Ein kurzer Blick zurück. Nach den mentalen Aufräumarbeiten (Teil 1 bis 5) haben Sie im Teil 6 die Verhandlungsphasen bereits kennen gelernt. (Das Phasenmodell folgt Kunkel, Bräutigam und Hatzelmann „Verhandeln nach Drehbuch, S.14 ff“). In den Folgen 7 bis 14 haben wir die Phase 1 (Vorbereitung) mit Hilfsmitteln (SWOT-Analyse), Bemerkungen zur Teamfestlegung, zur Agenda, zu Ihren Optionen und zur Strategie behandelt.
Phase 2 Ihrer Verhandlung: die Begrüßung
Heute nehmen wir uns die nächste Phase 2 vor, die Begrüßung. Sie waren schon damals nicht wirklich davon überzeugt, dass eine Phasengliederung hilfreich sei? Zu den Argumenten (vgl. Teil 6) sei deshalb noch mal nachgelegt:
Genau wie Sportprofis ihre Bewegungsabläufe ständig mental durchspielen, hilft Ihnen das Phasengerüst in hektischen oder gespannten Situationen, den Überblick nicht zu verlieren. Es schützt Sie vor Fehlern, die durch verfrühtes Vorpreschen entstehen und nur mühsam aufzulösen sind – niemand geht gern zurück! Selbst wenn die andere Seite keinen Schimmer von Verhandlungsphasen besitzt, werden Sie merken, dass Sie sich nicht von spontanen Einfällen der Gegenseite locken lassen, wenn Sie Ihr „Phasenpensum“ noch nicht abgearbeitet haben. Damit synchronisieren Sie zum beiderseitigen Nutzen den Verhandlungsverlauf und zwangsläufig auch ihr Gegenüber.
Machen Sie nicht den Fehler, die Phasengliederung im Vorfeld oder im ersten Treffen verbal offenzulegen – das ist Ihre Vorgehensweise und nicht verhandelbar! Auch kommentierende Bemerkungen zu den Übergängen (… verlasse jetzt die Informationsphase…) verbieten sich.
Der Begrüßungsphase kommt hohe Bedeutung für den Verhandlungserfolg zu. Sie nehmen den (oder die) Verhandlungspartner das erste Mal physisch wahr. Das beginnt mit den Schritten aufeinander zu, dem Händedruck, dem Blick in die Augen, dem Lächeln, der Namensnennung. In Sekundenbruchteilen werden die Eindrücke von Ihnen verarbeitet, dann kommen Eindrücke von Statur, Bewegung, Kleidung, bei Gruppen noch die Anordnung im Raum hinzu.
Vorbereitungen treffen: Welche Kleidung ist am passendsten?
Beginnen wir mit den Dingen, die Sie sich vorher zu überlegen haben. Tragen Sie Sachen, in denen Sie sich wohlfühlen, die der Stellung Ihrer Partner bzw. der Verhandlungshöhe angemessen sind und die ruhig einen Tick „besser“ sein können. Sie haben die Kleidung natürlich rechtzeitig geprüft (Reinigung erforderlich, Absätze schief, alle Knöpfe an Bord…). In Jeans, T-Shirt und Turnschuhen geht auch – als Jungunternehmer mit ihrem WEB-Dienstleister, der ähnlich auftaucht. Aber nicht, wenn Sie zur Hausbank gehen oder mit wichtigen Kunden oder Lieferanten sprechen.
Unterschätzen Sie die diese Mechanismen zur Herstellung eines angemessenen Rahmens nicht. Sicher hört sich eine Oper in Jeans oder Abendanzug gleich an – aber Ihre innere Haltung und die erkennbare Außenwirkung zeigen und bewirken die Achtung des Partners und der Situation. Leichte Punkte für Sie!
