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Warum ist emotionale Führung wichtig? Wer mit der Einstellung „Die haben zu machen, was ICH sage!“, MitarbeiterInnen führt, betreibt in seinem Verhalten ein klassisches „Boss-Spiel“, um seine Macht deutlich zu demonstrieren: Damit ist unmissverständlich klar, wer das Sagen hat. Andere ManagerInnen hauen unvermittelt auf den Tisch, putzen Mitarbeiter herunter oder kritisieren mit Lust in Grund und Boden. Beliebt ist ein Boss, der seine Macht so autoritär ausspielt, nicht. Wie kann ein Chef oder eine Chefin erfolgreich sein, ohne seine/ihre Führung so zur Schau zu stellen?

»Ein Chef hat maßgeblichen Einfluss auf die Teamstimmung, die Leistungsbereitschaft und die erzielten Ergebnisse.«

Die Spielregeln für das Spielfeld „Unternehmen“ legen Machtstrukturen und Hierarchien fest. Macht und Führung gehören zusammen, sie können aber sehr unterschiedlich nach außen transportiert werden. Steigt ein Mitarbeiter in seinem beruflichen Status auf, erhält er Führungsbefugnis und damit Macht. Und erst dann zeigt sich, wie er mit diesen neuen Befugnissen umgeht.

Unbeachtet bleibt dabei meist, dass die Art und Weise, wie ein Chef oder eine Chefin seine/ihre Macht zeigt, maßgeblichen Einfluss auf die Teamstimmung, die Leistungsbereitschaft und die Ergebnisse nimmt. Wenn Menschen in Positionen der Führung kommen, sollten sie sich intensiv mit dem eigenen Machtverständnis auseinandersetzen. Dazu gibt es die verschiedensten Methoden; einen besonders schnellen und tiefen Zugang zu den eigenen Motiven liefert beispielsweise das Improtheater.

Statusspiele im Improtheater

In der Praxis ist die Rolle des Chefs oder der Chefin vor allem eine Frage des Status. In dem Modell „Status“ des Improtheaters geht man davon aus, dass sich bei jeder Begegnung zwischen Menschen automatisch die Statusfrage klärt:

  • Wer geht auf wenn zu?
  • Wer grüßt zuerst?
  • Und wer geht als erster durch die Tür?

Bei jedem Zusammentreffen gibt es einen Stärkeren (Hochstatus) und einen Schwächeren (Tiefstatus). Durch anderes Verhalten ist die Konstellation auch jederzeit wieder veränderbar. Der Status bestimmt, wie wir kommunizieren und was wir erreichen. Dieses Gefälle wird durch subtile nonverbale und verbale Signale vermittelt – unbewusst aufgenommen und gespiegelt.

Beispiele für nonverbale Signale der Führung:

  • Blick
  • Körperhaltung
  • Mimik & Gestik

Beispiele für verbale Signale der Führung:

  • Fachsprache
  • Umgangssprache
  • Demonstration errungener Bildung

Unterschieden wird zwischen innerem und äußerem Status und zwischen Hochstatus Verhalten, das wohlwollend ist oder eine Zumutung darstellt.

Status zeigen

Woran erkennt man einen Chef oder eine Chefin? Wenn mehrere Menschen zusammenkommen, lässt sich sehr schnell feststellen, wer das Sagen in der Gruppe hat. Auch ohne typische Boss-Spiele zieht die Führungskraft unter MitarbeiterInnen automatisch alle Blicke auf sich, denn ihr Status ist erst einmal durch ihre Position gesichert. Doch das ist nicht alles. Wie schafft sie das? Chefs und Chefinnen, die sich in ihrer Rolle wohl fühlen, senden ständig sogenannte statuserhöhende Signale aus. Dazu gehören Körpersprache, Stimme, Mimik und Wortwahl. Darüber hinaus gibt es natürlich auch äußerliche Statussymbole, wie Uhren, Kugelschreiber, Autos, maßgeschneiderte Kleidung oder teure Schuhe.

