Der moderne Vertrieb steht vor einer Wachablösung, vor einem Paradigmenwechsel: Der Innendienst übernimmt (auch) beim proaktiven Verkauf eine Schlüsselrolle. Er ist nicht länger Erfüllungsgehilfe des Außendienstes – Innendienst und Außendienst bilden vielmehr ein Tandem mit gleichberechtigten Aufgaben, Rechten und Pflichten. Unternehmen, denen dies gelingt, gestalten aktiv ihre Zukunft.
Wachablösung: die zukunftsorientierte Rolle des Innendienstes
In traditionell-klassischen Unternehmen ist der Vertrieb meistens in eine Vertriebsstruktur eingebunden, die ihn im Hintergrund im Backoffice ein nahezu armseliges Stiefmütterchen-Dasein fristen lässt.
Lieb und brav, ohne kreative Impulse sorgen die Innendienstmitarbeiter an ihren Schreibtischen für die Koordination der Termine der Außendienst-Stars der Vertriebsabteilung, verantworten den pünktlichen Versand der Angebote und verschicken bei Auftragsabschluss Verträge und Dankesschreiben.
Unsere Erfahrung zeigt: Unternehmen, die so agieren, wird es am Markt nicht (mehr) lange geben. Denn die Firmen verschleudern wertvolles Potenzial und reduzieren ohne Not ihre Vertriebspower. Sie fahren mit halber Kraft, weil sie es nicht verstehen, den Innendienst zur Erreichung der Vertriebsziele einzusetzen.
Zukunftsorientierte Unternehmen hingegen wissen, dass sich strategische Wettbewerbsvorteile langfristig und nachhaltig nur auf- und ausbauen lassen, wenn Innendienst und Außendienst gemeinsam intensiv daran arbeiten, Kundenbegeisterung zu erzeugen. Doch was ist dazu notwendig?
Kehrtwende: Ohne Umdenkprozesse geht es nicht
Was so einfach klingt, setzt ein Umdenken auf vielen Ebenen voraus. Denken Sie nur an den Außendienst: Er muss Kompetenzen abgeben, Ruhm teilen, den Innendienst als gleichberechtigten Partner anerkennen und seine „Wir-sind-die-einzigen-Säulen-des-Erfolgs“-Mentalität aufgeben.
Management und Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, die einseitige Fokussierung auf Außendienst und Verkäufer aufzugeben und ihre Vorbildwirkung zu nutzen, damit der Innendienst den Rollenwechsel vom Auftragsabwickler zum proaktiven Kundenmanager schaffen kann und schaffen will.
Es geht um das Einreißen traditioneller Wände, die die Abteilungen immer noch trennen. Kooperation statt Konfrontation, Zusammenarbeit und Wertschätzung statt Abteilungsegoismus – das ist das Ziel. Und natürlich müssen die Innendienstmitarbeiter vollkommen neue Kompetenzen aufbauen, um den ungewohnten Aufgaben gerecht zu werden.
Voraussetzung: Innendienstmitarbeiter auf neue Rolle vorbereiten
Der Mitarbeiter im Innendienst versucht bereits bei der telefonischen Anfrage, den Kundentypus zu analysieren und zu erfragen. Er will herausfinden, welchen konkreten Bedarf der Kunde hat. Er prüft und überlegt, welcher Außendienstmitarbeiter aufgrund seiner Mentalität und Persönlichkeit am besten geeignet ist, mit dem Kunden Kontakt aufzunehmen.
Und er kümmert sich intensiv um das Beziehungsmanagement: Er ist es, der zum wichtigen Entscheider den kontinuierlichen Kontakt hält, ihm per E-Mail zum Geburtstag gratuliert, den Unternehmens-Newsletter mit einem persönlichen Anschreiben versieht und ihm nutzenwerte Infos zuschickt, die er für den Kunden im Netz entdeckt hat. Kurz: Seine Bedeutung für den Aufbau einer konstruktiven und umsatzorientierten Kundenbeziehung nimmt enorm zu.
Dies sind nur einige der Aufgaben, die der Innendienstmitarbeiter als Kundenmanager erfüllen muss. Dazu erhält er von der Geschäftsleitung die notwendigen Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen, während ihn der Vertriebsleiter auf seine Rolle vorbereitet, indem er ihn zielorientiert coacht und ihm auch das Selbstbewusstsein vermittelt, als proaktiver Kundenmanager erfolgreich zu sein.