Lieber zu früh am Verhandlungsort sein
Natürlich fahren Sie rechtzeitig los; abgehetzt anzukommen ist ein wirksamer Souveränitätsräuber. Und Sie wissen GENAU, wo der Treffpunkt liegt. Nicht ist peinlicher, als das Gebäude zu sehen und den Eingang nicht lokalisieren zu können. Oder wenn der Pförtner erst noch drei Kandidaten weitschweifig den Weg erklärt, bis Sie an der Reihe sind. Lieber etwas zu früh da sein, das Sekretariat kennen lernen, vielleicht eine persönliche Auszeit nehmen, um die Hände zu waschen, den Raum aufnehmen, zur Ruhe kommen, sich eine kooperative Sitzordnung überlegen.
Nun wird es ernst. Die andere Seite erscheint. Einer rennt auf Sie zu, und quetscht Ihre Hand – ist insbesondere bei beringten Damenhänden ein beliebter Machofehler. Ihr Händedruck soll spürbar sein, aber nicht einschüchtern. Eine kräftige Hand, deren Struktur auf eine erfolgreiche Gartensanierung hinweist, nehmen Sie kraftvoller an, als die zarten Finger von Schreibtischtätern beiderlei Geschlechts. Feuchte Hände? Hier leistet ein Taschentuch wirksame Hilfe.
Smalltalk als Gesprächseinstieg
Ziel ist, dass Sie sympathisch herüberkommen. Jetzt holen Sie vorüberlegte Fragen zu Partner und Firma heraus, um den Smalltalk in Gang zu bringen. Vergessen Sie nicht – Sie tragen die (Mit-)Verantwortung für den Beziehungsaufbau. Alles was Sie hier investieren, zahlt sich im weiteren Verlauf vielfach für Sie aus.
Zu meiner Verblüffung sagte einmal ein Verhandlungspartner:“Wissen Sie, bevor wir hier anfangen, möchte ich Sie erst einmal etwas kennen lernen – bitte erzählen Sie doch mal etwas von sich!“Guter Einstieg – den ich gern akzeptiert habe, nachdem klar war, dass im Anschluss die Bitte genauso an ihn gehen würde. Achten Sie besonders auf die privaten Anteile – Ihre Anknüpfungspunkte!
Die Begrüßungsphase beendet immer das Gegenüber. Sie haben genug Zeit eingeplant, um auch längere Einstiege zu verkraften; die Beziehung gewinnt zunehmend an Kontaktsicherheit. Wenn der Partner sofort beginnen möchte, machen Sie trotzdem ein Gesprächsangebot – die Phase soll auch zur Entspannung dienen – die Spannung kommt noch früh genug.
Weitere Artikel dieser Serie:
Verhandlungstechnik (Teil I): Ordnen Sie Ihre inneren Stimmen!
Verhandlungstechnik (Teil II): Ihr Selbstbewusstsein als Erfolgsfaktor!
Verhandlungstechnik (Teil III): Stärken Sie Ihre Verhandlungsmacht!
Verhandlungstechnik (Teil IV): Nutzen Sie Ihre Verhaltensautomatismen!
Verhandlungstechnik (Teil V): Innere Barrieren abbauen!
Verhandlungstechnik (Teil VI): Gliedern Sie erfolgsorientiert!
Verhandlungstechnik (Teil VII): Ihre Vorbereitung ist das A und O!
Verhandlungstechnik (Teil VIII): Nutzen Sie die SWOT-Analyse!
Verhandlungstechnik (Teil IX): So sind Sie optimal vorbereitet!
Verhandlungstechnik (Teil X): So treten Sie gewinnend auf!
Verhandlungstechnik (Teil XI): Ihre Agenda ist der Weg!
Verhandlungstechnik (Teil XII): Strategie – aber bitte die richtige!
Verhandlungstechnik (Teil XIII): Welche Strategie ist die richtige für Sie?
Verhandlungstechnik (Teil XIV): Der Kompromiss – Fluch oder Segen?
(Bild: © tsyhun – Fotolia.de)
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