Auftreten wie ein Chef

Im Grunde sendet jede Person ständig bestimmte Signale an seine Mitmenschen und empfängt wiederum auch Signale von den anderen. Wer sich durch Beobachtung diese Signale bewusst macht und ihre Bedeutung lernt, kann die eigene Körpersprache, Stimme oder Wortwahl bewusster gestalten: Eine gerade Körperhaltung, langsames ruhiges Sprechen mit tiefer Stimme, das Vermeiden von hektischen Bewegungen, beharren und zielgerichtetes langsames Gehen, ohne jemanden auszuweichen oder Platz zu machen, sind typische Hochstatus-Merkmale.

Kurz gesagt: Der Hochstatus kontrolliert Raum und Zeit der anderen. Dabei geht es nicht darum, sich ein paar ChefInnen-Gesten abzugucken und nachzuspielen. Erfolg hat nur der, der den hohen Status auch innerlich lebt. Vorgesetzte, die Macht und Autorität lieber ausweichen und sich davor fürchten, Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen, werden als unsicher wahrgenommen und nicht respektiert. Aufgesetzte hektische Chef-Allüren zeugen eher von innerer Unsicherheit als von echter Durchsetzungskraft.

»Ein Chef, der Entscheidungen scheut, wird nicht respektiert.«

Respekt und Sympathie – ein Gegensatzpaar

Der Faktor Respekt ist für erfolgreiche Führung von entscheidender Bedeutung. Wer sich Respekt verschaffen kann, ist ein Hochstatus-Spieler und kann es beruflich weit bringen. Dabei geht es nicht unbedingt darum, von allen gemocht zu werden, denn der Sympathiewert spielt eine untergeordnete Rolle. Wer „nur“ sympathisch ist, wird sich schwer tun und die Karriereleiter nicht erklimmen.

Im Statusspiel sind Sympathie und Respekt ein Gegensatzpaar. Meistens neigen Menschen dazu, entweder sympathisch oder respektiert zu sein. Manchen Führungskräften ist es im Zweifelsfall nicht wichtig, wie sie
ihre Ziele durchsetzen und ob sie dafür gemocht werden. Für sie zählt das Gewinnen. Idealerweise sind aber die beiden Komponenten Respekt und Sympathie in einer Person vereint: Verhaltens-Flexibilität gepaart mit einer wohlwollenden und positiven inneren Haltung gegenüber Menschen und ihrer Entwicklungsfähigkeit.

Das Status-Modell der Führung

Manch einer ist in der Lage, nach außen sehr stark aufzutreten, obwohl er im Inneren gar nicht so entschlossen ist. Oder umgekehrt ordnet sich jemand nach außen unter, verfolgt aber innerlich eine klare Strategie. Wenn man zwischen innerem und äußeren Status unterscheidet, sind folgende Kombinationen in verschiedenen Mischungsverhältnissen möglich, wie das weiterentwickelte Status-Modell von Tom Schmitt und Michael Esser beschreibt:

Innerlich Tiefstatus, äußerlich Tiefstatus:

Demonstriert Unterlegenheit, gibt Kontrolle ab. Sympathie um jeden Preis, aber wenig Respekt. Das typische Mobbing-Opfer.

Innerlich Tiefstatus, äußerlich Hochstatus:

Demonstriert Überlegenheit, ist aber innerlich unsicher und bei möglicherweise drohendem Statusverlust nervös bis fahrig. Hier wird weder Respekt noch Sympathie erreicht. Der (gern belächelte) und unvorhersehbare Chef.

Innerlich Hochstatus, äußerlich Hochstatus:

Demonstriert Überlegenheit, nimmt Kontrolle. Hier gilt: Gewinnen um jeden Preis. Sympathie ist belanglos, dafür ist hoher Respekt garantiert. Eine Zumutung für die Umgebung.

