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Was gibt es nicht alles für Vorurteile gegen die Millennials. Sie seien verwöhnt und verzärtelt, dächten nur an sich und hätten weder Biss noch Durchhaltevermögen. Sie würden „work“ klein und „LIFE“ großschreiben und von Balance dazwischen hielten sie nicht viel, weil sie lieber feiern als arbeiten würden. Die „Generation ME“, wie man sie gelegentlich abwertend nennt, sei erschreckend leistungsresistent und kaum zu führen. Jetzt aber flutet genau diese Generation die Flure und Büros der Chefetagen und kollidiert mit ihren Vorgängern der Babyboomer und deren nachfolgenden Generation X.

Dass dies so herausfordernd ist, liegt daran, dass die Millennials die erste Bevölkerungsgruppe stellen, die nicht im Schatten der Nachkriegszeit erzogen wurde. Wer heute 30 ist, hatte im Normalfall schon keine Eltern mit Kriegserfahrungen mehr, die von Angst ums Überleben geprägt waren. Sie oder er kennt auch die Wachstumsschmerzen der jungen Demokratie nicht aus eigenem Erleben und ist zum Ende des Kalten Kriegs noch Kind gewesen. Die Millennials sind relativ unbeschwert herangewachsen und haben immer vom Wohlstand ihrer Elterngeneration, der Babyboomer profitiert.

Millennials: Leichtigkeit, nicht Leichtfertigkeit

Leider führt die Tatsache, unter gesicherten und glücklichen Lebensumständen ein freieres Denken entwickelt zu haben, zu unbegründeten Vorurteilen. Wenn Leistung zwar immer noch Lebensgrundlage, aber keine Frage von Leben oder Tod mehr ist, gerät naturgemäß auch die Einstellung lockerer, als es die Vorgeneration gewöhnt ist. Der Ernst der Fünfziger- bis Siebzigerjahre ist einer Leichtigkeit gewichen, die allerdings keinesfalls mit Leichtfertigkeit verwechselt werden sollte.

Damit einher geht zudem eine andere Einstellung zum althergebrachten Command & Control, das ältere Führungskräfte und MitarbeiterInnen mit der Muttermilch aufgesogen haben. Millennials reagieren allergisch auf Kontrolle. Sie sehen ein Zeichen des Misstrauens darin. Denn Vertrauen gehört zu den Dingen, die sie in ihrem angstfreien Aufwachsen entwickelt haben. Und so wie dort entstehen auch bei weiteren Prinzipien Konflikte zwischen den Boomern und der Gen X auf der einen und der Gen Y auf der gegenüberliegenden Seite.

Zu diesen Gefahrenquellen der Kommunikation zwischen Jung und Alt gehören ein veränderter Anspruch an die Sinnhaftigkeit der Arbeit, das Bedürfnis nach Work-Life-Blending, das Arbeit und Freizeit flexibler verzahnt, der Wunsch nach einem größeren Mitsprachrecht, als es Boomer-KollegInnen und -Bosse kennen  und eine starke Abneigung gegen inhaltsleere Anwesenheitskontrolle, die primär checkt, ob man am Platz ist, ohne die Ergebnisse zu priorisieren, die erbracht werden.

EXTRA: Generationskonflikt am Arbeitsplatz: Probleme mit Gen Y & Z ? [Studie]

Die Kooperation der Generationen erhöht den Gewinn

Die gewaltige Schwierigkeit, der sich die Neulinge dabei gegenübersehen, ist die Überzahl der Älteren, die Schlüsselpositionen besetzen und die Wortführerschaft im Unternehmen innehaben. Zwar ist das Selbstvertrauen der AufsteigerInnen groß, und sie lassen sich nicht alles gefallen, doch die entstehenden Dissonanzen wirken sich über das Betriebsklima unter Umständen auch auf das Betriebsergebnis aus. Hinzukommt, dass sich die Alteingesessenen meistens der Rückendeckung der Chef-Etage sicher sein können, mit der sie in der gleichen Filterblase sitzen. Das stärkt ihre Position, verschärft aber die Widersprüche.

Was also sollen Unternehmer tun, um die schrittweise Übergabe des Zepters von der aktuellen auf die kommende Führungsriege zur fruchtbaren Zeit zu machen? Ein Alternative zu dieser Anstrengung existiert nicht. Ein gesunder und funktionierender Generationenmix erhöht den Umsatz, weil er ein breiteres Kundenspektrum anspricht – Grabenkriege um Macht und Meinungshoheit gefährden ihn.

Nur wer junge MitarbeiterInnen und Führungskräfte mitreden lässt, versteht seine KundInnen und spricht ihre Sprache.

Innovativ und mutig: Die Jungen coachen die Älteren

Worauf es ankommt, ist eine größere Offenheit auf beiden Seiten, wobei diese bei den Älteren oft geringer ausgeprägt ist als bei ihren Pendants. Denn wer jung im Unternehmen ist, fokussiert, was er am liebsten sofort revolutionieren möchte. Es geht um die Sache und um Begeisterung. Bei den bisherigen InhaberInnen der Führungssessel ist die Reaktion eher personenbezogen. Sie sehen weniger die frischen Ansätze, die dem Unternehmen helfen können, sondern fürchten die Konkurrenz, die diese Ideen in den Personen bedeuten.

Insofern sollten UnternehmerInnen dafür sorgen, dass der querdenkende Ideenreichtum der Millennials zur Ressource und nicht zum Zankapfel wird. Ein wunderbares Werkzeug dafür ist das Reverse Coaching, das auch Reverse Mentoring genannt wird. In diesem Programm coachen Jüngere die Älteren und geben ihr Wissen bewusst an die früheren Generationen weiter. Wer besonders mutig ist, lässt sich als Chef sogar vom PraktikantInnen coachen.

Damit dies zum Erfolg führt, sind einige Voraussetzungen zu beachten:        

  • Die Beteiligten müssen freiwillig mitmachen und offen dafür sein.
  • CoachIn und Coachee müssen eine Grundsympathie füreinander haben.
  • Gegenseitiges Vertrauen und Respekt sind gewährleistet. Verschwiegenheit ist selbstredend und Grundvoraussetzung.
  • Die hierarchische Position sollte verschieden sein, was zusätzlich neue Perspektiven ermöglicht.
  • Weder sollte untereinander Konkurrenz bestehen noch ein Machtverhältnis, in dem einer den anderen dominieren kann.
  • Eine Art Meta-CoachIn sollte existieren, der Fragen klärt und bei der Lösung von möglichen Konflikten hilft.

Wie leicht einzusehen ist, stellt dies keine Einbahnstraße dar, weil ebenso die jüngere Coachin oder der jüngere Coach viel über ihren bzw. seinen „Schützling“ in Erfahrung bringt. Denn vorurteilsfrei ist auch dieses Verhältnis nicht. Dabei geht es nicht nur darum, die Erfahrung des Gegenübers schätzen zu lernen, sondern zugleich um ein Verständnis, welche Motive sich aus der anderen Lebenslage ganz natürlich ergeben. Das räumt Missverständnisse aus, verbessert das Klima im Unternehmen und sichert seine Zukunft in sich rapide ändernden Zeiten.

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Madeleine Kühne

Madeleine Kühne ist Interim-Managerin und Beraterin, Autorin und Leadership Speakerin für junge Karriere und Vielfalt in der Führung. In ihrer Arbeit und ihren inspirierenden Vorträgen kämpft sie dafür, Vorurteile zu überwinden und eine vertrauensvolle Grundlage für innovative Teams und eine moderne Führungskultur zu schaffen.

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