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Neukundengewinnung und Bestandskundenpflege werden zunehmend beschwerlich. Denn die Kunden sind informierter, gewiefter und auch aggressiver geworden – und eigentlich nie so richtig zufrieden. Die Anforderungen werden immer höher geschraubt. Die Preissensibilität steigt. Klassische Kundenbindungsstrategien funktionieren nicht mehr. Die Wechselbereitschaft ist sozial akzeptiert. Und sie steigt dramatisch. Die Ursachen dafür haben nicht nur mit verändertem Kundenverhalten zu tun – in den meisten Fällen sind sie hausgemacht. Die größten Loyalitätszerstörer heißen:

  • Austauschbarkeit
  • Preis-Aktionismus
  • emotionale Kälte
  • ständig wechselnde Ansprechpartner.

Wer schon allein an diesen Punkten ansetzt, kann die Kundentreue beträchtlich erhöhen und damit seine Fluktuationsraten deutlich senken.

Loyalitätsführerschaft als Ziel

Das systematische Ausschöpfen des vorhandenen Kundenpotenzials bietet unzählige Chancen zu kostengünstigem und nachhaltigem Wachstum. Kundenloyalität steigert die Wertschöpfung, denn loyale Kunden kaufen öfter, sie kaufen mehr und sie sind (meist) weniger preissensibel. Wer die Loyalität seiner Käufer gewinnt und dauerhaft bewahren kann, generiert kontinuierlich steigende Umsätze und reduziert gleichzeitig seine Kosten.

Und das ist noch nicht alles. Ein durch und durch loyaler Kunde kommt ja nicht nur immer wieder, er generiert auch Empfehlungsgeschäft. Nicht nur als Immer-wieder-Kunden, sondern vor allem als aktive positive Empfehler sind Kunden lukrativ. Empfehler sind Ihre besten Helfershelfer auf dem Weg zu verbesserten Ergebnissen und hohem Neukundengeschäft. Loyalitätsführerschaft heißt das neue Ziel.

Vier Aspekte sind es, die Kundenloyalität stärken:

  • das Wissen, wie Loyalität funktioniert
  • die kundenfokussierte Mitarbeiterführung
  • das emotionalisierende Verkaufen
  • ein systematisches Empfehlungsmarketing

Loyalität schlägt Kundenbindung

Die gute alte Kundenbindung gehört in die Marketing-Mottenkiste des letzten Jahrhunderts. Kundenbindungsmaßnahmen gehen immer vom Unternehmen aus. Sie dokumentieren die selbstzentrierte, managementbezogene und oft immer noch arrogante Sicht der Unternehmen auf die Kunden. Bindung macht unfrei, fast möchte man an Fesseln denken. Kein Knebelvertrag, keine Wechselbarriere, kein noch so gut gemachtes Kundenbindungsinstrument kann Treue erzwingen.

Also Loyalität! Aber kommt das nicht ein wenig verstaubt daher? Denkt man da nicht an blinden Gehorsam und ewige Treue? Passt Loyalität überhaupt noch in unsere schnelllebige Zeit? Ja natürlich! Loyalität ist als uralte Ausprägung des Herdentriebs tief in uns verankert. ‚Connecting people’, der Werbespruch von Nokia (weltweit nahezu 40 Prozent Marktanteil!) ist ein eindrucksvoller Beweis dafür, wie man dieses Wissen aktualisieren und kapitalisieren kann. Jede Community und alle Netzwerke haben mit Verbundenheit und letztlich auch mit Loyalität zu tun.

Loyalität bedeutet:

  • freiwillige Treue
  • emotionale, andauernde Verbundenheit
  • leidenschaftliche Fürsprache

Loyalität ist freiwillige Treue. Sie hat viel mit guten Gefühlen zu tun: mit Achtsamkeit, Zuverlässigkeit, Vertrauen, Wertschätzung und Zuneigung. Loyalität ist emotionsbehaftet und geht vom Kunden aus. Das hört sich prima an – nur leider: Loyalität ist heute ein flüchtiges Gut. Eine Loyalitätsgarantie gibt es nicht. Man muss sie sich – genau wie seinen guten Ruf – immer wieder neu (v)erdienen. Loyalität bekommt geschenkt, wer Kundenerwartungen (deutlich) übertrifft.

