„Viele gute Strategien scheitern an mangelhafter Umsetzung“. Diesem Satz würden wahrscheinlich die meisten von uns spontan zustimmen.
In der Oktober-Ausgabe des Harvard Business Managers (Seite 77 ff.) habe ich einen, wie ich finde, brillanten Artikel zu diesem Thema gefunden. Er räumt auf mit dem weit verbreiteten Denken, dass die Entwicklung und die Umsetzung von Strategien als zwei voneinander getrennte Prozesse angesehen werden könnten.
Wer entwickelt Ihre Marketing- bzw. Ihre Vertriebsstrategien? Der Marketing- bzw. Vertriebsleiter gemeinsam mit der Geschäftsführung. Und wer setzt die Strategien jeweils um? Die Führungskräfte und Mitarbeiter in Marketing und Vertrieb auf allen nachfolgenden Hierarchiestufen. Scheitert eine Strategie, liegt das zumeist an der mangelhaften Umsetzung (der natürlich guten Strategie). Geht eine Strategie auf, war sie einfach gut (zum Glück haben die Mitarbeiter die Umsetzung nicht vergeigt). Ich gebe zu, das ist spitz formuliert, aber wenn wir mal ehrlich sind, ist diese Denkweise nah an der Realität.
Strategieentwicklung und Strategieumsetzung gehören zusammen
Das Grundproblem: Wir gehen davon aus, dass Strategieentwicklung und Strategieumsetzung zwei getrennte Dinge seien – und so arbeiten wir dann auch: Das Top-Management denkt sich die Strategien aus und der Rest des Unternehmens ist dann Erfüllungsgehilfe. Das heißt, jeder Mitarbeiter handelt nach den vorher ja bereits getroffenen Entscheidungen. Eigene Entscheidungen sind „nicht mehr nötig“, das Denken wurde ja bereits von anderen übernommen.
Für die erfolgreiche Umsetzung der erdachten Strategie wird aufwändiges Change Management betrieben. Denn schließlich müssen die Mitarbeiter von der neuen Strategie überzeugt und auf den „richtigen Weg“ gebracht werden. Dass mit dieser verbreiteten, unterschwelligen Einstellung selbst die beste Strategie nur sehr schwer auf den Weg zu bringen ist, ist eigentlich naheliegend. Aber eben nur, wenn man es sich einmal so deutlich vor Augen führt.
Eine Strategie muss von ihrer Entstehung bis zur vollständigen Umsetzung etliche Etappen und Meilensteine überwinden: Hierarchiestufen, Organisationseinheiten, Ländergrenzen, Abteilungen, Funktionen, Schnittstellen etc. Eine Vielzahl von Zahnrädern also, die ineinander greifen müssen. Und an jedem dieser Zahnräder stehen Menschen. Menschen, die entweder stur Anweisungen ausführen oder mit gesundem Menschenverstand viele wichtige Einzelentscheidungen treffen.
Eigene Entscheidungen der Mitarbeiter unerwünscht
Den Mitarbeitern werden heute meistens klare Regeln für die Umsetzung der Strategie vorgegeben. Ihnen wird das Gefühl vermittelt, eigene Entscheidungen seien nicht erwünscht („nicht notwendig“). Dadurch bauen die Mitarbeiter innerlich eine Abwehrhaltung auf, setzen nur noch stupide um, geben wichtige Informationen aus der Praxis nicht weiter oder boykottieren neue Strategien sogar.
Die überall immer wieder eingeforderte Eigenverantwortung der Mitarbeiter (es gibt kein Unternehmen, für das ich je gearbeitet habe, in dem das kein Thema war!) wird so schon im Keim erstickt – denn das Management sagt klar, wo es lang geht. Und so wird die Umsetzung jeder weiteren Strategie und Veränderung im Unternehmen schwieriger und schwieriger und schwieriger. Kein Wunder also, dass Führungskräfte sich nicht nur mehr Eigenverantwortung, sondern fast immer auch eine höhere Veränderungsbereitschaft von Ihren Mitarbeitern wünschen.
Die Experten des Artikels im HBM plädieren klar für ein Umdenken: Strategieentwicklung und -umsetzung seien als nicht zu trennende Einheit zu verstehen. An jedem Punkt im Unternehmen müssten Entscheidungen getroffen werden können, die jeweils Auswirkungen auf spätere Entscheidungen haben. Das Management treffe die allgemeinen, abstrakteren und langfristigen Entscheidungen; die Mitarbeiter die konkreteren, kurzfristigeren Entscheidungen. Für den Erfolg einer Strategie seien alle gleichermaßen wichtig.
Mitarbeitern Freiräume gewähren und Mitdenken anregen
Dazu brauchen die Mitarbeiter Freiräume und vor allem das Wissen, dass ihre Entscheidungen und ihr Mitdenken erwünscht und bedeutend sind. Das allein fördert die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeiter. Keine Strategie kann allein so „gut“ sein, dass sie alle Eventualitäten und alle tatsächlichen Gegebenheiten in der praktischen Arbeit berücksichtigt. Jede Strategie ist nur so gut, wie ihre Umsetzung gemanagt wird. Leider erleben wir in der Beratung unserer Kunden immer wieder, dass schon die Weitergabe der Strategie an die nächste Führungsebene und deren Mitarbeiter – also die reine Kommunikation der Strategie – höchst problematisch ist und zu Unzufriedenheit bezüglich der Strategieumsetzung führt.
Welche Grundeinstellung herrscht in Ihrem Unternehmen vor? Sind Strategieentwicklung und -umsetzung eine Einheit oder nach wie vor gedanklich getrennte Prozesse? Welche Auswirkungen hat die bei Ihnen verbreitete Grundeinstellung auf den Erfolg Ihrer Strategien? Sind Sie zufrieden mit der Umsetzung Ihrer Strategien oder gestaltet der Prozess sich immer wieder eher schwierig?
Versuchen Sie die „Strategiekultur“ in Ihrem Unternehmen einmal objektiv zu bewerten und nach konkreten Verbesserungspunkten zu suchen. Hierfür brauchen Sie wahrscheinlich externe Unterstützung, denn Objektivität im eigenen Unternehmen ist kaum leistbar. Suchen Sie sich einen Berater, der Erfahrung in der Analyse und Entwicklung von Einstellungen und Verhalten im Unternehmen hat und der in der Lage ist, Ihnen ein ehrliches Spiegelbild vorzuhalten. Sie werden langfristig davon profitieren, wenn es Ihnen gelingt, eine Kultur zur gemeinsamen Strategieumsetzung zu schaffen.
(Bild: © iStock.com)
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