Innerlich Hochstatus, äußerlich flexibler Status:

Ist innerlich in sich gefestigt und sicher, kann nach außen hin spielerisch mit der Situation umgehen. Das Ziel zählt, nicht das Scharmützel. Hier gelingt es, hohe Sympathiewerte zu erzielen und respektiert zu werden. Passt die innere Haltung zu den Menschen, ist er Balsam für die Umgebung. Aber auch Hochstapler und Manipulierer können so auftreten.

Wer sich mit diesem Modell auseinandersetzt, lernt viel über sein bevorzugtes Status- und Machtverhalten und dessen Auswirkungen. Ziel ist es, sich und seinem Verhalten gegenüber ein Bewusstsein zu entwickeln und funktionierende Instrumente für den Führungsalltag an die Hand zu bekommen, die sowohl als Kompass, aber auch als Messgröße dienen können, um bewusst zu reflektieren, zu innerer Stärke zu finden und äußerlich verhaltensflexibel zu werden.

Am Anfang der Selbstklärung lohnt es sich auch, einen Blick auf die eigene Erziehung zu werfen. Welche Erfahrung hat jemand mit „Macht“ gemacht? Gerade Erziehung ist eng mit Machtausübung verknüpft: Durch sie wird man von klein auf beurteilt, gemessen und eingetaktet. Hier haben wir die ersten und prägendsten Modelle zur Ausübung von Macht erhalten.

EXTRA: Willst du loyale Mitarbeiter? Sei ein Coach, kein Chef

Der innere Kompass der Führung

Eine wirklich gute Führungskraft ist reflektiert und weiß um die eigene Wirkung. Sie ist sich ihres Status bewusst, verzichtet aber weitestgehend auf Zurschaustellung der Macht, sondern nutzt diese gezielt. Sie kann, wenn sie muss, sie muss aber nicht, um zu können. Dabei wirkt die eigene Einstellung zur Macht, zu Menschen und zu sich selbst wie ein innerer Kompass. Dieser Kompass ist unabdingbar, um wirkungsvoll führen zu können. Als guter Chef oder Chefin braucht man die Bereitschaft, den Weg der Selbstentdeckung zu gehen, um das eigene Verhalten hinterfragen zu können. Das Ziel: Handeln zum Wohle des Unternehmens, der Mitarbeiter und seiner selbst.

Führung: Die innere Haltung zählt

Es sind zahlreiche Fragen, die man sich bei der Führung stellen muss, um der eigenen Haltung auf die Spur zu kommen. Was bleibt zum Beispiel von der Persönlichkeit des Chefs oder der Chefin übrig, wenn seine oder ihre Statusheber, wie Auto, Uhr und Parkplatz wegfallen? Kann er die Statusheber haben oder muss er sie haben, um sich innerlich sicher zu fühlen?

Es ist nur natürlich, dass manche diese Fragen als unangenehm, inadäquat oder zu gewagt empfinden. Doch es existieren viele Möglichkeiten, sich diesen Fragen
zu nähern. So bieten etwa Techniken des Improvisationstheaters eine gangbare und spielerische Möglichkeit zur intensiven Beschäftigung und Reflexion mit dem eigenen Macht- und Egoverhalten.

Vaya Wieser-Weber

Vaya Wieser-Weberhat sich seit 2001 auf Persönlichkeitsentwicklung spezialisiert. Mit ihrem Unternehmen entwickelte sie eigene Trainingsprogramme zu emotional intelligenter Führung sowie Führungsprogramme zu den Themen Macht und Verhaltensflexibilität in Kooperation mit dem Improschauspieler, Autor Ralf Schmitt. Durch die geschickte Vermittlung von Erkenntnissen der Hirnforschung in Kombination mit optimaler Führung hilft sie, Arbeitsumfelder zu schaffen, in denen sich Menschen wohlfühlen.

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