Alles, was mit blumigen Werbeworten von buntem Prospektmaterial, über das Internet und von den Mitarbeitern versprochen wird, muss nicht nur eingelöst, sondern sogar überboten werden. Überrascht, verblüfft, begeistert, ja geradezu fasziniert muss der Kunde sein, das ist der beste Nährboden für dauerhafte Kundentreue. Vertrauen und immer neue Begeisterung sind die Vorstufen zum Aufbau von Loyalität – und ein wirksam vorbeugendes Mittel gegen Kundenschwund.

Die schärfste Waffe des Kunden

Loyalität – und nicht Konsumverzicht – ist die schärfste Waffe des Verbrauchers. Denn irgendwann wird jeder wieder kaufen (müssen), fragt sich nur, bei wem! Kundenloyalität zu erzeugen ist damit die wichtigste und gleichzeitig vorrangigste unternehmerische Herausforderung der Zukunft. Wer in Loyalitätsmarketing investiert, wird sich erfolgreich von der allgemeinen Marktentwicklung abkoppeln können, der liegt in Zukunft vorn!

Loyalitätsmarketing heißt: die Blickrichtung wechseln, die eigene betriebliche Welt mit aller Konsequenz durch die Brille der Kunden betrachten, deren Kopf und Herz erobern wollen. Immer-wieder-Kunden und aktive positive Empfehler stehen dabei im Zentrum aller Aktivitäten. Wo allerdings der Sirenengesang der Börsianer nach Quartalsberichten ruft und wo sich Wirtschaftseliten aus machtpolitischem Kalkül lieber mit Fusionen statt mit Kunden schmücken, da werden die Interessen der Kunden mit Füßen getreten. Und da ist der Weg zum loyalen Käufer weit. Denn Loyalität braucht Zeit zum Wachsen.

Wie das Loyalitätsmarketing funktioniert

Fehlende Loyalität des Arbeitgebers erzeugt automatisch fehlende Loyalität bei Mitarbeitern und Kunden. Wer also Loyalität will, muss diese – beim Top-Management beginnend – aktiv leben, fördern und fordern. Von dort muss der Loyalitätsfunke auf alle im Unternehmen überspringen.  Loyalitätsführer bevorzugen langfristige Beziehungen zu Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten, Partnern und Investoren. Dies verändert das Führungsverhalten und die Unternehmenskultur auf positive Weise. Denn alle Mitarbeiter im Unternehmen orientieren sich an der Führungsspitze.

Loyalitätsmarketing ist nicht mit einem flotten Zehn-Punkte-Programm und auch nicht mit den üblichen Checklisten zu machen. Patentrezepte gibt es nicht. Denn Loyalität funktioniert bei jedem Individuum unterschiedlich und stellt sich in jedem Unternehmen anders dar. Ein lohnender Weg zum Ziel: Verabschieden Sie sich doch einmal von Ihrer klassischen Zielgruppen-Segmentierung und bilden Sie die folgenden drei Kategorien:

  • nicht loyale Kunden
  • bedingt loyale Kunden
  • durch und durch loyale Kunden

Definieren Sie die Kriterien, die etwa einen durch und durch loyalen Kunden kennzeichnen. Dann analysieren Sie ganz genau, wie Sie an diese gekommen sind, was sie auszeichnet und wie sie sich verhalten. Mit diesem Wissen lassen sich Profile und Prozesse erstellen, mit deren Hilfe man systematisch auf die Suche nach neuen loyalen Kunden gehen kann.

So lernen Sie auch, solche Kunden zu meiden, bei denen alle Loyalisierungsbemühungen zwecklos sind. Denn Loyalität lässt sich nicht bei Allen und Jedem erreichen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich übrigens drei unterschiedliche Loyalitäten:

  • die zum Unternehmen als solchem
  • die zu den Angeboten und Services bzw. Marken des Unternehmens
  • die zu den Mitarbeitern und Ansprechpartnern

In vielen Dienstleistungsbranchen ist die Loyalität zum Ansprechpartner am höchsten, vor allem dann, wenn es um eine vertrauensvolle Zusammenarbeit geht. Starke Marken erzeugen oft eine mächtige Markenloyalität. So kann es beispielsweise passieren, dass ein Kunde seiner Automarke treu bleibt, jedoch seinen angestammten Händler verlässt, weil sein langjähriger Betreuer in ein anderes Autohaus wechselt.

