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Wann sollten Seminare „maßgeschneidert“ sein und wann genügt „Konfektionsware“? Hierüber sprach Bernhard Kuntz mit Wolfgang J. Schmitt, dem geschäftsführenden Gesellschafter der Wirtschaftsberatungsgesellschaft Schmitt und Partner, Würzburg.

Herr Schmitt, Ihr Unternehmen entwickelt und verkauft seit elf Jahren unter der Marke Trainplan® fix und fertig ausgearbeitete Seminarkonzepte. Mit Erfolg?

Schmitt: Seit drei, vier Jahren boomt die Nachfrage.

Wie erklären Sie sich das?

Schmitt: Das Denken der Weiterbildner hat sich gewandelt.

Inwiefern?

Schmitt: Bis vor wenigen Jahren herrschte in der Weiterbildungsszene das Credo: Seminarkonzepte müssen maßgeschneidert sein – auf die Zielgruppe und das Unternehmen. Dieser Denke widersprach es, ausgearbeitete Seminarkonzepte nebst Trainingsunterlagen für einen günstigen Preis einzukaufen und diese dem Bedarf anzupassen.

Geht mit dem Nutzen solcher Konzepte nicht ein Qualitätsverlust einher?

Schmitt: Nicht unbedingt, wenn der Trainer praxis- und felderfahren ist. Denn letztlich sind die Seminarunterlagen nur Hilfsmittel. Das eigentliche Lernen findet im Dialog zwischen Trainer und Teilnehmern statt.

Sind Sie grundsätzlich gegen ein Maßschneidern von Seminaren?

Schmitt: Selbstverständlich nicht. Wenn zum Beispiel hochqualifizierten Experten Spezialwissen vermittelt oder erfahrenen Führungskräften der nötige Feinschliff verpasst werden soll, dann führt daran meist kein Weg vorbei. Die Bedeutung des Maßschneiderns wurde in der Vergangenheit aber oft übertrieben.

In welcher Hinsicht?

Schmitt: Faktisch waren die meisten maßgeschneiderten Seminare nicht maßgeschneidert. Dieses Attribut diente vielfach nur als Legitimation für den hohen Preis. In der Praxis fügten die meisten Trainer vorgefertigte Seminarbausteine mal in der Reihenfolge ABC, mal BCA und mal CBA zusammen und fertig war das maßgeschneiderte Seminar. Das heißt, letztlich wurden nur geringfügige  Änderungen am Standardkonzept vorgenommen. Und wenn man die Seminarunterlagen beispielsweise mehrerer Präsentationstrainer mal nebeneinander legte, dann stellte man oft fest: Sie enthalten nicht nur weitgehend dieselben Inhalte. Es werden teilweise auch die gleichen Folien verwendet. Wenn dies so ist, dann kann ich als Trainer beim Neuentwickeln eines Seminars auch gleich ein bereits ausgearbeitetes Konzept als Grundgerüst nutzen und dieses dann meinem Corporate Design und Bedarf anpassen. Das spart viel Entwicklungsarbeit.

Haben das inzwischen viele Trainer erkannt?

Schmitt: Ja, aber auch Unternehmen. Auch sie nutzen heute ganz selbstverständlich unsere Konzepte.

Wie erklären Sie sich das?

Schmitt:  Die Unternehmen fragen sich heute aus Kostengründen häufiger: Ist beim Schulen der Zielgruppe x oder des Themas y wirklich ein maßgeschneidertes Seminar nötig oder genügt ein angepasstes Standardseminar? Hinzu kommt: Gerade wenn es um das Schulen großer Mitarbeitergruppen geht, erachten es die Unternehmen zunehmend als wichtig, dass in allen Seminaren – egal wer sie hält – dieselben Konzepte und Unterlagen eingesetzt werden; unter anderem damit die Teilnehmer anschließend den gleichen Wissensstand haben. Auch deshalb werden fix und fertig ausgearbeitete Konzepte stärker nachgefragt.

Gibt es weitere Gründe?

Schmitt: Ja. Gerade in den mitarbeiterstarken Bereichen der Unternehmen werden die Mitarbeiter zunehmend auch arbeitsbegleitend von ihren Vorgesetzten oder erfahrenen Kollegen geschult. Das heißt, diese Personen setzen sich, wenn sie zum Beispiel registrieren, dass Mitarbeiter auf Einwände nicht adäquat reagieren, mit diesen zusammen und sagen: „Lasst uns noch mal eine halbe Stunde über das Thema Einwandbehandlung sprechen.“ Hierfür brauchen die internen Trainer selbstverständlich Schulungsunterlagen. Deshalb bauen viele Unternehmen in ihrem Intranet eine Art Bibliothek auf, in der sich statt Büchern Seminarkonzepte befinden. Diese können die Trainer dann nutzen, wenn ein entsprechender Schulungsbedarf entsteht.

Herr Schmitt, danke für das Gespräch.

(Bild: © Antrey – Fotolia.de)

Bernhard Kuntz

Bernhard Kuntz (geb. 1958) ist Inhaber des PR-und Redaktionsbüros Die ProfilBerater. Er ist auf die Themen Marketing und Verkauf sowie Personal- und Unternehmensführung spezialisiert. Er ist Autor der Bildungs- und Beratungsmarketing-Fachbücher „Die Katze im Sack verkaufen“ (2005) und „Fette Beute für Trainer und Berater“ (2006). Außerdem veröffentlichte er die PR-Ratgeber für Dienstleister und Berater „Warum kennt den jeder?" (2008) und "Mit PR auf Kundenfang" (2010).

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