Wertschöpfende Prozesse: Vertriebseffizienz steigern
Auch damit die neue und innovative Rolle des Innendienstes nicht angreifbar ist, müssen die Mitarbeiter strikt erfolgsorientiert arbeiten. Die Konsequenz: Die Vertriebsleitung arbeitet mit genauen Zielvereinbarungen und formuliert SMARTe Ziele (Spezifisch, Messbar, Akzeptiert, Realistisch, Terminierbar).
Mithilfe von KPI-Schlüsselkennzahlen (Key Performance Indicators) werden ertrags- und umsatzorientierte Ziele gemeinsam erarbeitet, die eine motivierende Selbststeuerung der Beteiligten im Innendienst erlauben.
Durch die Festlegung erfolgskritischer Kennzahlen – etwa zu Cross-Selling, Up-Selling, den Zusatzverkäufen bei Bestandskunden sowie der Anzahl von Weiterempfehlungen und zusätzlichen Verkaufschancen durch umgewandelte Reklamationen – können die Fortschritte jederzeit visualisiert werden.
Erforderlich ist eine professionelle und strukturierte Vorgehensweise, mit dem Ziel, dass der Innendienst mithilfe wertschöpfender Prozesse zum Umsatz beiträgt. Die „Effizienzpyramide für den Vertriebsinnendienst“ beschreibt, welche Schritte dazu notwendig sind.
Die Effizienzpyramide für den Vertriebsinnendienst
- SMART-Ziele für einzelne Prozesse im Vertriebsinnendienst
- Ausgangssituation: Prozessmodellierung der erfolgsentscheidenden Prozesse (wie Akquiseprozess, Verkaufsprozess, Auftragsabwicklungsprozess, Serviceprozess)
- Analyse der Entwicklungspotenziale bei Vertriebsinnendienstmitarbeitern (Verhaltensanalyse, Kompetenzanalyse, Tätigkeitenanalyse)
- Strategie zur Effizienzsteigerung im Vertriebsinnendienst (Mitarbeiterentwicklung, Prozessentwicklung, Zeitmanagement, etc.)
- Umsetzung: konkrete Maßnahmen und Projekte definieren und umsetzen (Verantwortlichkeitsmatrix, Feedback, Meilensteine)
- Automatismus zur Selbststeuerung mit Kennzahlen und Fortschrittsvisualisierung (Monitoring)
Teamspirit: Verständnis füreinander gewinnen
Die Akquise-, Verkaufs-, Auftragsabwicklungs- und Serviceprozesse gehören zu den Abläufen, bei denen ein verkaufsaktiver Innendienst substantielle Beiträge leisten kann.
Eine kreative Möglichkeit, zugleich den Teamgeist zu fördern und kundenorientiert vorzugehen, ist die Bildung von Tandems, bei denen je ein Mitarbeiter aus Innen- und Außendienst sich gemeinsam darum kümmern, Kunden und Interessenten zu überzeugen und zu begeistern. Beide Beteiligten nutzen ihre spezifischen Stärken und Kompetenzen, um Kunden individuell und motivorientiert zu beraten.
Hilfreich dabei sind Hospitationen: Während der Verkäufer Sandro Schmitt der Mitarbeiterin aus dem Innendienst einen halben Tag über die Schulter schaut, begleitet der Innendienstmitarbeiter Martin Müller die Kollegin zum Kunden vor Ort.
So wächst das gegenseitige Verständnis, man vertraut sich, jeder bekommt ein Gespür für die Aufgaben, Herausforderungen, Nöte und Probleme der „anderen Seite“. Und das sind nicht die schlechtesten Voraussetzungen für das Zusammenwachsen der Abteilungen, die nun gemeinsam an einem Strang ziehen.
Fazit: Die Geschäftsführung muss die Spielregeln machen
Aufgabe der Geschäftsführung ist es, die für die Wachablösung notwendigen Prozesse zu koordinieren. Dazu stellt sie klare Spielregeln für die neue Zusammenarbeit zwischen Außen- und Innendienst auf und definiert die zukünftigen Arbeits- und Verantwortungsfelder.
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