Die Mitarbeiter als Loyalitätsmacher

Kunden kaufen nicht von Unternehmen, sondern von Menschen. Die Mitarbeiter sind die Umsetzungsverantwortlichen des Marketing und die maßgeblichen Loyalitätsmacher. Je individueller die Leistung für den einzelnen Kunden erbracht wird und je unmittelbarer der Kunde-Mitarbeiter-Kontakt ausfällt, desto stärker ist das Gefühl emotionaler Verbundenheit. Und dort, wo Produkte nicht mehr faszinieren können, da müssen es die Menschen tun. Wo persönliche Kontakte fehlen, sinkt automatisch die Kundenloyalität. Dies ist der erste Schritt zum Kundenverlust. Wer dagegen ’seinem‘ Verkäufer emotional und dauerhaft verbunden ist, der wird diese Loyalität auch auf das Produkt übertragen.

Die kundenfokussierte Führung richtet die Mitarbeiter voll und ganz auf den Kunden aus. Die Schlüsselfragen, die dabei immer wieder zu stellen sind, lauten:

  • Wer genau ist der Kunde?
  • Wie ‚tickt’ er emotional?
  • Was will und braucht er wirklich?
  • Was ist gut und richtig für ihn?
  • Was hält er von unserer Leistung?
  • Was fängt er damit an?
  • Wie können wir helfen, unsere Kunden erfolgreich und damit glücklich zu machen?

Und wie erfahren Sie all das? Nicht am grünen Tisch, nicht durch Studien und Statistiken, sondern nur durch regelmäßige, offene Dialoge mit den Kunden! Kundenfokussiert zu verkaufen heißt zum Beispiel: Nicht glauben, zu wissen, was der Kunde nötig hat und nützlich findet, sondern die Mitarbeiter anhalten, unaufhörlich Kunden-Rückmeldungen einzuholen.

Die kundenfokussierte Mitarbeiterführung

Die kundenfokussierte Haltung eines Unternehmens beginnt in den Köpfen der Führungskräfte. Nicht, was wir am besten können, was richtig für uns und gut für die Geldgeber ist, sondern was passend für unsere Kunden ist, steht im Fokus. Denn vor dem Geldverdienen kommt der Kunde. Und Geldscheine sind Stimmzettel!

Für den Mitarbeiter heißt das: Im Zweifel dem Kunden und nicht dem Boss gefallen, seine ganze Energie auf den Kunden und nicht auf die Führungskraft konzentrieren. Und das erfordert in manchen Unternehmen eine Menge Mut.

Die kundenfokussierte Führung ist folgendermaßen geprägt:

  • die Mitarbeiter werden als interne Kunden gesehen – und auch so behandelt
  • die Mitarbeitermotivation wird regelmäßig gemessen und ist hoch
  • die Führungskraft lebt Kundenorientierung sichtbar vor
  • die Ziele der Mitarbeiter sind auf Kundenorientierung ausgerichtet
  • über kundenorientierte Einstellungen wird regelmäßig gesprochen
  • kundenorientiertes Verhalten wird gefördert, gefordert, gemessen, gelobt und belohnt
  • an kundenorientierter Prozess-Optimierung wird fortlaufend gearbeitet

Auf eine Gefahr sei dabei allerdings hingewiesen: Dort, wo durch Prämien und Incentives belohnte Kundenorientierung sehr im Fokus steht, ist darauf zu achten, dass der Mitarbeiter nicht überzieht und hierdurch zwanghaft künstlich wirkt – oder gar die Kunden zu sehr bedrängt und damit überfordert und abschreckt. Kundenorientierung braucht also ein ‚Tuning’, um jederzeit im grünen Bereich zu sein.

