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Auch wenn Deutschland im europäischen Vergleich derzeit noch relativ gut dasteht, steigen auch hier die Covid-19 Fallzahlen auf Rekordhoch. Bundesweites Reiseverbot, temporäre Schließung von Gastronomiebetrieben sowie Kultur- und Sporteinrichtungen: Deutschland befindet sich bis voraussichtlich 30. November im viel befürchteten zweiten Lockdown. Auch Unternehmen stehen vor der Herausforderung, auf diesen zweiten Lockdown jetzt schnell und bedacht zu reagieren, um das Business stabil zu halten und Arbeitsplätze weiter zu sichern.

Covid-19-Krise als Katalysator für Digitalisierung und Innovation

Die erste Welle der Covid-19 Pandemie hat gezeigt, dass Digitalisierungsprozesse auch in Deutschland schnell gehen können und Unternehmen keine andere Wahl hatten, als die neue Situation pragmatisch zu behandeln.

1. Fertigungsindustrie

Viele Branchen, etwa in der Fertigungsindustrie, hatten zu Beginn der Krise noch gar nicht die geeigneten Voraussetzungen für mobile Arbeit der Gesamtbelegschaft implementiert. Um arbeitsfähig zu bleiben, wurde eine Art Überlebensmodus eingeschaltet.

2. Versicherungs- und Bankenwesen

Selbst in streng regulierten Branchen, wie etwa dem Versicherungs- und Bankenwesen, in denen Entscheidungsprozesse üblicherweise im Vergleich länger sind, konnten während der Pandemie in Rekordzeit digitale Lösungen geschaffen und praktikabel eingesetzt werden.

3. Technologie und Managementberatung

Im Vergleich zur ersten Welle sehen große Unternehmen der Technologie- und Managementberatung jedoch Veränderungen, beispielsweise bei Kundenanfragen: So waren es zum Ausbruch der Pandemie primär Anfragen, um das eigene Business aufrechtzuerhalten, jetzt beraten diese verstärkt zu mittel- und langfristigen Veränderungen in den Organisationen und Betrieben, beispielsweise zur Frage, wie die Lieferketten für künftige Ausnahmesituationen widerstandsfähiger gemacht werden können. Im Kern geht es um die langfristige Stärkung der Resilienz der Unternehmen in Ausnahmesituationen.

4. Produzierende Unternehmen

Denn viele produzierende Unternehmen, gerade mittelständischer Unternehmensgröße, wurden von der ersten Welle kalt erwischt – Lieferketten brachen zusammen, Produktionen standen zwischenzeitlich still. Auch wenn sich die Unternehmen zwischenzeitlich wieder erholen konnten und ihre Produktionen wieder laufen, haben sie in Punkto Digitalisierung und Innovation dringenden Nachholbedarf.

Globale Lieferketten sind nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Hier bedarf es seitens der UnternehmerInnen höhere Transparenz und Steuerung, z.B. in Form von Frühwarnsystemen.

Aktuell ist es noch so, dass der inländische Markt stark abhängig ist von ausländischen ZulieferInnen. Stabilität hat sich jedoch besonders bei Fertigungsunternehmen bewiesen, die Ressourcen flexibel aus dem In- und Ausland beziehen konnten. Die Fertigungsindustrie muss ein höheres Maß an Automatisierung schaffen, um zwischenmenschlichen Kontakt zu minimieren und damit den aktuellen Pandemie-Anforderungen des Social Distancings gerecht zu werden.

Welche Handlungsmaßnahmen sind sinnvoll?

  • Höhere Transparenz kann u.a. durch durchgängige End-zu-End-Sichtbarkeit entlang der Lieferkette unter Nutzung digitaler Technologien, wie IoT oder Advanced Analytics, erreicht werden.
  • Auch digitale Zwillinge von Liefernetzwerken sowie proaktive Prävention und fortlaufende Überwachung von Risiken in der globalen Lieferkette minimieren Risiken und steigern zugleich die Transparenz.
  • Um zudem Resilienz zu ermöglichen, sollten Unternehmen auf geo-redundante Lieferketten und selektive Regionalisierung setzen, sowie auf eine Balance zwischen globaler und lokaler Versorgung und eine gezielte Bestandserhöhung für äußerst kritische Artikel.
  • Auch die Diversifizierung der Versorgung, gezielte Mehr-Lieferanten-Strategien und strategische Lieferantenentwicklung sowie agiles Kapazitätsmanagement mit definierten Schwankungsbreiten und garantierten Lieferkapazitäten erhöhen die Krisenresilienz der Unternehmen.

EXTRA: Krisenmanagement: 3 Handlungsempfehlungen für den Umgang im Krisenfall

Digitalisierung bedarf begleitendes Change Management

Damit Digitalisierung in einem Unternehmen langfristig erfolgreich ist, braucht es Wissen und Erfahrung über die digitalen Möglichkeiten und ihre Auswirkungen auf die Organisation auf allen Hierarchie-Ebenen. Das heißt: Digitalisierungsstrategien müssen eng von einem Change Management begleitet werden. Dies war bei der Corona-bedingten Aufholjagd der letzten Monate nicht immer der Fall, weil Maßnahmen schnell umgesetzt werden mussten, hier war Pragmatismus und Umsetzungsgeschwindigkeit gefragt.

Digitale Transformation ist kein Projekt, sondern ein langer Prozess – es reicht nicht, lediglich Technologie auf bestehende Abläufe zu stülpen.

Wer zu überstürzt handelt, kann der Organisation schaden und riskiert, dass sich die Belegschaft nicht abgeholt fühlt. Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften wollen, müssen mittel- und langfristig denken: Wie soll mein zukünftiger Prozess aussehen und wie kann ich ihn digital unterstützen? Der Change muss Hand in Hand gehen mit den organisatorischen Gegebenheiten und der Entschlussfähigkeit und dem Pragmatismus relevanter Player.

Der erneute Lockdown wird nicht zwangsweise zu den drastischen Folgen für Unternehmen führen wie noch im März/ April, dem Beginn der Pandemie. Unternehmen arbeiten bereits seit einem halben Jahr an entsprechenden Hygieneregeln und vorbereiteten Maßnahmen und sind mittlerweile auch in Pragmatismus und Mut geübt.

Ralf Pichler

Ralf Pichler ist CEO der Technologie- und Managementberatung der Deutschen Telekom-Gruppe Detecon International.

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