lukas ist völlig irritiert und weiß nicht, was er sagen soll. Kurzfristig erstarrt er, ihm bleibt sogar die Luft weg. Eine souveräne Reaktion sieht anders aus, denkt er hinterher. Warum hat er nicht selbstsicher und treffend gekontert?

Die Biologie des Angriffes

Was Lukas erlebt, ist die biologische Reaktion auf Angriffe, wenn wir unerwartet aus der Komfortzone gestoßen werden. Unsere Wahrnehmung ist sofort in Alarmbereitschaft, da unsere Sicherheit bedroht ist. Die erste Reaktion ist Schock. Eine innere Sirene warnt uns: Achtung, Angriff!

Dabei ist es nicht relevant, ob der Angriff physisch oder verbal erfolgt. Wir erstarren, die Luft bleibt weg. Es tritt die sogenannte Schrecksekunde ein. Nun entscheidet sich, ob wir kämpfen oder fliehen.

Der US-amerikanische Psychologe Walter Cannon bezeichnete diese Reaktion als fight-or-flight response. In der Schrecksekunde finden erstaunliche messbare Vorgänge in unserem Organismus statt: Es werden Hormone (hauptsächlich Adrenalin und Cortisol) ausgeschüttet, Blutzuckerspiegel und Blutdruck sowie Herz-, Puls- und Atemfrequenz steigen. Auch eine Erweiterung der Pupillen, eine Kontraktion der Muskeln und ein Anstieg der Milchsäure können gemessen werden. Unser Organismus ist in diesem Moment ganz darauf eingestellt, die eigene Sicherheit wiederherzustellen.

Erst atmen, dann reagieren

Wer über diesen biologischen Hintergrund Bescheid weiß, ist auch aus rhetorischer Sicht im Vorteil und kann die beste Option wählen, statt sich zu einer unüberlegten Reaktion hinreißen zu lassen.

Denn bei dem Wunsch, sofort klug und schlagfertig zu kontern, vergessen die meisten vorher durchzuatmen, dem biologischen Programm seinen Lauf zu lassen und die Situation einzuschätzen. Doch dafür ist immer Zeit – es sind nur wenige Sekunden, die uns wieder klare Gedanken fassen lassen.

Auch in Lukas‘ Fall gilt: Angriff wahrnehmen, durchatmen. Jetzt kann er die Lage einschätzen und reagieren, indem er entweder eine Bewertung ausspricht („Offenbar stehen Sie unter Zeitdruck. Bitte geben Sie mir noch zwei Minuten, damit ich den Kreis schließen kann.“) oder eine deeskalierende Technik anwendet („Sehen wir uns gemeinsam an, warum hier eine ausführlichere Erklärung notwendig ist: …“). So fällt Lukas nicht die Rechtfertigung und behält seinen professionellen Status bei. Er kann treffend kontern.

EXTRA: Charismatisches Auftreten – Wie wirkst du auf deine Zuhörer?

Entwickle deinen persönlichen Konter-Stil

Verabschiede dich von dem Gedanken, sofort und schlagfertig reagieren zu müssen. Die wenigsten Menschen sind von Natur aus schlagfertig – schon gar nicht, wenn sie eiskalt erwischt werden. Wichtig ist, dass du reagierst und den Angriff nicht ignorierst.

Zeige, dass du den Angriff wahrgenommen hast. Das kannst du durch Blickkontakt und deine Körpersprache machen. Gib beim ersten Angriff dem Gegner die Chance, mit Würde aus der Situation zu kommen. Du brauchst nicht gleich zuzuschlagen! Mit etwas Übung verwandelst du einen Angriff sogar in ein Kompliment. Erst wenn dein Gegner diese Chance nicht wahrnimmt, verstärkst auch du die Bandagen.

Authentisches, wirksames Kontern ist eine Stilfrage. So, wie nicht jeder Kleidungsstil zu jeder Person passt, passt auch nicht automatisch jede Schlagfertigkeitsfloskel. Vergiss also auswendig gelernte Phrasen – arbeite stattdessen an deinem persönlichen Stil.

Denke an James Bond: Der Agent ist stets eloquent, meist charmant und hat perfekte Umgangsformen. Dennoch wissen seine Gegner, dass es sehr hart werden kann, sich mit ihm anzulegen. 

Wie konterst du wirksam?

#Haltung. Durch deine Körpersprache strahlst du aus, wie sicher du dich fühlst. Zeige dich aufrecht und offen – so schaffst du Vertrauen und demonstrierst Souveränität.

#Stimme. Atme ein und sprich im zweiten Drittel des Ausatmens. So klingt deine Stimme tiefer und entspannter – und damit sicherer.

#Mittel. Wähle im ersten Zug die Deeskalation. Frage nach, stelle klar. Erst dann wirst du härter.

#Technik. Paraphrase, Zoomtechnik oder dialektischer Ansatz – probiere aus, was zu dir passt. Techniken sind erlernbar.

Buchtipp: contra!*

Buchtipp - contra!Angriffe erkennen. Treffend kontern. Wirksam durchsetzen.

Taschenbuch: 240 Seiten
Erschienen am: 15. März 2021
Preis: 19,95 €

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Iris Zeppezauer

Iris Zeppezauer steht für exzellente Kommunikation im Business. Sie ist Executive Coach, Autorin und Hochschuldozentin und führt ihre Unternehmensberatung SEKUNDE EINS. Die ausgebildete Kommunikations- und Verhaltensexpertin arbeitet seit mehr als zehn Jahren mit Persönlichkeiten, die ihre Meinung klar, aber wertschätzend transportieren müssen – auch in unangenehmen Situationen. Mit ihrem neuen Buch contra! reagiert sie auf die starke Nachfrage nach Tipps rund um verbale Angriffe.

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