Jeder Mitarbeiter ein Verkäufer

In kundenfokussierten Unternehmen kommen möglichst alle Mitarbeiter ‚live’ mit Kunden zusammen. Oder sie hören zumindest ständig Geschichten über die Kunden – und zwar vorzugsweise Erfolgsgeschichten. Ein Beispiel: Bei einem mittelständischen Futtermittel-Hersteller trafen sich seit Jahr und Tag die Mitarbeiter der Zentrale zu einem geselligen Mittwochsfrühstück. Nun werden hierzu auch Außendienst-Mitarbeiter eingeladen, die über ihr Verkaufsgebiet berichten, Innendienst-Mitarbeiter erzählen über ihre Besuche bei Kunden und manchmal kommen sogar Kunden und schildern die Probleme bzw. Erfolge mit dem Einsatz der Produkte dieses Unternehmens.

In kundenfokussierten Unternehmen kennt das Management seine Kunden nicht nur aus den Berichtsbänden der Marktforschungsinstitute – sondern persönlich. Für viele Führungskräfte bedeutet dies, womöglich erstmals mit einem Kunden von Angesicht zu Angesicht zu reden. Ikea-Führungskräfte besuchen beispielsweise die Kunden zu Hause, um zu sehen, wie sie so leben. Und samstags sitzen sie mit an der Kasse.

Fast jeder im Unternehmen kann heute direkt oder indirekt zur Anlaufstelle für den Kunden werden. Deshalb braucht nicht nur das Sales-Team, sondern letztlich jeder einzelne Mitarbeiter im Unternehmen Kundenorientierung. Der Kunde jedenfalls beurteilt ein Unternehmen als Einheit. Er entscheidet, wann er wie mit welchem Mitarbeiter in Kontakt tritt. Er will von jedem eine Spitzenleistung, da unterscheidet er nicht zwischen Chef und Azubi. Wenn auch nur ein einziger Mitarbeiter patzt, war aus Sicht des Kunden ‚der Laden‘ schuld.

Kunden zu Verkäufern machen

Wer durch und durch begeistert ist, wird gerne als Empfehler aktiv. Empfehler sind die besten Verkäufer, die Sie gewinnen können: uneigennützig, unwiderstehlich, unbezahlbar. Wer beginnt, ein Unternehmen mit Inbrunst und Leidenschaft zu empfehlen, wird dieses kaum mehr verlassen. So kommt man zu Kunden mit quasi eingebauter Bleibe-Garantie.

Empfohlenes Geschäft ist quasi schon vorverkauft. Dies führt bei dem, der die Empfehlung erhält, zu einer positiveren Wahrnehmung, zu einer höheren Gesprächsbereitschaft, zu einer geringeren Preis-Sensibilität, zu zügigeren und höherwertigen Abschlüssen und schließlich zu loyalerem Geschäftsgebaren. Und schnell entsteht so neues Empfehlungsgeschäft. Die Kernfrage lautet:

Wie mache ich meine Kunden (und Kontakte) zu Topp-Verkäufern meiner Angebote und Services?

Den Empfehler treibt nicht Profit, sondern vielmehr das Bestreben, jemand zu sein, also bei anderen gut dazustehen oder etwas beizutragen, also anderen Gutes zu tun. Mit einer erstklassigen Empfehlung kann man sich schmücken und sein Selbstwertgefühl steigern. Man kann sich als Kenner präsentieren. Man kann Menschen beeinflussen. Und Freundschaften festigen. Eine Empfehlung ist immer subjektiv und sehr persönlich. Denn sie sagt auch etwas über die eigene Wertewelt. Und: Wir empfehlen niemanden, den wir nicht leiden können.

Aktive positive Empfehlungen sind das Wertvollste, das ein Unternehmen von seinen Kunden bekommen kann. Das Marketing und die komplette Vertriebsmannschaft müssen lernen, gezielt ihre Kunden als positive Kommunikatoren so mit einzubinden, dass diese begeistert Empfehlungen aussprechen. Von daher ist die Empfehlungsrate eine der wichtigsten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen. Sie sollte im Geschäftsbericht ganz vorne stehen.

(Das Buch zum Artikel: Anne M. Schüller: Total Loyalty Marketing)

(Bild: © Anatoly Tiplyashin – Fotolia.de)

Anne M. Schüller

Anne M. Schüller ist Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Rednern im deutschsprachigen Raum. 2015 wurde sie in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen. Ihre jüngsten Bücher heißen „Die Orbit-Organisation“ und „Querdenker verzweifelt gesucht“.

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